Positionspapiere 2022-2024

 

Positionspapier Gewerkschafts- und Vertragspolitik

Für eine Vertragspolitik, die auf einer soliden Basis steht, stützt sich der SEV auf seine Gewerkschaftspolitik. Wir zählen zurzeit 76 Gesamtarbeitsverträge (GAV) im Verkehrsbereich, die wir verhandeln und zur Unterschrift bringen. Der GAV SBB ist aufgrund seiner Dimension wegweisend und dient bei der Bahn als Referenz, insbesondere als Garantie für die Sozialpartnerschaft. In der Schifffahrt, bei den Busbetrieben oder auch in der Luftfahrt setzt der SEV die Branchenstandards. Dank dieser Vertragsdichte spielen wir innerhalb des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) eine entscheidende Rolle; der SEV ist ein respektierter Partner, dessen Stimme gehört wird, auch bei Fragen der Verkehrsstrategie. Durch seinen Einsatz im öffentlichen Verkehr wirkt der SEV für einen starken Service public von hoher Qualität.

Der SEV nimmt auch Einfluss in der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF): Wir müssen die Stärken unserer zentralen Rolle innerhalb von Europa ausspielen, um nicht unter die Räder der EU zu kommen. Durch seine aktive Mitwirkung in den Organen der ETF trägt der SEV zur Festlegung der Rahmenbedingungen der europäischen Verkehrspolitik bei. Dank diesem Zusammenhalt und der Beharrlichkeit gilt der SEV bei allen Partnern als grösste und stärkste Gewerkschaft im Verkehrsbereich, und er kann seinen Einfluss zielgerichtet geltendmachen.

Die Forderungen stützen sich auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab

Während der Coronakrise haben sich die vom SEV ausgehandelten GAV als robust genug herausgestellt, um zu gewährleisten, dass es keinen Abbau bei den Arbeitsbedingungen und den Löhnen gab. Nach zehn Jahren ohne Inflation ist diese erneut aufgetaucht und schafft eine ganz neue Situation. Wir müssen jeglichen Kaufkraftverlust verhindern und einen Teuerungsausgleich fordern. In den Verhandlungen stützt sich der SEV gegenüber den Unternehmen auf die Forderungen seiner Mitglieder, und sie sind es, die über die Verhandlungsresultate entschieden.

Durch diese klare, eindeutige Haltung des Einbezugs der Basis entwickelt der SEV seine Verhandlungspositionen, auch mit Bezug zu den Veränderungen, die in der Arbeitswelt durch Corona entstanden sind, und bezieht insbesondere Rahmenbedingungen für die Arbeit zu Hause (Homeoffice) in die GAV mit ein.

Im Rahmen der bestehenden GAV setzt sich der SEV seit mehreren Jahren für Lösungen bei Berufskrankheiten und Berufsunfähigkeit ein. Wir haben die Arbeitgeber für diese Themen sensibilisiert, aber wenn es zu keiner gemeinsamen Lösung kommt, müssen wir unsere Vorschläge ergänzen und vertiefen. Unter anderem müssen wir Lösungen finden bei Berufsunfähigkeit aufgrund des Arbeitsplatzes, der Digitalisierung oder Automatisierung der Arbeit. Zu unseren wichtigsten Zielen gehören Angebote zur Weiterbildung und für vorzeitige Pensionierungen.

Neue Strategien, um neue Mitglieder zu gewinnen

Der SEV, die Unterverbände und Sektionen entwickeln Strategien, damit die Forderungen der Jungen, der Frauen und der Migrant:innen berücksichtigt werden. Der SEV muss sich besonders um die Jungen und die Frauen kümmern, da sie die Zukunft der Gewerkschaft ausmachen. Entsprechend werden Junge und Frauen möglichst früh in die Gewerkschaftsarbeit einbezogen. Durch den Einfluss der jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer enthalten die GAV neue Arbeitsmodelle, die Teilzeitarbeit, eine bessere Vereinbarung von Berufs- und Privatleben sowie beweglichere Laufbahnen vorsehen (unterschiedlicher Beschäftigungsgrad nach der jeweiligen privaten Situation).

Organisationsgrad stärken, um die Qualität der GAV zu erhalten

Auch wenn der SEV bereits über einen hohen Organisationsgrad verfügt, gilt es diesen noch zu steigern, um gewisse Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen abzuwehren und insbesondere Verbesserungen in den GAV zu erreichen.

