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Kongressanträge 2022

Vorstand lehnt tiefere Beiträge ab

Der Kongress ist der Ort, wo Sektionen, Unterverbände und Kommissionen des SEV Anträge stellen können. Hier eine Übersicht der neuen Anträge, die am 27. Oktober behandelt werden.

Eine ganze Reihe von Anträgen empfiehlt der Vorstand zur Annahme. Der VPT hat einen Antrag mit dem Titel «Bessere Arbeitsbedingungen» eingereicht. Er verlangt, dass sich der SEV bei den konzessionierten Transportunternehmen dafür einsetzt, dass «die Länge der Dienstschichten zehn Stunden nicht überschreiten darf. Ausnahmen sind zulässig im touristischen und saisonalen Betrieb. Für die Fünf-Tage-Woche und die Abschaffung der Bestimmung, dass die Ruhezeit auf neun Stunden gekürzt werden kann.» Für den VPT geht es darum, die Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen zu verbessern. Das macht die Berufe auch attraktiver.

Der VPT verlangt zudem, dass sich der SEV dafür einsetzt, dass der der Bund auf seine Haltung der Lastenverteilung zwischen Bund und Kantonen zurückkommt. «Seit Erscheinen der Verordnung über die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs 745.16 im Jahr 2009 und der Richtlinie über die minimale Wirtschaftlichkeit im regionalen Personenverkehr im Jahr 2020 nimmt der Druck auf die Unternehmen mit schwacher Wirtschaftlichkeit deutlich zu und es ist offensichtlich, dass gewisse Orte in absehbarer Zeit nicht mehr bedient werden, obwohl es die Aufgabe des Staates und seines Service public ist, alle Regionen ohne Wirtschaftlichkeitsrechnung zu bedienen.»

Drei Anträge der Frauenkommission

Die Frauenkommission fordert vom SEV die aktive Beteiligung am feministischen Protest- und Aktionstag am 14. Juni 2023 zusammen mit den andern SGB-Gewerkschaften. Sie verlangt weiter eine nationale Kampagne zum Thema «Stoppt die sexualisierte Gewalt – sie ist nicht Teil des Jobs» im Jahr 2023, damit das politische Ziel Nr. 8 (Massnahmen gegen sexuelle Belästigung und Sexismus) der europäischen Vereinbarung «Women in Rail» umgesetzt werden kann.

Diese beiden Anträge fallen in die Kompetenz der Geschäftsleitung, doch eine Annahme am Kongress gibt ihnen noch mehr Gewicht.

Der dritte Antrag der Frauenkommission fordert, die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben für das Personal in operativen Flächenberufen mit unregelmässigen Arbeitszeiten (z. B. Schichtarbeit) mit flexibleren Arbeitszeitmodellen voranzutreiben. Dies ist eine Voraussetzung, um diese Berufe auch für die Zukunft attraktiv zu machen.

Beitritte wertschätzen

Der VPT Jura beantragt, die langjährige Mitgliedschaft beim SEV besser zu würdigen. Heute erfolgt dies erst nach 25 Mitgliedschaftsjahren. Der VPT Jura schlägt vor, die Frist bis zur ersten Belohnung auf 15 Jahre zu verkürzen. «Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung, der wirtschaftlichen Umstände im Berufsleben sowie der Ansprüche, die an alle sowohl im Vereins-, Wohltätigkeits-, politischen oder gewerkschaftlichen Leben gestellt werden, ist es angebracht, die Begriffe Treue und Anerkennung zu überdenken. Heute arbeiten die Menschen nach Abschluss der Schule, der Lehre oder des Studiums nicht mehr ein Leben lang in der gleichen Stelle. Sie sind viel beweglicher bezüglich Beruf, Arbeitgeber und gesellschaftlichem Engagement, wie etwa in der Gewerkschaft.

Die Leute wechseln oft viel später im Berufsleben in den öffentlichen Verkehr oder für viel weniger lange, besonders die Jungen. Die Haltung, einem bestimmten Unternehmen, einer geografischen Region, einem Beruf oder einer einzigen Branche treu zu bleiben, besteht nicht mehr und entspricht auch nicht mehr den heutigen Gegebenheiten. Die Periode für eine Treueanerkennung zu kürzen, verstärkt das Gefühl der Zugehörigkeit und trägt zur Bindung und zur Beteiligung im SEV bei.

Für den SEV geht es auch darum, früher in der Fläche, in den Verkehrsunternehmen sichtbar zu werden, neue Mitglieder zu bekommen, vor allem Junge, die oft weniger interessiert sind, und auf die langjährigen Kolleginnen und Kollegen zu zählen, um so die Bereitschaft zum Engagement im Unternehmen zu stärken, neue Mitglieder und deren Einsatzkraft zu gewinnen. Ein Gewinn an Attraktivität.»

Tiefere Beiträge? Ein falsches Signal für die Finanzen

Zwei Anträge betreffen die Mitgliederbeiträge. Der Vorstand empfiehlt diese zur Ablehnung, weil sie negative Auswirkungen auf die Finanzen des SEV hätten. Der erste verlangt, dass die Pensionierten nur noch einen Viertel des Beitrags der Aktiven bezahlen statt wie bisher die Hälfte. Der Antrag kommt von der Sektion VPT Zentralbahn. Ihre Begründung? «In den letzten Jahren wurde in der Schweiz immer alles teurer, während die Renten für die Pensionierten immer geringer ausfallen.» Der Antrag hätte eine Einnahmeneinbusse von ungefähr 950 000 Franken im Jahr zur Folge.

In einer ähnlichen Logik fordert die Jugendkommission für eine Testperiode von vier Jahren die Halbierung der Beiträge für unter 30-Jährige. «Der SEV steht vor einer demografischen Herausforderung. Die geburtenstarken Jahrgänge werden laufend pensioniert und es treten vergleichsweise weniger neue Mitglieder in die Gewerkschaft ein. Folglich sinkt die Mitgliederzahl. Insbesondere junge Arbeitnehmende verdienen oftmals weniger. Auch mit der zunehmenden Teuerung werden die Ausgaben genau abgewogen. Mit der Halbierung des Grundbeitrags kann ein Anreiz geschaffen werden, in die Gewerkschaft einzutreten», argumentiert die Kommission. Die Umsetzung würde Einbussen von rund 390 000 Franken pro Jahr bewirken.

Vivian Bologna / Übersetzung: Peter Moor
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