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Videoüberwachung am Arbeitsplatz

In vielen ÖV-Unternehmungen sind in den Fahrzeugen oder in bestimmten Depots Videoüberwachungssysteme eingerichtet worden. Ist diese Praxis legal? Wenn ja, was sind ihre Grenzen?

Das Verhalten des Schalterpersonals darf nicht via Kamera überwacht werden.

In privaten Unternehmen gilt das Bundesgesetz über den Datenschutz (Art. 2 lit. a DSG). Dieses bezweckt den Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte natürlicher Personen, deren Personendaten bearbeitet werden (Art. 1 DSG). Das Gesetz definiert als Personendaten alle Angaben, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person beziehen (Art. 5 Abs. 1 lit. a DSG), und die Bearbeitung dieser Daten als jeden Umgang mit diesen Daten, und zwar unabhängig von den angewandten Mitteln und Verfahren (Art. 5 Abs. 1 lit. d DSG).

Videoüberwachung stellt eine Datenverarbeitung dar. Um die Rechtmässigkeit dieser Überwachung zu garantieren, müssen verschiedene Kriterien beachtet werden (Art. 6 DSG): So müssen dabei die Grundsätze von Treu und Glauben und der Verhältnismässigkeit eingehalten werden. Auch dürfen Personendaten nur für festgelegte und für die betroffene Person erkennbare Zwecke erhoben werden. Diese Daten müssen dem Zweck entsprechend bearbeitet werden, und wenn sie nicht mehr notwendig sind, vernichtet oder anonymisiert werden. Eine rechtswidrige Bearbeitung von Personendaten kann eine Persönlichkeitsverletzung darstellen. Eine Rechtswidrigkeit wird dann angenommen, wenn kein rechtfertigender Grund vorliegt, wie etwa die Zustimmung der betroffenen Person zur Bearbeitung ihrer Daten, ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse oder wenn es das Gesetz ausdrücklich vorsieht.

Am Arbeitsplatz ist die Verwendung eines Videoüberwachungssystems dann verboten, wenn es zur Überwachung des Verhaltens der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingesetzt wird. Eine solche Verwendung der Videoüberwachung stellt eine Verletzung der Persönlichkeit dar und ist unzulässig (Art. 26 Abs. 1 ArGV3, das auch für Unternehmen des öffentlichen Verkehrs gilt gemäss Art. 30 AZGV). Denn so eine ständige Überwachung kann Arbeitnehmer:innen unter Druck setzen, was sich auch auf die Gesundheit auswirken kann. Auch eine verdeckte Überwachung des Personals verstösst gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. In einigen Fällen kann die Videoüberwachung aus Gründen wie der Sicherheit von Sachwerten oder Personen gerechtfertigt sein. In diesem Fall muss sie so eingesetzt werden, dass die Beschäftigten nicht in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden und ihre Gesundheit nicht beeinträchtigt wird (328 OR).

Im Bereich des öffentlichen Verkehrs ist es öfter der Fall, dass in den Fahrzeugen oder in bestimmten Depots ein Kamerasystem installiert wird, um die Sicherheit zu gewährleisten und Diebstähle, Unfälle oder Übergriffe zu verhindern. Bei einer Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist aber die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers hinsichtlich einer solchen Massnahme durch das Unterordnungsverhältnis, das sich aus dem Arbeitsverhältnis ergibt, eingeschränkt. Das kann bedeuten, dass eine Videoüberwachung auch ohne Zustimmung des Arbeitnehmers möglich ist; jedoch müssen auch dann bestimmte Regeln eingehalten werden.

Wie bereits erwähnt, muss jede Datenverarbeitung den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit und von Treu und Glauben entsprechen, damit es nicht zu einer Persönlichkeitsverletzung kommt. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit setzt voraus, dass keine anderen Massnahmen möglich sind, um den mit der Videoüberwachung verfolgten Zweck zu gewährleisten. Er setzt auch voraus, dass die Daten nur zum Zweck der Erreichung des angestrebten Ziels (der Überwachung) verarbeitet werden. So wäre es beispielsweise völlig unverhältnismässig, das Videosystem eines Busses zu nutzen, um zu kontrollieren, ob der Fahrer oder die Fahrerin die Uniform korrekt trägt.

Grundsätzlich erlässt jedes Unternehmen, das Arbeitsplätze seiner Angestellten systematisch überwacht, ein Reglement zur Videoüberwachung mit klaren Regeln zum Datenschutz, zur Vertraulichkeit der Daten sowie zu den Personen, die Zugang zu den Bildern der Videoüberwachung haben, wie auch zur Frist für die Vernichtung der Videoaufzeichnungen. Dieses Reglement setzt die Rahmenbedingungen für die Verwendung von Videobildern und generell für die Gewährleistung der Verhältnismässigkeit der Massnahmen – und damit für das Gleichgewicht zwischen dem Sicherheitszweck der Videoüberwachung und dem Schutz der Privatsphäre des Personals. Es ist jedoch auch möglich, dass ein Arbeitgeber seine Rechte überschreitet, dass eine Regelung unverhältnismässig ist oder nicht richtig befolgt wird.

Wenn Arbeitnehmende glauben, dass sie in ihrer Persönlichkeit verletzt werden, können sie gegen den Arbeitgeber zivilrechtlich vorgehen (Art. 32 DSG und 28 ZGB), um zu erreichen, dass die Bearbeitung von Daten oder deren Weitergabe an Dritte verboten wird, oder dass Daten berichtigt, gelöscht oder vernichtet werden. Im Fall einer Verletzung von Art. 26 ArGV3 kann zudem eine Meldung an das kantonale Arbeitsinspektorat gemacht werden.

Rechtsschutzteam SEV
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