Um seine Stärke beibehalten zu können, muss der SEV eine Umkehr bei der Entwicklung der Mitgliederzahl erreichen. 2021 war ein Wendepunkt, mit einem Zuwachs bei den Neumitgliedern. Dieser hat 2022 angedauert. Um auf diesem Weg weiterzugehen, hat der SEV für 2022 eine neue Werbestrategie entwickelt, die sich in allen Unternehmen auswirken soll.

Wir werden unseren Einsatz festigen und ausweiten, insbesondere bei der SBB. Denn die bevorstehenden Pensionierungen werden eine Erneuerung und Verjüngung der Belegschaft bewirken. Der SEV muss sich zeigen und dem Personal klarmachen, dass die Arbeitsbedingungen eine Errungenschaft sind und dafür persönlicher Einsatz nötig ist. Der SEV erachtet die entschlossene und systematische Arbeit in der Mitgliederwerbung als zentral für die Unterverbände und Sektionen. Dabei ist aber zu beachten, dass die Pflege der bisherigen Mitglieder nicht vernachlässigt wird, ebenso der Verbleib als Mitglied nach der Pensionierung.

Die Mitgliederwerbung durch zielgerichtete Aktionen sowie der Ausbau des Vertrauensleutenetzes werden durch die konsequente Präsenz des SEV vor Ort umgesetzt, aber auch durch die Qualität seiner Dienstleistungen sowohl im individuellen als auch im gemeinschaftlichen Bereich.

 

Positionspapier Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit

Kaum ein halbes Jahr nach unserem letzten Kongress brach Anfang 2020 die Coronakrise aus. Seit über zwei Jahren ist diese Krise eine harte Prüfung für das Personal des öffentlichen Verkehrs, musste es doch während dieser ganzen Zeit der Bevölkerung mit seinen Dienstleistungen zur Verfügung stehen. Dies bedeutete nebst der Bestürzung über diese Krise viele Ungewissheiten, Einschränkungen und emotionale Belastungen, mit denen das Personal fertigwerden musste. Der Gesundheitsschutz und die Sicherheit am Arbeitsplatz haben damit eine Bedeutung erhalten wie nie zuvor, zumal neue, pandemiebedingte Arbeitsformen wie Homeoffice und digitale Sitzungen nicht von den entsprechenden gesetzlichen und vertraglichen Vorschriften ausgenommen sind. Im Gegenteil!

Konsequenzen der Pandemie für den Gesundheitsschutz und die Arbeitssicherheit

Einleitend ein kurzer Hinweis: Gemäss Art. 6 des Arbeitsgesetzes und Art. 27a der Covid-19-Verordnung 3 ist der Arbeitgeber verpflichtet, zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmenden alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen angemessen sind. Dies gilt ebenso für Präventionsmassnahmen. Der SEV achtet auf die Gleichbehandlungen in der Anwendung der Schutzmassnahmen, die sich nach dem STOP-Prinzip richten.

Das STOP-Prinzip besteht aus den folgenden vier Elementen: S wie Substitution, T wie technische Massnahme, O wie organisatorische Massnahme und P wie personenbezogene Mass-nahme:

  1. Die nötige Distanz ist einzuhalten, um eine Ansteckung zu vermeiden (beispielsweise durch Homeoffice).
  2. Ist dies nicht möglich, müssen technische Barrieren vorhanden sein wie grössere Entfernung zwischen den Arbeitsplätzen oder Trennwände etc.
  3. Ist dies ebenfalls nicht möglich, müssen organisatorische Massnahmen getroffen werden wie beispielsweise eine Aufteilung der Teams vor Ort.
  4. Ist auch dies nicht möglich, müssen personenbezogene Massnahmen greifen wie Schutzkleidung, Masken, Handschuhe etc.

Bezüglich der besonders schützenswerten Personen (Risikopersonen) verlangt der SEV, dass die speziellen Massnahmen verlängert und erst nach einer genügend langen Übergangszeit aufgehoben werden. Zudem müssen die Sozialpartner bei künftigen Änderungen der Schutzmassnahmen konsultiert werden.

Für das Homeoffice, sei es obligatorisch oder freiwillig, verlangt der SEV, dass dafür Arbeitsbedingungen bestehen, die sowohl die Ergonomie als auch die Hygiene beachten. Ausserdem sollte im Falle des verordneten Homeoffice eine angemessene finanzielle Entschädigung für die Mobiliar- und IT-Nutzung erfolgen.

