Obschon wir alle versuchen, unfallfrei über die Runden zu kommen, «tätscht» es manchmal. Das ist gelegentlich kaum vemeidbar, aber trotzdem strafbar.

Bagatelle mit teuren Folgen

«Mit einem Bein im Grab und mit dem andern im Gefängnis.» Dieser Spruch trifft nicht nur auf Lokführer/innen zu, sondern auch auf Buschauffeure und -chauffeusen. Deshalb ist für sie der Berufsrechtsschutz unabdingbar.

Roger* arbeitet in einer mittleren Schweizer Stadt bei einem Unternehmen, das den öffentlichen Regionalverkehr mit Bussen und einer Vorortsbahn betreibt. Schon seit einem Vierteljahrhundert ist Roger mit schweren Fahrzeugen, mit Lastwagen, Charter- und Linienbussen auf den Strassen unterwegs. «Sein automobilistischer Leumund ist ohne Tadel», wird sein Anwalt später festhalten. Trotzdem passiert eines Nachmittags ein Unfall: als Roger von der Haltestelle wegfahren will, stellt er den Blinker und schaut nach hinten und nach vorn. Ein Auto biegt aus einer Seitenstrasse links ein und überholt ihn «rassig». Jetzt kann Roger fahren, er blickt nach vorn und sieht zu seinem Schrecken, dass das Auto, das ihn überholt hat, um dann vor dem Bus nach rechts abzubiegen, noch nicht weg ist. Es muss Fussgänger durchlassen und sein Heck ragt in die Fahrspur des Busses. Roger versucht nach links auszuweichen, doch eine Kollision ist nicht mehr zu vermeiden. Durch das Ausweichmanöver touchiert der Bus einen zweiten Personenwagen, der ebenfalls aus der Seitenstrasse eingebogen ist und dem Bus links vorfährt.

Mangelnde Aufmerksamkeit

Der Unfall wird von der Polizei aufgenommen. Personenschaden hat es glücklicherweise keinen gegeben, und der Sachschaden ist versichert. Doch Roger droht eine Strafe, denn er ist am Unfall «schuld». Deshalb stellt er beim SEV einen Antrag auf Berufsrechtsschutz. Der vom SEV beigezogene Anwalt stellt aufgrund der Akten fest, dass Roger «offensichtlich auch nicht zu schnell gefahren» ist. Er habe aber gleichzeitig nach hinten, nach der Seite links, nach vorne und nach vorne rechts beobachten müssen. Er sei deshalb nicht «einfach unaufmerksam» gewesen, es könne ihm «nur ein sehr geringer Vorwurf der mangelnden Aufmerksamkeit gemacht werden». Der Anwalt schloss sein Schreiben an die Staatsanwaltschaft mit dem Antrag, «sofern Sie die geringfügige mangelnde Aufmerksamkeit überhaupt als strafwürdig erachten», sollte die Busse maximal 300 Franken betragen.

«Keine weiteren Folgen»

Die Staatsanwaltschaft war offenbar froh um diesen Vorschlag. Zur Busse in der vorgeschlagenen Höhe kamen aber noch Verfahrenskosten von 480 Franken. Diese übernahm der Berufsrechtsschutz ebenso wie die Rechnung des Anwaltes, der für das Aktenstudium und verschiedene Schreiben und Telefone auch ein paar Stunden aufgewendet hatte. Weitere Kosten hätte ein Streit um einen möglichen Führerausweisentzug verursacht, doch verzichtete die zuständige Behörde auf diese Massnahme.

Rechtsschutzteam SEV
* Name geändert, der Redaktion bekannt.