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Operation Center Technik von SBB Infrastruktur

OCT: zentrales Bindeglied für funktionierende Bahnanlagen

Damit die Züge fahrplanmässig fahren, muss eine ganze Reihe technischer Anlagen funktionieren. Vor ein paar Jahren hat sich bei SBB Infrastruktur die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine zentrale Stelle die Überwachung der Anlagen, die Behebung aller Störungen sowie alle Eingriffe für Unterhalt, Ausbau oder Erneuerung der Anlagen koordinieren muss. Diese Stelle ist das Operation Center Technik (OCT).

Zentrale des Operation Management Centers (OMC) in Ostermundigen. Foto: Evelyne Beck.

Durch die integrale Führung wird z. B. vermieden, dass ein Alarm, den ein Monteur durch einen geplanten Eingriff auslöst, von Systemverantwortlichen als Störung verstanden und behandelt wird. Das OCT gibt es seit April 2017 und es gehört zur Infrastruktur-Geschäftseinheit Verfügbarkeit und Unterhalt (VU). «Unser Slogan heisst ‹Funktionierende Anlagen. Für unsere Kunden›», erklärt OCT-Leiter Markus Elmer. «Unser Sinn und Zweck besteht darin, dass die Anlagen funktionieren, die es für den Bahnverkehr braucht. Unser oberstes Ziel ist, Störungen zu vermeiden – und wenn sie trotzdem auftreten, möglichst effizient zu beheben. Unsere Arbeit hat Einfluss auf die Konzernziele, vor allem auf die Kundenpünktlichkeit, aber auch auf die Kundenzufriedenheit, die Personalmotivation und das Jahresergebnis. Die Sicherheit hat oberste Priorität, wird aber durch die Anlagen selber und die Mitarbeitenden, die sich darum kümmern, garantiert.»

Zu den vom OCT überwachten Anlagen gehören solche für Bahnkommunikation wie das Mobilfunknetz GSM-R oder für Betriebstelekommunikation (Anruf über Funktion), das fixe SBB-Datennetz, Netze für Leittechnik (Stellwerke, Signale) und Kundeninformation, das Fahrstromnetz 16,7 Hz (OCT ist zuständig für die Ein- und Ausschaltung von Fahrleitungen bei Bauarbeiten, Unfällen etc.), 50 Hz-Stromanlagen usw. Das OCT muss auch Cyber-Angriffe auf die von ihm verantworteten Anlagen erkennen und verhindern. Für Probleme mit dem Handy oder PC ist aber nicht das OCT, sondern der IT-Service-Desk zuständig, der eng mit dem OCT zusammenarbeitet.

Drehscheibe für die Behebung von Störungen in allen Anlagen

Im OCT arbeiten rund 360 Leute in drei Hauptbereichen – siehe Box. Am meisten Kontakt mit anderen SBB-Bereichen haben die rund 100 First-Level-Mitarbeitenden. Ihre Aufgabe ist, die Anlagen zu überwachen, Systemalarme und gemeldete Störungen zu analysieren und priorisieren und wenn möglich selber zu beheben, etwa durch Restarts. Ist dies nicht möglich, bieten sie Pikettmonteure der VU-Regionen oder der Digital Field Force (DFF) von Telecom auf. Wenn die Komplexität einer Störung es erfordert, bieten sie Second-Level-Mitarbeitende des OCT auf, also Fachspezialist:innen für den jeweiligen Anlagentyp, die auch auf Pikett 24/7 sind.

Die First-Level-Mitarbeitenden arbeiten im Operation Management Center (OMC) in Ostermundigen oder in einer der vier Betriebszentralen Lausanne, Olten, Pollegio oder Zürich-Flughafen. «Wir sitzen bei den Zugverkehrsleitern von Fahrplan und Betrieb (FUB), weil die Anlagen ja für den Bahnbetrieb funktionieren müssen», sagt Markus Elmer. «Mit ihnen stehen wir bei Störungen in engem Kontakt und melden ihnen nach Rücksprache mit den Monteuren, bis wann eine Störung behoben wird.»

