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Auf den Spuren von ...

Maurizio, Sulmoni, Controlling

Wenn er von seinen Reisen spricht, zieht ein Film mit Erinnerungen an seinen Augen vorbei. Maurizio Sulmoni ist Vizezentralpräsident des Unterverbands TS; ein vielseitiger Mensch, eingemittet, sicher, und mit einem feinen Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen. Er kann zuhören, vermitteln und gut entscheiden. Wir treffen ihn an seinem Arbeitsplatz in der Werkstätte von SBB Cargo in Chiasso, wobei er direkt dem Hauptsitz in Olten unterstellt ist. Er arbeitet im Controlling, wo er sich vor allem um administrative und kommerzielle Aufgaben kümmert. Er ist in einer Familie von Gewerkschaftern aufgewachsen und seit 30 Jahren SEV-Mitglied.

Die Laufbahn von Maurizio Sulmoni bei der SBB ist schwierig aufzuzeigen, weil er so viel gemacht hat. Auf die entsprechende Frage lacht er und sagt: «Wie viel Zeit hast du? Wie viel Platz hast du?» Er hat einen Berufsabschluss als Elektroniker und Elektrotechniker und zuerst in einem Privatunternehmen gearbeitet. Als er ohne Stelle dastand, hat er nicht einfach zugewartet. «Ich habe gerne Herausforderungen und bringe mich gerne ein. Ich habe auch als Kellner gearbeitet, einfach um immer etwas zu tun. Vor allem liebe ich den Kontakt zu Menschen. Auch wenn ich schwierige und komplizierte Personen vor mir habe, finde ich immer einen gemeinsamen Weg.»

Maurizio verkörpert eine kraftvolle Ruhe; aufgewachsen in einer Eisenbahnerfamilie – sein Vater war Teamleiter im Rangier – hat er diesen Geist von klein auf mitgenommen. In den goldenen Eisenbahnzeiten in Chiasso gab es viele Möglichkeiten. «Als Lokführerstellen ausgeschrieben waren, wollte mein Vater, dass ich mich bewerbe. Aber ich hatte andere Ideen im Kopf, auch weil ich Gleichförmigkeit gar nicht mag. Ich habe die Bewerbung zuerst nicht gemacht, aber am Schluss habe ich sie abgeschickt, um meinen Vater zufriedenzustellen. Nach den Prüfungen und dem Abschluss der Ausbildung habe ich mich aber auf die Funktion als Heizer beschränkt. Ich habe gesehen, dass die Arbeit für mich zu monoton wäre, weil sie die gesellschaftlichen Kontakte so stark einschränkt.» Im Handumdrehen wurde Maurizio etwas anderes angeboten. So hat er für einige Jahre im Depot Bellinzona im Lokunterhalt gearbeitet. «Dort hat eigentlich meine Karriere bei der Bahn begonnen. Ich kann sagen, dass der Moment gestimmt hat, denn es haben sich mir sofort viele Türen und Wege geöffnet.» Schliesslich landet er in Chiasso und bleibt, auch wenn er immer wieder Angebote für verantwortungsvolle Stellen in der Deutschschweiz bekommt.

«Im Leben zählen vor allem die Ausbildung und die Professionalität, aber manchmal hilft auch ein bisschen Glück.» Und was ihn angeht, trifft das Sprichwort «Das Glück ist mit den Tüchtigen» wirklich zu. Seine Fähigkeit, an Herausforderungen heranzugehen, sich ins Spiel zu bringen und sein breites Interesse an allem Neuen wurden bei der SBB geschätzt. Maurizio hat sich laufend weitergebildet und seine beruflichen Fähigkeiten entwickelt. Er arbeitet in Chiasso, ist aber direkt dem Hauptsitz in Olten unterstellt, und erfüllt administrative und kommerzielle Funktionen, mit der wichtigen Aufgabe des Controlling. Zufrieden stellt er fest: «In der Werkstätte Chiasso waren wir die ersten in der Schweiz, die sich für Privatkunden geöffnet haben.»

Sein Weg in die Gewerkschaft war ganz natürlich. «Ich habe zuhause Gewerkschaftsluft geatmet. Mein Vater war ein grosser SEV-Aktivist und war auch Sekretär der RPV-Sektion; schon als wir ganz klein waren, nahm er mich und meine Brüder Jonathan und Christian (beide ebenfalls SEV-Mitglieder, AdR) mit zum 1. Mai.» Dem SEV beigetreten ist Maurizio 1992. «Ich erinnere mich gut daran: Es war Massimo Piccioli (ein weiterer grosser SEV-Kämpfer, AdR), der mir die Gewerkschaft vorgestellt hat. Es fiel ihm offensichtlich nicht schwer, mich zu überzeugen», schmunzelt Maurizio. In seiner bemerkenswerten Karriere fällt auf, dass er zusammen mit Gianni Frizzo die erste Personalkommission gegründet hat. «Tatsächlich habe ich mich bei der SBB oft in der Situation gefunden, dass ich neue Aufgaben und Funktionen von null auf entwickeln musste.» Er ist ein Wegbereiter; eine Rolle wie gemacht für jemanden, der sich den Neuerungen und den Herausforderungen stellt. Im SEV hatte Maurizio verschiedene Aufgaben inne, vom Tessiner Sektionspräsident bis jetzt zum Vizepräsidium des Unterverbands TS. «Auch die Gewerkschaft steht vor Herausforderungen», betont Maurizio Sulmoni. «Wir müssen neue Antworten auf neue Fragen geben. Die Welt verändert sich schnell, und die Gewerkschaft muss mitmachen, immer mit dem klaren Ziel, sich für die Rechte der Betroffenen einzusetzen.»

Maurizio begeistert sich fürs Reisen. Wenn er von Reisen in Afrika erzählt, beginnen seine Augen zu leuchten, und er berichtet ausführlich über Erfahrungen in abgelegenen Dörfern. Er ist ein Weltenbummler, der zwischenmenschliche Kontakte geniesst und pflegt. «Ich koche gerne für Freunde und höre mir ihre Geschichten an, teile mit ihnen Erlebnisse. Aber ich nehme mir auch Raum für mich selbst, wenn ich ihn brauche.»

Françoise Gehring / Übersetzung Peter Moor
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