Damit die Hygiene- und Gesundheitsregeln auch im Homeoffice beachtet werden können, muss der Arbeitgeber das Personal umfassend informieren. Dazu gehören nicht nur die üblichen Regeln des Gesundheits- und Arbeitssicherheitsschutzes, sondern auch folgende Punkte: Dauer und Organisation der Arbeit, Zeitaufschreibung, das Recht auf Nichterreichbarkeit sowie Regeln zur Teamkommunikation und zum Datenschutz bei Störungen.

Für das Personal im operativen Bereich, welches Einsätze im Ausland (grenzüberschreitender Verkehr) leistet und die gesundheitlichen Vorgaben der jeweiligen Länder erfüllen muss, ist die zur Erfüllung dieser Auflagen erforderliche Zeit vollumfänglich als Arbeitszeit anzurechnen. Zudem sind die gesundheitlichen Schutzmassnahmen so zu definieren, dass diese für Reisende und Personal gleichermassen Gültigkeit haben. Diese Schutzmassnahmen für das Personal sind prioritär und über allfällige wirtschaftliche Überlegungen der Unternehmungen zu stellen.

Eine Branchenlösung für gesundheitlich angeschlagene Personen

Die beruflich bedingten Belastungen bei der Arbeit im öffentlichen Verkehr haben Auswirkungen auf die Gesundheit. Der SEV verlangt deshalb eine Branchenlösung für Weiterbildung, Reintegration und Umschulungen für gesundheitlich eingeschränkte Personen. Dazu gehört zwingend eine Anstellungsgarantie, wie sie bei der SBB Praxis ist.

In kleinen KTU ist eine Anstellungsgarantie schwierig umzusetzen. Daher sollten solche Lösungen auf einer breiteren Ebene angegangen werden können. Es könnten beispielsweise «Arbeitspools» auf regionaler Ebene geschaffen werden. Massnahmen zur Aus- und Weiterbildung sowie Umschulungen sollten auf nationaler Ebene durchgeführt werden, wozu ein paritätischer Fonds für die öV-Branche zu schaffen ist, der sich aus Beiträgen der Arbeitgeber, der Mitarbeitenden, der Sozialversicherungen (AHV, Suva) und allenfalls auch weiterer öffentlicher Institutionen zusammensetzt.

Gesundheit am Arbeitsplatz

Nach den beiden Untersuchungen von 2010 und 2018 hat der SEV Anfang 2022 eine neue Umfrage zur Entwicklung der Arbeitsbedingungen und des Gesundheitszustands der Busfahrerinnen und Busfahrer durchgeführt. Neu haben sich auch die Deutschschweizer öV-Sektionen der Gewerkschaften VPOD und Syndicom angeschlossen, damit die Resultate für die Branche noch repräsentativer und aussagekräftiger werden.

Die gesammelten Daten wurden – ebenfalls neu – durch Unisanté (Universität Lausanne) analysiert, womit die Umfrage auch einen statistisch interpretierbaren Wert erhält.  

Die Erhaltung der Gesundheit am Arbeitsplatz bleibt eine grundlegende Verantwortung der Unternehmungen. Der SEV engagiert sich weiterhin dafür, dass die entsprechenden Prinzipien in jedem GAV verankert sind, und beobachtet deren Umsetzung. Dabei geht es nicht nur um arbeitsplatzbezogene Fragen, sondern auch um die Ausgestaltung der Pausen- und Ruheräume oder um die Bekämpfung von Stress und psychischem Druck aufgrund der ständigen Erreichbarkeit (Handy). Und schliesslich auch um Förderung der Gleichstellung und Schutz vor Diskriminierungen aller Art.

 

Positionspapier Sozialpolitik

Der SEV widmet sich mit grösster Aufmerksamkeit den Fragen der Sozialversicherungen. Der Sozialstaat ist die Grundlage unserer Gesellschaft. Er ermöglicht eine gerechtere Verteilung des Reichtums und eine angemessene Entlöhnung der Produktivität, die die Arbeitnehmenden zur Verfügung stellen. Aus Sicht des SEV bedeutet die Deregulierung einen Sozialabbau und führt zu einer Zunahme der Ungleichheit. Es gilt, den Generationenvertrag und die soziale Solidarität innerhalb der Unternehmen zu pflegen und zu unterhalten.

