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«Ausgliederung» noch gestoppt

Als Edith (Name geändert) beim SEV das Gesuch für Berufsrechtsschutz einreichte, war die Zugbegleiterin mit 50% Teilzeitpensum schon mehr als ein Jahr nicht mehr auf dem Zug tätig und der Untauglichkeitsentscheid des Medical Service lag rund zehn Monate zurück. Die ihr zugeteilte Ersatzarbeit im Büro trug ihrer gesundheitlichen Situation optimal Rechnung, die Arbeit machte ihr Spass und sie wurde vom Team und dem Vorgesetzten geschätzt. Arbeit war mehr als genug vorhanden, die Reintegration absehbar und so hatte es lange Zeit keinen Grund gegeben, sich beim SEV zu melden.

Die «fehlende» Stelle

Im Rahmen des Erstgesprächs mit dem SEV-Rechtsschutzteam zeigte sich, dass die von Edith erhoffte definitive Reintegration im Büro zu entschwinden drohte. Grund für diese unerfreuliche Entwicklung war nicht etwa eine Verschlechterung des Gesundheitszustands, fehlerhaftes Arbeiten oder ein unkorrektes Verhalten und schon gar nicht Mangel an Arbeit. Der «Grund» für die drohende Ausgliederung, sprich Entlassung, lag im Fehlen einer bewilligten Stelle bzw. in der Ablehnung des vom direkten Vorgesetzten gestellten Antrags, für Edith eine 50%-Stelle zu bewilligen.

SEV-Rechtsschutz hält sich in Bereitschaft

Angesichts der guten Unterstützung von Seite des direkten Vorgesetzten und auch des Gesundheitsmanagers der SBB war Edith weiterhin guter Dinge hinsichtlich der von allen Direktbeteiligten angestrebten Reintegration im Büro. Entsprechend wünschte sie vom SEV, welcher inzwischen Akteneinsicht verlangt und erhalten hatte, keine sofortige Intervention.

SEV findet Unstimmigkeiten

Nachdem auf Seite SBB das formelle Verfahren für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses eingeleitet wurde, sah sich der SEV angesichts der laufenden Fristen gezwungen zu reagieren. In einem ersten Schritt prüfte die Gewerkschaft, ob der Untauglichkeitsentscheid im Hinblick auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses verifiziert wurde. Dabei stiess der SEV auf einige Unstimmigkeiten, welche er gegenüber der SBB geltend machte. Gleichwohl wurde die beabsichtigte Entlassung in Form einer Verfügung bestätigt. In der vom SEV eingereichten Beschwerde wurde u.a. geltend gemacht, dass der schon längere Zeit zurückliegende Untauglichkeitsentscheid, ohne die aktuelle und verbesserte gesundheitliche Situation zu berücksichtigen, bestätigt wurde. Die Beschwerdeinstanz griff dieses vom SEV eingebrachte Argument auf, und beauftragte den Medical Service mit einer ergänzenden Abklärung. Edith wurde in der Folge zu einer Untersuchung bei einem Facharzt aufgeboten und zwischen der Beschwerdeinstanz, dem SEV und der Division Personenverkehr kam es zu mehreren Schriftwechseln.

Schliesslich kommt es zur positiven Wende

Rund sieben Monate nach der Mitteilung über die beabsichtigte Entlassung wurde Edith von Seiten SBB informiert, sie könne mit einem Arbeitsversuch auf dem Zug starten, jedoch nicht im vollen Umfang der 50%, ein Teil des Pensums sollte weiterhin im Büro erbracht werden.

Nachdem der Arbeitsversuch auf dem Zug positiv verlief, korrigierte der Medical Service den vollständigen und definitiven Untauglichkeitsentscheid in einen solchen mit «eingeschränkter Tauglichkeit». Damit war die ausgesprochene Kündigung nicht mehr haltbar und es kam es zu einer Teilpensionierung. Edith, welche heute mit einem etwas tieferen Beschäftigungsgrad auf dem Zug arbeitet, gab dem SEV-Rechtsschutzteam folgende Rückmeldung: «Werde den SEV weiterempfehlen. Ohne SEV hätte ich keine Arbeit mehr. Danke!»

Rechtsschutzteam SEV

Kommentar

Die knapp 50-jährige Edith wäre im vorliegenden Fall oh- ne die Intervention des SEV «ausgegliedert» worden, dies trotz offensichtlich vorhandener Arbeit. Der SEV wird deshalb Frau Pillouds Bekenntnis zur Reintegration (vgl. kontakt.sev Nr. 16 vom 24 September 2015) künftig zum Massstab nehmen. Dem SEV-Rechtsschutzteam ist übrigens kein Fall bekannt, in welchem von Seite der Gewerkschaft eine gute Lösung verhindert worden wäre. Das SEV-Rechtsschutzteam kennt jedoch zahlreiche Fälle, in welchen es zur «Ausgliederung» kam, weil es trotz vorhandener Arbeit an einer bewilligten Stelle fehlte.