Virtuelle Zusammenarbeit

Bei unserem Besuch im OMC an einem Nachmittag waren dort vier Leute vor Ort und ein Kollege arbeitete von Pollegio aus. Er kommunizierte mit den anderen über Teams-Chat und Telefon. «Diese virtuelle Teamarbeit funktioniert gut und ermöglicht Leuten aus anderen Regionen, bei uns zu arbeiten, ohne umziehen zu müssen», erläutert Elmer. «Während der Pandemie hat der allergrösste Teil zumeist von zu Hause gearbeitet. Solche neue Arbeitsformen können auch helfen, den Fachkräftemangel zu bewältigen.» So sind z. B. Spezialisten für gewisse ältere Anlagen infolge der vielen Pensionierungen rar.

Eine koordinierende Rolle hat im OMC der Operative Leiter Technik: Er hält mit der Netzleitung Infrastruktur, den Betriebszentralen und anderen Leitstellen (Traffic Control Center TCC, Transportpolizei, Cargo, Informatik und Zentrale Leitstelle Energie ZLS) zweimal pro Tag die «Kontrollturm»-Austausche ab, bei grossen Störungen gibt es zusätzliche Absprachen mit den Involvierten.

Evelyne Beck hat bis Januar als Pikettmonteurin bei der DFF TC Zürich, Region Ostschweiz gearbeitet. «Von den Erfahrungen in der Fläche kann ich im OMC sehr profitieren, mich im technischen Bereich durch die Zusammenarbeit mit den Kollegen vom Second Level weiterentwickeln und meine Sprachkenntnisse auffrischen.»

Als «Überwacher Meteo» hält OMC-Mitarbeiter Christian Schmidt alle Partner laufend über anstehende Wettergefahren auf dem Laufenden.

Die Dreisprachigkeit im OMC nennt auch Christian Schmidt als Herausforderung. Der Diplom-Meteorologe ist seit Juli 2020 im OMC: Als «Überwacher Meteo» gibt er die Meteo-Inputs für die «Kontrollturm»-Konferenzen und informiert alle OMC-Partner laufend über anstehende Wettergefahren. Er begann 2002 bei der SBB als Zugverkehrsleiter und war dann bei der Netzleitung Infra.

Markus Fischer
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Das OCT in Zahlen

Mitarbeitende: rund 360 (bei 341 Vollzeitstellen), davon rund 100 im First Level (Monitoring, Störungsführung, Schaltung/Bedienung), rund 200 im Second Level (technische Betriebsproduktion durch Fachspezialisten in 15 Kompetenzzentren für die verschiedenen Anlagen und Technologien) und rund 60 im konzeptionellen Betriebsmanagement;

Störungen: rund 80 200 werden jährlich behoben, davon sind 6280 für den Bahnbetrieb relevant, d.h. verspäten einen Zug um mehr als drei Minuten, die anderen sind «nur» kundenrelevant (z. B. defekte Lautsprecher) oder für Kunden nicht spürbar;

Eingriffe an laufenden Anlagen: rund 31 700 pro Jahr;

Calls 1st Level: 20 000 pro Monat;

322 000-mal / Jahr werden Fahrleitungen aus- und eingeschaltet für Bauarbeiten oder bei Störungen.
 

 

Störungen an Infra-Anlagen nehmen ab

Die Grafik zeigt, wie sich die bahnbetriebsrelevanten Störungen an Infrastrukturanlagen, für die das OCT mit seinen Partnern verantwortlich ist, anzahlmässig entwickelt haben: Ihre absolute Zahl sank von 12 000 im Jahr 2005 auf 5544 im Jahr 2022 (Säulen). Im Verhältnis zu den zunehmenden Trassenkilometern, die auf dem SBB-Netz gefahren werden, sanken sie noch stärker (blaue Kurve). 2021 gab es aussergewöhnlich viele witterungsbedingte Störungen. Der Rückgang der Störungen zeigt, dass die Arbeit des OCT und seiner Partner Früchte trägt. Jedoch machten 2022 die 5544 Störungen an Infrastrukturanlagen nur 2,7 % aller Störungen im SBB-Netz aus. Viele andere entstehen z. B. in der Bahnproduktion, durch Rollmaterial, Personenunfälle usw.