Der SEV trägt die Forderungen aus der Fläche über die GAV hinaus

Da die eigene Gesundheit es oft jemandem nicht mehr erlaubt, seinen Beruf auszuüben, was besonders häufig bei Fahrzeugführerinnen und -führern der Fall ist, braucht es eine «Branchenlösung». Der SEV ist daran, die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs davon zu überzeugen, dass sie die Finanzierung einer vorzeitigen Pensionierung in Betracht ziehen. Weiter setzt sich der SEV dafür ein, dass die Jungen, die neu in den Arbeitsmarkt eintreten, die gleichen Arbeitsbedingungen und Rentenaussichten haben wie ihre Vorgängerinnen und Vorgänger. Um die Übergangsprozesse, die durch die Digitalisierung und den Klimawandel notwendig werden, gerecht zu gestalten, braucht es den Einbezug der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es müssen passende, hochwertige Stellen geschaffen werden, um jene Arbeitsplätze zu ersetzen, die verschwinden. Der SEV setzt sich engagiert für diese Entwicklung ein.

Bezahlbare Krankenkassenprämien für alle

Die regelmässig wiederkehrenden Erhöhungen der Krankenkassenprämien bedrohen die Kaufkraft der Beschäftigten. Der SEV muss sich Seite an Seite mit dem SGB stark für eine Lösung einsetzen, die die Situation aller Haushalte entlastet und verbessert.

Verwässerung der Rentensysteme bekämpfen

Das System der Altersvorsorge, das hauptsächlich auf zwei Säulen basiert, reicht bei vielen Personen nicht mehr aus, um nach einem langen Arbeitsleben ein angemessenes Renteneinkommen zu erzielen. Das Versprechen der AHV wird nicht mehr eingehalten, schlimmer noch, es wird in Frage gestellt. Der SEV setzt sich mit seinem gesamten Gewicht für eine gute Entwicklung ein. Gemeinsam mit dem SGB arbeitet der SEV an einer Stärkung der AHV: einerseits mit der Initiative für eine 13. AHV-Rente, die die Finanzlage der Ärmsten, wovon viele Frauen sind, im Alter verbessern soll. Andererseits über die Initiative «Nationalbankgewinne für eine starke AHV», um die Finanzierung der gerechtesten Versicherung unserer Altersvorsorge auf lange Sicht zu sichern. Der SEV engagiert sich mit aller Kraft in dieser «Rentenschlacht»: Wir können das Gründungsversprechen der AHV nicht fallen lassen: eine Versicherung, die den pensionierten Menschen ein Leben in Würde garantiert.

2. Säule

Seit Jahren sinken die Pensionskassenrenten. Das Finanzierungssystem der 2. Säule basiert auf dem Kapitaldeckungsverfahren. Das bedeutet, dass man auf die Erträge aus den Kapitalmärkten angewiesen ist, um die Rentenerwartungen zu erfüllen. In den letzten Jahren haben wir durch das Niedrigzinsumfeld Rentenkürzungen in Kauf nehmen müssen. Im besten Fall konnten wir Abfederungsmassnahmen erzielen. Die Entwicklung nach unten mit den Umwandlungssätzen dürfte am Ende sein. Zum einen kam es bei den meisten Pensionskassen mit einer ausgewogenen Anlagestrategie in den letzten 10 Jahren zu einer durchschnittlich sehr ansprechenden Rendite im Bereich von 5%, zum anderen erleben wir wieder inflationäre Tendenzen, was das Zinsniveau wieder anheben lässt.

Die Pensionskassen, die nur schon einigermassen gut operiert haben, waren per Ende 2021 in der komfortablen Lage, einen Deckungsgrad von über 110% auszuweisen. Die allgemeine Lage hatte sich also im Positiven verändert. Und zwar deutlich. Grund dafür sind auch die stark gesunkenen Umwandlungssätze, die eine starke Entlastung der Erfolgsrechnungen nach sich zogen. Die Versicherten bezahlten für diese Entwicklung somit einen hohen Preis in Form von tiefen Verzinsungen bei den Aktiven sowie tieferen Renten bei Neurentnerinnen und Neurentnern. Sie bezahlten in etlichen Fällen auch mit Sanierungsbeiträgen, die die Konsequenz von gewagten Anlagestrategien waren und somit auf Fehlern von anderen beruhten.

Bedingt durch den Krieg und die Energiepreise erleben wir im 2022 an den Finanzmärkten zwar scharfe Korrekturen. Diese Korrekturen dürften jedoch die Talsohle erreichen, sobald uns wieder bessere Nachrichten erreichen.  

