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Auf den Spuren von …

Christian Ruch, Wagenführer und Instruktor Tram/Bahn

Volle Konzentration im Tram beim Bekanntgeben und Notieren der Instruktionsfahrtsroute.

Christian Ruch ist Wagenführer und Instruktor Tram/Bahn bei der Baselland Transport AG (BLT) sowie Vizepräsident der SEV-VPT-Sektion BLT. Er strahlt eine grosse Ruhe aus, doch auch ihm wird mulmig zumute, wenn ein Fahrschüler vor einem Rotlicht beschleunigt statt bremst. Trotzdem gilt es in solchen Fällen Ruhe zu bewahren …

«Fahrdienstmitarbeitende sind das Aushängeschild des Unternehmens», erinnert Christian Boos, Leiter Betrieb und Technik der BLT, die vier jungen Wagenführer, die an diesem Montagmorgen ihre einwöchige Weiterbildung zu Fahrbegleitern beginnen. «Dienen und Leisten steht für Sie an oberster Stelle. Nichts bringt Sie aus der Ruhe. Sicherheit kommt vor Pünktlichkeit. Sie schauen im Verkehr auch für die anderen, denn Sie haben einen längeren Anhalteweg. Sie sind Vorbilder und wirken immer …»

Werner Gass, Leiter Aus- und Weiterbildung, stellt das Wochenprogramm vor: Vor allem Fahrpraxis mit jeweils einem Teilnehmer in der Rolle des Fahrschülers und einem als Fahrbegleiter, ein Tag Technik, ein Tag Netzbesichtigung in der Stadt, eine Prüfung via Tablet. «Wir bilden bis im Mai 22 neue Wagenführer:innen und 9 Busfahrer:innen aus», erklärt Gass. «Ziel ist ein leichter Überbestand, damit Überzeit abgebaut werden kann.» Die BLT tut also, was die SEV-Sektion wegen der prekären Personalsituation schon lange fordert – und braucht darum zusätzliche Fahrbegleiter. Gut so und umso besser, wenn sie hoffentlich auch alles tut, um Personalabgängen vorzubeugen.

Zurück in den Fahrschulraum, wo jetzt Christian Ruch die Instruktion der Fahrbegleiter für fünf Tage übernimmt. Auch er nennt unter den Erwartungen an sie die Vorbildfunktion sowie die Übernahme von Verantwortung. Entsprechend würden sie vom übrigen Fahrpersonal genau beobachtet, beurteilt und bei Fehlern manchmal gehänselt. «Lasst euch von negativen Erlebnissen nicht runterziehen, seid tolerant und untereinander loyal, lasst euch nicht gegeneinander ausspielen.» Christian Ruch lässt die Teilnehmer auf Flipcharts notieren, was sie von ihm lernen möchten. Einer wünscht «Tipps und Tricks». Ein anderer möchte «sicheres Auftreten» lernen. «Wie kann man ruhig bleiben, wenn ein Fahrschüler ständig gefährliche Fehler macht?» fragt er. «Ihr tragt die Verantwortung, ein Rotlicht zu überfahren liegt nicht drin», bestätigt Ruch. «Auch ich spüre manchmal eine Faust im Bauch, doch man muss die Zähne zusammenbeissen und ruhig bleiben, sonst wird der Schüler noch unsicherer.» Wichtig seien klare, verständliche, vorausschauende Anweisungen und genaues Beobachten der Schüler:innen. «Stellt den Rückspiegel so, dass ihr die Augen seht und merkt, ob Signale gesehen werden.»

Wichtig für den Lernerfolg und das Vertrauen ist das Gespräch mit den Fahrschüler:innen beim wöchentlichen Ausfüllen des Ausbildungsplans, worin festzuhalten ist, welche Fertigkeiten geübt wurden und ob sie teilweise oder ganz beherrscht werden. «Wählt einen ruhigen Ort und nehmt euch Zeit. Führt das Gespräch auf gleicher Augenhöhe, seid ehrlich, sachlich und fair, respektiert andere Meinungen und sucht gemeinsam nach Lösungen.» Private Gespräche sind strikt auf die Pausen zu beschränken, denn Fahrausbildung ist eine ernste Angelegenheit. Um Ausbildungslücken zu vermeiden, legt die Fahrschule mit den Fahrbegleiter:innen für jeden Tag die Ausbildungsinhalte fest und dokumentiert diese. So könnte beim Unfall eines neuen Wagenführers geklärt werden, ob Ausbildungsmängel im Spiel waren.

Bubentraum verwirklicht

Auch Technisches kommt zur Sprache. Dann bereitet die Gruppe ein Tram für das praktische Üben vor, während Christian Ruch persönliche Fragen beantwortet. Er ist in Münchenstein aufgewachsen, als Sohn eines Wagenführers. Schon als Bub hat er von diesem Beruf geträumt. Nach einer Betriebslehre und fünf Jahren bei der SBB fährt er ab 1985 Trams bei der BLT. Nach fünf Jahren wird er Fahrbegleiter. 1994 ist er als Instruktor Mitgründer der Fahrschule BLT. Bis heute macht ihm das Ausbilden, der Kontakt mit Menschen und «die Chance, Vorbild zu sein», viel Freude. Ebenso die Arbeit im Fahrdienst «trotz ihrer Schattenseiten: bei dreiteiligen Diensten ist die Präsenzzeit sehr lang, und an die Schichtlagen muss man sich gewöhnen.» Dass er mit seiner Partnerin nur fünf Gehminuten vom Depot in Oberwil entfernt wohnt, ist natürlich praktisch. Die Belastung durch den aktuellen Unterbestand will er nicht weiter kommentieren. «Obwohl ich mit ganzem Herzen Gewerkschafter bin, sehe ich neben den Problemen auch immer das Positive.» Dazu gehört bei der BLT die Möglichkeit, die Schichtlagen zu wünschen, «was zu einem hohen Prozentsatz berücksichtigt wird». Ganz schön gefordert hat ihn die Einführung der neuen Bahntechnik bei der Waldenburgerbahn, die Fahrausbildung dort und der Support bei der schwierigen Betriebsaufnahme. «Das war etwas Neues und hat mir Spass gemacht.»

Dem SEV gehört Christian Ruch seit 1980 an, in der SEV-VPT-Sektion BLT macht er seit zehn Jahren im Vorstand mit und ist Vizepräsident. In der Freizeit joggt er regelmässig, ist gern in der Natur und legt als DJ bei Geburtstagen oder Hochzeiten Platten auf.

Markus Fischer
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