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ETF-Kongress in Budapest

Für einen fairen Verkehr

Vom 24. bis 27. Mai fand in Budapest der sechste ordentliche Kongress der European Transport Workers’ Federation (ETF) statt. Die Delegierten beschlossen künftige Prioritäten. An erster Stelle forderte der Kongress einen fairen Verkehr. Denn das Risiko, dass die Unfairness gegenüber dem Verkehrspersonal weiter zunimmt, ist gross.

Das Verkehrspersonal muss sich täglich vielen Herausforderungen stellen. Als Beispiele seien die Bereiche Gesundheit und Sicherheit, gerechte Bezahlung, anständige Arbeitsbedingungen und Würde im Allgemeinen erwähnt. Hier müssen die Arbeitnehmenden den Kampf intensivieren, und zwar erhobenen Hauptes. Das ist zusammengefasst das Fazit des jüngsten ETF-Kongresses, an dem auch eine kleine SEV-Delegation teilnahm, angeführt von Präsident Giorgio Tuti, der zugleich die Eisenbahnsektion der ETF präsidiert.

Die Folgen der Globalisierung und die sich wandelnden wirtschaftlichen Trends – wie die Verlagerung der wirtschaftlichen Bedeutung für die europäischen Länder von den USA nach China – wirken sich auch auf die Arbeitswelt aus. Die allgemein prekäre Situation lastet schwer auf den Schultern des Transportpersonals, während die Manager des Sektors Rekordgewinne erzielen. «Darum müssen wir aufzeigen, was Fairness im Verkehr heisst und wie sie erreicht werden kann», erklärt Giorgio Tuti. «Ein fairer Verkehr ist ein sozialer, gerechter und ökologisch nachhaltiger Verkehr. Die Arbeitnehmenden müssen bei den Entscheidungen, die sie betreffen, im Mittelpunkt stehen. Ausbeutung aus Profitgier und unlauteren Wettbewerb darf es nicht geben. Die Arbeitsplätze müssen qualitativ hochwertig, sicher und zuverlässig sein. Soziale und ökologische Nachhaltigkeit müssen Hand in Hand gehen.» Die ETF wird den Kampf für faire, soziale und menschenwürdige Arbeitsbedingungen in ganz Europa fortsetzen und ihre Mitglieder verstärkt bei Kampagnen, Organisationsarbeit und Ausbildung unterstützen. Die Kongressdelegierten zeigten sich davon überzeugt, dass die ETF sich entwickeln und mit gewerkschaftlicher Kraft agieren muss, um die internationale Arbeiterbewegung neu zu beleben.

Wenn man über fairen Verkehr spricht, muss man natürlich auch den Klimanotstand berücksichtigen. Untätigkeit gegenüber dem Klimawandel wird weiterhin zu direkten und indirekten Kosten für die europäische Wirtschaft führen. Häufige extreme Wetterereignisse werden sich auf die Beschäftigung, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz auswirken. «Alle Massnahmen, Politiken und Aktionspläne müssen in einem transparenten und integrativen Prozess erarbeitet werden, in dem die Gewerkschaften eine entscheidende Rolle spielen», führt Tuti aus. «Der Klimawandel wie auch die Massnahmen zu seiner Eindämmung werden enorme Auswirkungen auf das tägliche Leben der arbeitenden Männer und Frauen haben. Das Transportwesen ist einer der am stärksten betroffenen Sektoren, die hier Tätigen müssen ein Mitspracherecht bei der Gestaltung des Wandels zu einer grüneren Gesellschaft haben.»

Fairer Verkehr bedeutet auch, sich auf die Digitalisierung vorzubereiten. Die neuesten Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung und Automatisierung verändern die Arbeitswelt, wie wir sie kennen, und prägen die Transportbranche. Ein Blick auf die Vergangenheit zeigt, dass die Arbeitnehmenden und ihre Gewerkschaften in die Prozesse zur Umsetzung technologischer Entwicklungen einbezogen werden müssen, um sicherzustellen, dass diese fair verlaufen und niemand zurückbleibt.

Neben der ETF-Führung (siehe Box) wurde auch der ETF-Frauen-Lenkungsausschuss neu gewählt.

Françoise Gehring / Pressedienst ETF / Übersetzung: Jörg Matter
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ETF-Führung bestätigt

Am 6. ordentlichen ETF-Kongress in Budapest wurden Frank Moreels und Livia Spera zum Präsidenten und zur Generalsekretärin gewählt. Die Delegierten, die Transportgewerkschaften aus ganz Europa vertreten, bestätigten beide in ihren jeweiligen Funktionen.

Vor seiner Wiederwahl für eine zweite Amtszeit betonte Frank Moreels die Notwendigkeit der Erneuerung: «Ich habe kontinuierlich an dem versprochenen Veränderungsprozess gearbeitet und bin stolz auf das, was wir bisher erreicht haben. (…) Stillstand ist der schnellste Weg zurück! Wir müssen die ETF jeden Tag neu aufbauen und neu gestalten.»

Livia Spera sagte vor ihrer Wahl als Generalsekretärin : «Mein Ziel ist, diese Organisation in Bewegung zu halten und für die Arbeitnehmenden, die wir vertreten, etwas zu erreichen. Gewerkschafter:innen dürfen nicht bürokratisch sein. Ich möchte, dass die ETF eine Organisation ist, die bereit ist zu handeln, wann immer wir handeln müssen, politisch, industriell und geeint. Wir müssen das Beste aus unserer Vielfalt herausholen und die Ideen aller respektieren. Kollektives Handeln und kollektive Intelligenz bringen unsere Organisation weiter. Wir müssen immer die Interessen der Arbeitnehmenden, die wir vertreten, im Blick behalten.»

Weitere Informationen: etf-europe.org/congress-2022