Sobald dies der Fall ist, sollen gute Ausgangslagen dazu dienen, die Versicherten an der positiven Entwicklung teilnehmen zu lassen. In Form von Ausschüttungen bei erhöhten Deckungsgraden oder erhöhten Beteiligungen an der Performance bei guten Börsenjahren. Und letztlich sollen die Pensionskassen bei der Bewirtschaftung der Portfolios soziale und ökologische Verantwortung übernehmen. Die Anlagen sind nachhaltig zu investieren, um hohen ethischen Ansprüchen gerecht zu werden.

Forderungen zu den Krankenkassen

  • Einsatz Seite an Seite mit dem SGB für ein System und für Lösungen, welche die Situation aller Haushalte entlasten und verbessern – einschliesslich der individuellen Prämienverbilligung, soweit noch erforderlich

Forderungen zur Altersvorsorge – Teil AHV

  • Verteidigung des Rentenalters 65
  • Einsatz für die Initiative 13. AHV-Monatsrente in der Volksabstimmung
  • Unterstützung des Initiativprojekts für die Verwendung der Nationalbankgewinne zur Finanzierung einer starken AHV
  • Überprüfung des Mischindex-Systems für den AHV-/IV-Teuerungsausgleich

Forderungen zur Altersvorsorge – Teil BVG mittelfristig

  • Der SEV lehnt – wie der SGB – die letzten Vorschläge aus den Räten ab und setzt sich weiter für den ursprünglichen Kompromissvorschlag der Sozialpartner ein
  • Der SEV wird gegebenenfalls ein Referendum gegen eine unbefriedigende BVG-Reform unterstützen
  • Bei mittelfristigen anderen Reformvorschlägen setzt sich der SEV für Folgendes ein:
  • Bessere soziale Absicherung der Frauen in der 2. Säule
  • Bessere Stellung von Teilzeitangestellten in der 2. Säule durch Senkung oder gar Abschaffung der Koordinationsabzüge
  • Einführung von Beteiligungsmodellen, die bei guter finanzieller Lage der Pensionskasse systematisch erhöhte Verzinsungen und Rentenzuschüsse ermöglichen
  • Systematische Umsetzung der ESG-Nachhaltigkeitskriterien (Environment, Social, Governance)

Forderungen zur Altersvorsorge – Teil Ergänzungsleistungen

  • Verbesserung der Ergänzungsleistungen und Steuerbefreiung auch für das AHV-Einkommen

 

Positionspapier Verkehrspolitik

Der öffentliche Verkehr ist Teil der Lösung im Kampf gegen den Klimawandel

Die Aufrufe des Weltklimarates sind an Dringlichkeit kaum mehr zu überbieten, weshalb auch die Schweiz beschlossen hat, bis Mitte des Jahrhunderts eine ausgeglichene Treibhausgasbilanz anzustreben. Zur Erreichung dieses Ziels muss der Verkehr einen wesentlichen Anteil leisten. Vierzig Prozent der in der Schweiz ausgestossenen CO₂-Emissionen und rund ein Drittel des gesamten Energieverbrauches gehen auf das Konto des Verkehrssektors.

Die Klimawende ist das kollektive Zukunftsprojekt, welches nur gemeinschaftlich und demokratisch ausgehandelt wirksam umgesetzt werden kann. Zentraler Hebel muss dabei die Stärkung des Service public sein. Die Klimawende wird nur dann zum Erfolg führen, wenn sie sich in den Dienst des Gemeinwohls stellt und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen und Renten nicht benachteiligt. Es braucht ambitionierte Ziele, die sozialverträglich umgesetzt werden.

Wer Ziele hat, kann und muss sich daran messen lassen und gegebenenfalls weitere Massnahmen einführen oder die nötigen Gelder sprechen, sollten die Zahlen sich nicht genügend stark in die richtige Richtung entwickeln. Der SEV fordert deshalb, dass der Anteil des öffentlichen Personenverkehrs bis 2050 auf 50% am Gesamtvolumen gesteigert wird und dass sich beim Güterverkehr der Anteil der Schiene am Gesamtverkehr im Import-, Export- und Binnengüterverkehr bis 2050 verdoppelt. Auch beim Flugverkehr sind Massnahmen angezeigt. So beispielsweise die Pflicht zur Beimischung von erneuerbaren Flugtreibstoffen und eine Erhöhung des Anteils der Umweltschutzprojekte der Spezialfinanzierung Luftverkehr auf über 25% der Einnahmen.

