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Fragmentierung des Fernverkehrs?

Eine leichtsinnige Übung

Die getrennte Ausschreibung einzelner Fernverkehrslinien der Bahn durch das Bundesamt für Verkehr bringt keinen erkennbaren Nutzen, dafür aber Mehrkosten, von denen niemand etwas hat. «Es gibt keinen Grund, das aktuelle System mit einer Konzession für den ganzen Fernverkehr aufzugeben», sagt SEV-Präsident Giorgio Tuti. «Wettbewerb um einzelne Linien bringt nichts, ist aber ein Spiel mit dem Feuer.»

Spielwiese Fernverkehr: Ob (Wett-)Streit zwischen den Playern den Reisenden nützt, ist mehr als fraglich.

Der SEV bedauert, dass sich die SBB, die BLS und die SOB unter der Ägide des BAV nicht auf eine partnerschaftliche Lösung mit einer einheitlichen Konzession einigen konnten. Da zwischen den drei Unternehmungen keine solche Vereinbarung getroffen wurde, besteht nun die Gefahr, dass der Fernverkehr fragmentiert wird. «Die Bahnchefs hätten es in der Hand gehabt, eine vernünftige Lösung zu finden. Mit ihrer Nichteinigung setzen sie Kundschaft und Personal einem beträchtlichen Risiko aus», erklärt Giorgio Tuti.

Miteinander statt gegeneinander hat sich bisher bewährt

Der SEV sieht keinerlei Notwendigkeit, einzelne Linien des Fernverkehrs auszuschreiben. Denn dieser funktioniert heute insgesamt ausgezeichnet. «Wir haben immer gesagt, dass Ausschreibungen nur dort Sinn machen, wo das Angebot qualitativ schlecht ist oder Sicherheitsprobleme bestehen. Ist dies nicht der Fall, geht es um pure Ideologie, die kostet und der Bahnkundschaft überhaupt nichts bringt», warnt Giorgio Tuti. Es ist für den SEV nicht ersichtlich, wie ein herbeigeredeter Wettbewerb die Qualität der Bahn verbessern soll. Sicher ist nur eins: Der bürokratische Aufwand dafür ist riesig und bindet personelle und finanzielle Ressourcen, die andernorts besser eingesetzt sind.

Unrentable Linien bedroht

Kommt dazu, dass bei einer Filetierung des Fernverkehrs per Ausschreibung der einzelnen Linien weitere und auch nicht nur inländische Unternehmungen mitbieten könnten. Absehbar ist dabei, dass es dann nur noch um wirtschaftlich interessante Strecken geht. Die unrentablen Strecken werden mangels Interessenten bei der öffentlichen Hand bleiben und durch den Wegfall der gewinnbringenden Linien verteuert. Was dann folgt, ist klar: die Diskussion über eine Reduktion des nichtrentablen Angebots. Wenn aber Verbindungen gestrichen werden, sinkt die Qualität und Attraktivität des ganzen Bahnsystems.

SEV

Kommentare

  • Rolf Meile

    Rolf Meile 21/03/2017 08:33:18

    Bei dieser Uebung geht es ausschliesslich um die Macht der einzelnen Verantwortlichen der jeweiligen Bahn. Statt sich gemeinsam um ein gutes Produkt zu bemühen, zerfleischt man sich im gegenseitigen "Wettbewerb" und die Konsequenz daraus ist eine Verteuerung und Destabilisierung des gesamten Systems. Auf wessen Buckel ein Scheitern dieses pseudo-Wettbewerbs allenfalls ausgetragen wird, ist ja wohl klar. Das immer treue Personal wird dann die Suppe schon auslöffeln und die ewig gleiche Leier vom zu teuren Mitarbeiter wird wieder hinuntergebetet wie das Amen in der Kirche. Die ausländischen Player werden sich dann die Hände reiben und mit Vergnügen in die Bresche springen. Wollen wir das wirklich?