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Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF)

«Nach der Wahl schlief ich noch besser»

Am 9. März ist Giorgio Tuti an die Spitze der Eisenbahnsektion der ETF gewählt worden. Der SEV-Präsident blickt in unserem Interview auf diese Wahl zurück und nach vorne auf die Herausforderungen, die ihm dieses neue Amt in den nächsten vier Jahren bringen wird.

Giorgio Tuti mit Amtsvorgänger Guy Greivelding nach der Wahl.

Gross ist die Zahl der Gewerkschaften, die davon träumen, ihren Präsidenten an der Schlüsselstelle eines Dachverbandes zu platzieren. Nach dem ETF-Kongress von Ende Mai in Barcelona wird Tuti quasi als höchster Eisenbahngewerkschafter Europas amten. Wie hat er diese Wahl erlebt?

Giorgio, hast du in der Nacht vor der Wahl gut geschlafen?

Ja, und in der Nacht danach noch besser (lacht).

Auch wenn du der einzige offizielle Kandidat warst, war diese Wahl nicht nur eine Formalität…

Es handelte sich um eine wirkliche Wahl. Niemand hat gegen mich gestimmt oder sich der Stimme enthalten. Diese Einstimmigkeit macht natürlich Freude, bedeutet aber auch einen gewissen Druck, denn ich stehe nun gegenüber jenen, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben, in der Schuld.

Worauf ist dieses Vertrauen zurückzuführen?

Einerseits auf meine klaren Positionsbezüge in den letzten Jahren im Exekutivausschuss der ETF und in der Eisenbahnsektion. Andererseits auf das Image des SEV in Europa. Die Arbeit, die unsere Gewerkschaft in der Schweiz leistet, insbesondere in der Verkehrsund Vertragspolitik, hat einen guten Ruf und Auswirkungen auf nationaler und internationaler Ebene. Der SEV ist glaubwürdig, das hat meine Kandidatur begünstigt. Geholfen hat mir auch, dass ich auf Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch kommunizieren kann. All diese Sprachen werde ich sicher brauchen, um den sozialen Dialog neu zu lancieren.

Du trittst dieses Präsidium offiziell nach dem ETF-Kongress in Barcelona vom 22. bis 26. Mai für vier Jahre an. Damit wirst du dann viel zu tun haben …

Ja, denn am 23./24. Mai findet auch der SEV-Kongress statt! Das wird für mich eine ausserordentliche Zeit, in der ich voll ausgelastet sein werde.

In der ETF-Eisenbahnsektion wird es darum gehen, die Arbeit der kommenden vier Jahre zu planen. Dafür wird das Steering Committee – die Exekutive der Sektion – ein zweitägiges Seminar abhalten. Das Menu wird drei absolute Prioritäten umfassen: den Kampf gegen die weitere Liberalisierung und Privatisierung der Eisenbahnen, den Kampf gegen das Dumping bei den Sozialleistungen und Löhnen sowie die Sicherheit. Diese drei Themen hängen zusammen, denn der Wettbewerb führt zu Dumping, und dies geht auf Kosten der Sicherheit. Diese Themen sind gerade auch in der Schweiz von brennender Aktualität. Wir kämpfen bei uns an denselben Fronten wie auf EU-Ebene!

In der ETF-Eisenbahnsektion gab parallel zu deiner Wahl auch der soziale Dialog zu reden, der gegenwärtig ziemlich blockiert ist. Wie willst du ihn neu lancieren?

Die Europäische Union hat den Wunsch geäussert, dass der soziale Dialog wieder aufgenommen wird. Dabei wird es darum gehen, mit den Vertreter/innen der Arbeitgeber zu schauen, wo wir gemeinsame Interessen haben und wie wir uns gemeinsam für die Interessen der Verkehrsbranche einsetzen können.

Musst du mit diesem Programm nicht befürchten, für den SEV nicht mehr genügend Zeit zu haben?

Ich werde gewisse Mandate abgeben, um mich meinen europäischen Aufgaben widmen zu können neben der Präsidentschaft des SEV, die meine absolute Priorität bleibt, falls ich am Kongress wiedergewählt werde. Mein Engagement für den SEV wird unter diesem neuen europäischen Mandat keineswegs leiden.

Vivian Bologna/Fi