Die demografische Entwicklung stellt Unternehmen vor grosse Herausforderungen

Im Bereich des öV werden bis ins Jahr 2035 sehr viele Mitarbeitende pensioniert werden und auch die natürliche Fluktuation wird nicht weniger werden. Das bedeutet, dass die Unternehmen in den nächsten rund 15 Jahren über 40% ihrer Mitarbeitenden werden ersetzen müssen. So erreichen bei der SBB beispielsweise bis 2035 rund 11'300 Mitarbeitende das Pensionsalter. Der SEV ist der Überzeugung, dass die öV-Unternehmen diesen Mangel an Mitarbeitenden nur auffangen können, wenn sie als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden, die für soziale Arbeitsbedingungen mit guten Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten und fairen Löhnen stehen. Zudem müssen sie Lösungen für den Know-how-Verlust finden.

Europa setzt auf Frauenförderung

Die Unterzeichnung der europaweiten Vereinbarung Women in Rail ist ein Meilenstein, um die Arbeitsbedingungen von Frauen im Sinne der Gleichstellung zu verbessern und den Anteil der Mitarbeiterinnen im Eisenbahnsektor zu erhöhen. Konkret sollen für Frauen bessere Bedingungen erreicht werden. Insbesondere dank einer fairen Entlöhnung, einem starken Fokus auf Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Karriereförderung sowie Prävention gegen sexuelle Belästigung. Der SEV, der die Vereinbarung massgeblich mitgestaltet hat, wird die Umsetzung mit Argusaugen beobachten und falls notwendig Gegensteuer geben.

Den eingeschlagenen Weg konsequent weiterverfolgen und weiterentwickeln

Kooperation statt Wettbewerb

Der öffentliche Verkehr in der Schweiz ist und bleibt eine europaweite Erfolgsgeschichte. Der SEV ist sehr froh darüber, dass sich die Ansicht durchgesetzt hat, dass der Schlüssel dieses
Erfolgs im bestehenden System unter der Prämisse Kooperation statt Wettbewerb (auch im grenzüberschreitenden internationalen Personenverkehr) zu finden ist. Die tragenden Säulen des heutigen Systems sind: nicht privatisierter Personenfernverkehr, unbefristete Finanzierung, die integrierte Bahn, das Miteinander statt Gegeneinander aller Beteiligten, genügend und gut ausgebildetes sowie fair bezahltes Personal, konsequenter Unterhalt und ein Taktfahrplan bis in die Randregionen.

Schützenswerte Rahmenbedingungen

Auch bestehende Rahmenbedingungen, insbesondere das Kabotageverbot, das Sonntags- und Nachtfahrverbot sowie die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA), müssen zwingend beibehalten werden.

Service public

Der öV hat den Tatbeweis erbracht, dass er auch in Krisenzeiten zuverlässig funktioniert und ein für das Land wichtiges Grundangebot des Service public aufrechterhalten kann. Das ist essenziell, da Angebotsreduktionen im öV gravierende Konsequenzen in verschiedenen Lebens- und Wirtschaftsbereichen haben können.

Güterverkehr muss als Service public betrieben werden

Nur wenn sich der Fokus beim Güterverkehr weg von der gesetzlich vorgegebenen Eigenwirtschaftlichkeit hin zum grösstmöglichen Schienenanteil bewegt, kommt beim Güterverkehr ernsthaft etwas in Bewegung. Die Annäherung an einen zukunftsträchtigen Schienengüterverkehr muss über die Annahme geschehen, dass wir eine angemessene und flächendeckende Grundversorgung mit Güterverkehr auf der Schiene brauchen. So wird der Güterverkehr zu einem Teil des Service public und erhält damit, so nötig, ein Anrecht auf öffentliche Unterstützung.

Keine Ausschreibungen im bestellten Verkehrsangebot und ein Verbot von Auslagerungen an Subunternehmen

Der häufig glorifizierte Wettbewerb der Ideen ist leider auch im Busbereich meist nur ein Wettbewerb der Kosten, welcher über die Verschlechterung der Anstellungsbedingungen erreicht wird. Demselben Muster folgen auch die Auslagerungen an Subunternehmer. Der SEV engagiert sich deshalb grundsätzlich gegen Ausschreibungen im bestellten Verkehrsangebot.

Die Kantone müssen ihre soziale Verantwortung wahrnehmen und Mindeststandards einführen, wie z.B. ein Verbot der Auslagerungen an Subunternehmer. Ferner müssen die Eignungskriterien für Ausschreibungen sicherstellen, dass nur Anbieter teilnehmen dürfen, die einen GAV haben oder bereit sind, mit einer etablierten Gewerkschaft einen solchen abzuschliessen.

