| Aktuell / SEV Zeitung, Frauen

INTERNATIONALER TAG GEGEN GESCHLECHTSSPEZIFISCHE GEWALT

Femizid ist mehr als Mord

Wenige Tage vor dem Internationalen Tag gegen geschlechtsspezifische Gewalt berichteten italienische Medien über eine Gewalttat eines Mannes gegen seine Partnerin, die zu deren Tod führte. Einige Tage zuvor hatte sich auch in der Schweiz, in Zürich, ein Femizid ereignet. Doch was sind Femizide? Und was unterscheidet sie von Morden?

Bild: Melodie Descoubes, Unsplash.

Der 25. November ist der Welttag gegen Gewalt an Frauen. Er wurde 1999 von der UNO zum Gedenken an die drei Schwestern Mirabal eingeführt. An diesem Tag, im Jahr 1960, wurden die Schwestern in der Dominikanischen Republik verschleppt, vergewaltigt und ermordet. Das ist über 60 Jahre her. Doch leider werden in allen Teilen der Welt weiterhin Femizide begangen, wie uns die jüngsten Nachrichten aus Italien und der Schweiz vor Augen führen.

Die meisten Morde an Frauen werden von deren Partnern, Ehemännern, Freunden oder Exmännern begangen. Dieses Phänomen ist besorgniserregend und auch in der Schweiz präsent, wie die Zahlen zeigen: Alle zwei Wochen wird eine Frau von einem nahen Verwandten ermordet, während jede siebte Frau den Tötungsversuch überlebt. Im Jahr 2022 wurden allein 25 Morde im häuslichen Umfeld begangen (23 im Jahr 2021), 16 davon in einer Beziehung zwischen Partnern oder Ex-Partnern, wobei 15 der Opfer Frauen waren.

Die Bezeichnung von frauenfeindlich motivierten Tötungen mit dem Begriff «Femizid» und die Unterscheidung zwischen «Mord» und «Femizid» ist sowohl für die Sensibilisierung als auch für das Ergreifen von Präventionsmassnahmen unerlässlich. Zudem hilft es dabei, spezifische Risikofaktoren, ihre Verbreitung und die Art und Weise, wie sie untersucht werden können, zu verstehen und «Femizid» später als Rechtsbegriff zu etablieren.

Ein Femizid ist nicht einfach die «Tötung einer Frau». Ein Mann stellt seiner Ex-Freundin nach und tötet sie dann, weil er nicht akzeptiert, dass sie ein eigenes Leben hat: Femizid. Ein Mann überfährt eine Frau und begeht Fahrerflucht: Totschlag. Ein Junge ersticht ein Mädchen, weil es seine Annäherungsversuche zurückgewiesen hat: Femizid. Was einfach klingt, stösst jedoch auf starken Widerstand. Denn in der Schweiz gibt es keine offizielle Stelle, die geschlechterspezifische Tötungsdelikte statistisch erfasst und untersucht. Politische Versuche, dies zu ändern, scheiterten bisher.

Vom 25. November bis am 10. Dezember finden im Rahmen der Sensiblisierungs- und Präventionskampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» verschiedene Veranstaltungen in allen Regionen der Schweiz statt.

Weitere Informationen: www.16tage.ch

Veronica Galster und Eva Schmid
Enable JavaScript to view protected content.