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Auf den Spuren von ...

Urs Aebischer, Schlosser

Urs Aebischer an seinem Arbeitsplatz – im SBB-Werk in Biel.

«Als Eisenbahner muss man doch einfach beim SEV sein.» Urs Aebischer spricht Klartext an diesem schönen Vorfrühlingstag im SBB-Werk Biel, wo wir uns zum Gespräch treffen. Der Kassier von TS Mittelland ist der «Betriebsschlosser» der Halle 2 bei den Dienstfahrzeugen im Werk und kann auf abwechslungsreiche Jahre – beruflich wie privat – zurückblicken.

Angefangen mit einer Lehre als Schlosser-Schmied bildet sich Urs nach ein paar Jahren Einsatz auf dem Bau zum technischen Zeichner weiter. Und stellt bald fest: «Ich bin weniger der Büromensch.» Es folgt schliesslich die Ausbildung zum technischen Kaufmann. Mit 38 Jahren landet er als Festangestellter im SBB-Werk Biel, wo er davor bereits temporär gearbeitet hat. Und wo er lediglich ein paar Monate bleiben will. Es kommt alles anders.

Stete Weiterbildung

Zu Beginn revidiert Urs vor allem Güterwagen. Schnell wird ihm, der die Abwechslung braucht, langweilig. Er bekommt die Gelegenheit, sich in Bellinzona auf der Re 4/4 («BoBo») ausbilden zu lassen und das Gelernte schliesslich in Biel weiterzugeben: Einbau von Klimageräten und einer ETCS-Zugsicherung. Hinzu kommen mehrere historische Wagen von SBB Historic, die im Werk auf heutige Anforderungen umgebaut oder fürs Museum aufgefrischt werden. So arbeitet Urs am «Roten Pfeil» und am «Krokodil». Sogar der Orient-Express landet einmal in seinem Arbeitsgebiet.

Heute arbeitet er fast ausschliesslich bei den Dienstfahrzeugen. Alles Spezialfahrzeuge, für die es zahlreiche Spezialisten braucht. Im gesamten Werk stehen jeweils bis zu 50 verschiedene Fahrzeuge, und die Arbeot wechselt fast täglich. Auch Urs ist weit mehr als «nur» ein Schlosser. «Ich kann gut improvisieren, was meine Arbeit massiv erleichtert.»

Reisen als Leidenschaft

Improvisation hat Urs auf seinen zahlreichen langen Reisen gelernt, vor allem in den eineinhalb Jahren, in denen er mit seinem Motorrad durch Afrika reiste. Aber auch in Südamerika und Australien. Reisen ist seine Leidenschaft, und so liebäugelt er bereits mit einem neuen Projekt: Russland mit dem LKW. Nach seiner Pension kann er sich vorstellen, als Käser bei einem Bergbauern auszuhelfen, was er vor einigen Jahren bereits eine Saison lang getan hat.

Urs Aebischer bleibt nie stehen, so mein Eindruck während dem spannenden Gespräch und der Führung durch die grossen Hallen des SBB- Werks. Er fährt Motorrad in seiner Freizeit, fliegt mit dem Gleitschirm, klettert und baute in den vergangenen Monaten ganz nebenbei ein Haus … Ein Abbruchhaus, bei dem er weitgehend selber Hand angelegt hat und das er nun bewohnt und teilweise vermietet. Er ist ein Allrounder und bringt eine grosse Erfahrung auf den unterschiedlichsten Ebenen mit.

SEV-Mitgliedschaft macht Eindruck

Erfahren musste er in den letzten Jahren auch, dass im Werk in Biel viel Spannung herrscht. «Die SBB hat unter dem ehemaligen CEO den Fokus stark auf den gewinnbringenderen Personenverkehr gesetzt. Der Güterverkehr und die Dienstfahrzeuge hätte er wohl am liebsten ausgelagert. Das führt auch heute noch immer wieder zu Diskussionen und Unsicherheiten», so Urs. In unsicheren Zeiten ist er froh, Mitglied im SEV zu sein, denn als Mitglied sei man oft besser dran im Betrieb. «Bei Schwierigkeiten habe ich den SEV im Rücken, das wissen auch die Vorgesetzten. Es verschafft mir mehr Respekt», ist der 55-Jährige überzeugt.

Urs selber ist seit gut elf Jahren SEV-Mitglied. «Früher haben die Kollegen den Neuen das Anmeldeformular vorgelegt. Man wurde sofort Mitglied. Heute ist das anders.» So sei es zunehmend schwieriger, neue Kolleginnen und Kollegen für die Gewerkschaft zu gewinnen. Der SEV habe weniger Möglichkeiten als früher, die neuen Mitarbeitenden direkt anzusprechen. Und generell sei die Kultur der Gemeinschaft auch etwas verloren gegangen. Dabei werde die Gewerkschaft immer wichtiger, ist sich Urs sicher.

Gerne erinnert er sich auch an eine grosse Demonstration Anfang 2000er-Jahre. «Die SBB wollte unser Werk schliessen. Wir sind alle zusammen mit SEV-Fahnen zum Zentralplatz marschiert, das hat Eindruck gemacht.»

Vor rund drei Jahren ist Urs vom «normalen» SEV-Mitglied in eine aktive Rolle gerutscht: Er wurde unerwartet zum Kassier gewählt und versucht seither, diese vielfältige und ihm zuvor unbekannte Aufgabe zu erfüllen. Mit seiner offenen Art, dem Herzblut, das es für diese Aufgabe braucht, und der langjährigen Erfahrung mit Unbekanntem dürfte dies kein Problem für Urs sein.

Chantal Fischer
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Kommentare

  • Andreas Aebischer

    Andreas Aebischer 11/03/2021 15:26:20

    Das ist mein bruder wo ich sehr gut kenne und ich selber 26 jahre in disem werk wahr und jetzt in basel bin seit 14 jahren

  • Joel Mühlethaler

    Joel Mühlethaler 11/03/2021 15:28:30

    Dann sollte sich der SEV aber wehementer gegen sinnlose und dauernde Reorganistaionen wehren und sollte sich dafür einsetzen dass sie SBB wieder mehr aufs menschliche setzt und nicht auf Abschlüsse irgendwelcher Hochschulen.