Der SEV bringt sich ein

Voraussetzung für gute Anstellungs- und Arbeitsbedingungen des Verkehrspersonals sind gute politische Rahmenbedingungen für den Verkehr. Der SEV lobbyiert dafür, dass die Anliegen der Mitarbeitenden zu diesen Fragen auf allen Stufen der Politik einfliessen und Beachtung finden. Dazu pflegt er den kontinuierlichen Austausch mit anderen Organisationen, mit Behörden, mit Meinungsträgerinnen und -trägern des öffentlichen Verkehrs, mit den Mitgliedern des Schweizer Parlaments und mit der ETF.

 

Positionspapier Digitalisierung

Digitalisierung als Chance für die Mitarbeitenden nutzen

Der SEV steht der digitalen Entwicklung grundsätzlich positiv gegenüber, dennoch muss sich die Technik in den Dienst der Mitarbeitenden stellen und nicht umgekehrt. Automatisierung und Digitalisierung bringen auch Tätigkeiten zum Verschwinden, was verständlicherweise Unsicherheiten und Ängste auslöst. Die Betroffenen brauchen die Sicherheit, dass sie ihre Anstellung deshalb nicht verlieren werden, sondern dass ihnen neue Perspektiven geboten werden. Die Unternehmen müssen auch ihrer sozialen und ethischen Verantwortung gegenüber Eigner und Kunden Rechnung tragen. Hierzu und zur Frage der Beteilung der Mitarbeitenden an den Produktivitätsgewinnen durch die Digitalisierung braucht es gesamtgesellschaftlich ausgehandelte Lösungen.

Viele Beschäftigungsmodelle in der hoch digitalisierten Arbeitswelt führen zu loseren Arbeitsverhältnissen, höherer Selbstverantwortung der Mitarbeitenden, weniger Sicherheit hinsichtlich Lohn und Vorsorgeleistungen, erhöhten Leistungserwartungen, zunehmenden Flexibilitätsanforderungen an Arbeitsplatz, -inhalt und -zeit sowie Arbeitsplatzabbau und -verschiebungen. Im Ausgleich zu dieser Intensivierung der Ansprüche an die Mitarbeitenden muss eine Arbeitszeitverkürzung ins Auge gefasst werden.

Es braucht eine Branchenlösung

Die Zukunft des öV bringt grosse Herausforderungen mit sich. Der demografische Wandel sowie die steigende Geschwindigkeit der Veränderungen machen es nötig, dass die Unternehmen in Zukunft so viele Personen wie möglich im Arbeitsprozess zu behalten versuchen. Für Mitarbeitende gilt es nicht nur fachlich auf der Höhe zu sein, sondern auch Sozial- und Selbstkompetenzen aufzuweisen und den Anforderungen des Arbeitsalltags in guter Gesundheit zu begegnen. Verschiedene Untersuchungen und Umfragen zeigen aber auf, dass die Entwicklungen der psychosozialen Belastungen negativ verlaufen.

Es ist also im Interesse der Unternehmen und der Mitarbeitenden, dass möglichst viele Mitarbeitende dank umfassender Bildungsmassnahmen bei der eigenen Unternehmung oder in anderen Betrieben der Branche verbleiben können.

Der SEV hat sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit den Unternehmen tragfähige Branchenlösungen zu entwickeln insbesondere für Mitarbeitende mit Berufs- und/oder Arbeitsunfähigkeit, für Mitarbeitende, deren Beruf wegen Strukturwandel bedroht ist, und für Mitarbeitende, die dem digitalen Wandel nicht gewachsen sind.

Berufliche Qualifizierung ermöglichen

Unternehmen sind nicht nur in der Verantwortung, sich selbst weiterzuentwickeln, sondern auch ihre Angestellten zu befähigen, mit den Entwicklungen Schritt zu halten. Neue Berufsbilder entstehen, andere verändern sich oder verschwinden gänzlich. Der SEV fordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern zur Begleitung dieser Entwicklung.

Zusätzlich setzt sich der SEV ein für die Aus- und Weiterbildung sowie die gezielte Nachqualifizierung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Mitarbeitenden die Voraussetzungen für digitale Weiterbildungstools mitbringen. Auch das Erfassen und Anerkennen von Kompetenzen, die in der Praxis erworben werden, und die Anerkennung ausländischer Ausbildungsnachweise gewinnen dabei stark an Bedeutung.

