Kein Verfahren gegen Lokführer nach Autounfall
Die Mühlen mahlen langsam
Im Versicherungsrecht gehört der Arbeitsweg zur Arbeit – und beim Rechtsschutz deshalb zum Berufsrechtsschutz.
An sich wäre der Fall kaum der Rede wert: Ein Lokführer ist mit dem Auto unterwegs zur Arbeit. Auf einer Kreuzung, die mit Ampeln gesteuert wird, kommt es zu einem Zusammenstoss, wobei der andere Autofahrer leicht verletzt wird. Mehrere Zeugen (und die Daten der Ampelsteuerung) bestätigen aber, dass der Lokführer grün hatte und damit im Recht war. Dies allerdings konnte erst im Verlauf des Verfahrens auch rechtskräftig festgestellt werden, so dass anfänglich gegen das SEV-Mitglied wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt wurde.
Fertig ist noch lange nicht fertig
Der Lokführer stellte sofort ein Gesuch um Berufsrechtsschutz, und der SEV beauftragte einen Vertrauensanwalt mit seiner Verteidigung. Dieser musste allerdings gar nicht aktiv werden, denn die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren nach den ersten Abklärungen ein und erliess einen Strafbefehl gegen den anderen – fehlbaren – Autolenker. Damit wäre die Sache erledigt gewesen, denn innerhalb der zehntägigen Frist wurde dagegen auch von keiner Seite Einsprache erhoben.
Nur: Der bestrafte Autofahrer, ein stellenloser Taxifahrer, war von seinem amtlichen Verteidiger schlecht beraten worden. Einen Besprechungstermin bekam er erst, als die Frist bereits verstrichen war. Er stellte deshalb ein Gesuch um Wiederherstellung der Frist.
Dieses Recht besteht tatsächlich, wenn eine Frist aus unverschuldeten objektiven oder subjektiven Gründen verpasst wurde. Mit dem Anliegen, die Frist erneut anzusetzen, verband der Betroffene die Ankündigung, seine Bestrafung anzufechten und die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den Lokführer zu beantragen.
Verpasst ist verpasst
Doch so weit kam es nicht: Sowohl das Obergericht als nach dem Weiterzug auch das Bundesgericht kamen zum Schluss, dass die Frist nicht unverschuldet verpasst worden sei. Es genüge nicht, sich auf den eigenen Anwalt zu verlassen, sondern es wäre dem Betroffenen durchaus selbst möglich gewesen, rechtzeitig eine Einsprache zu machen. Auch die nur mangelhaften Deutschkenntnisse seien dabei kein Argument. Dies betonte das Gericht angesichts des Umstands, dass der Autofahrer den Strafbefehl richtig interpretiert und daraus den Willen um eine Einsprache abgeleitet hatte.
Der Lokführer konnte also schliesslich aufatmen: Er war ohne weiteres Verfahren zu seinem Recht gekommen.
Eine Frist ist eine Frist
Aus dem Fall lassen sich zwei Lehren ziehen: Selbst wer sich zweifelsfrei unschuldig glaubt, tut gut daran, dennoch sofort ein Rechtsschutzgesuch zu stellen, denn man weiss nie, was sich die Gegenseite alles einfallen lässt.
Und: Fristen sind zwingend einzuhalten, selbst wenn der Anwalt keine Zeit hat, rechtzeitig mit seinem Klienten zu sprechen (was natürlich bei den Vertrauensanwälten des SEV nicht passiert!).
Rechtsschutzteam SEV