Einführung oder Überarbeitung neuer digitaler Arbeitstools

Bei der Einführung oder Überarbeitung digitaler Arbeitstools muss das Personal frühzeitig miteinbezogen werden. Für das Erlernen muss genügend Arbeitszeit zur Verfügung gestellt werden und eine allfällige Nutzung privater Ausrüstungen muss entschädigt werden. Zudem bedarf es einer klar kommunizierten, kurzfristig erreichbaren Anlaufstelle bei Problemen im Arbeitsalltag.

Gesamtarbeitsverträge weiterentwickeln

Der SEV fordert, in den Gesamtarbeitsverträgen (GAV) Rahmenbedingungen festzuhalten, die möglichst standardisierte Anstellungsbedingungen definieren, was Lohnschutz, Prävention gegen und Umgang mit physischen und psychischen Krankheiten sowie längere Arbeitsunterbrüche und den beruflichen Wiedereinstieg betrifft. Ausserdem sollen die Verträge auch Regelungen gegen Arbeitsplatzverlust wegen Digitalisierungsmassnahmen beinhalten.

Flexibilisierung im Sinne der Mitarbeitenden gestalten

Das Arbeiten wird flexibler und mobiler. Dadurch lassen sich im Idealfall Berufs- und Privatleben besser vereinbaren. Damit dies geschieht, müssen geeignete Arbeitszeitmodelle eingeführt und die technischen Hilfsmittel für ortsungebundenes Arbeiten zur Verfügung gestellt werden. Klar zu regeln sind insbesondere die Abgrenzung zwischen Verfügbarkeit, Arbeits- und Freizeit sowie die private Nutzung.

Informationsflut und das Recht auf Nichterreichbarkeit

In der Zwischenzeit erhalten Mitarbeitende von ihren Arbeitgebern Information und Anfragen auf allen möglichen analogen und digitalen Kanälen, bis hin zu Social Media. Die Unternehmen müssen klar festlegen, welche Informationen auf welchen Kanälen kommuniziert werden sollen und kommuniziert werden dürfen. Um die überbordende Informationsmenge zu reduzieren, muss die Vorgabe «Weniger ist mehr» das Mass aller Dinge sein. Zudem müssen die Unternehmen generell und beim Kommunizieren von Wechseln in der Einsatzplanung miteinberechnen, dass die Mitarbeitenden ein «Recht auf Nichterreichbarkeit» in ihrer Freizeit haben.

Datenschutz gewährleisten

In den automatisierten Prozessen der digitalen Arbeitswelt liefern die Angestellten durch ihr Tun permanent grosse Datenmengen. Was sie tun, wird registriert; was sie nicht tun ebenfalls. Der Schutz vor einem missbräuchlichen Umgang mit diesen Daten wird in Zukunft eine noch grössere Herausforderung. Das Recht auf und die Einsicht in persönliche Daten ist Mitarbeitenden uneingeschränkt zu gewähren. Die Nutzung von personenbezogenen Daten, insbesondere für Leistungs- und Verhaltenskontrollen, ist sozialpartnerschaftlich zu regeln.

Auflagen für Homeoffice

Homeoffice ist ein wirksames Instrument zur Bekämpfung der Pandemie und wird in Zukunft häufiger zum Tragen kommen als bisher. Ausserdem geniesst freiwilliges und gut geregeltes Homeoffice oft breite Akzeptanz. Aber Überwachung, Vermischung von Privat- und Berufsleben und andere psychosoziale Risiken sind ebenso eine Realität. Es ist deshalb wichtig zu betonen, dass die Gesetzgebung zur Arbeit ortsunabhängig gilt, also auch im Homeoffice Ausserhalb von Pandemiezeiten haben Homeoffice-Lösungen auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden Rücksicht zu nehmen.

Zugang der Gewerkschaften zu den Mitarbeitenden

Die Pandemie stellt nicht nur HR und Führungskräfte vor die Frage, wie man am besten mit einer Belegschaft im Kontakt bleibt, die dezentral und zeitversetzt von zu Hause arbeitet. Auch Gewerkschaften stehen vor dieser Herausforderung und benötigen deshalb ein sogenanntes virtuelles Zutrittsrecht zum Betrieb. Wie genau das, unter Einhaltung des Datenschutzes, aussehen könnte, müssen die Sozialpartner zeitnah gemeinsam definieren.

Positionspapiere 2022-2024 (PDF)