Keine Einsprachen gegen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
Ein massgebendes Urteil zur Sicherung der Schweizer Löhne – dank dem SEV
Nach Ablauf der Beschwerdefrist steht fest: Weder Crossrail noch das Bundesamt für Verkehr ziehen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts weiter. Damit ist eine deutliche Klärung entstanden, was die Sicherung von Schweizer Löhnen gegenüber dem Druck aus dem Ausland betrifft.
Der Rechtsstreit um die Lokführerlöhne der Crossrail in Brig ist beendet: Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist definitiv, weder Crossrail noch das Bundesamt für Verkehr BAV haben es ans Bundesgericht weitergezogen. Damit ist der Sachverhalt klar: Bahnunternehmen mit Sitz in der Schweiz sind verpflichtet, ihrem Personal die in der Schweiz üblichen Löhne zu bezahlen. Ausländische Löhne dürfen nicht mit einbezogen werden, wenn es darum geht festzulegen, wie hoch der branchenübliche Lohn ist. In den Worten des Bundesverwaltungsgerichts: «Massgebend für die Frage, ob die Beschwerdegegnerin die Arbeitsbedingungen der Branche einhält oder nicht, sind die Verhältnisse bei den schweizerischen EVU.»
Das Urteil ist deutlich: Das Bundesverwaltungsgericht weist das BAV an, bei der Beurteilung der Branchenüblichkeit den «massgeblichen Sachverhalt» zu ergänzen und in der Sache neu zu entscheiden. Für den SEV ist damit die neue Ausgangslage klar: Das BAV muss anhand der bestehenden Lokführerlöhne in der Schweiz die Branchenüblichkeit definieren. Als Grundlage müssen die vorliegenden Gesamtarbeitsverträge von SBB Cargo, SBB Cargo International und BLS gelten. Dieses Vorgehen ist fürs BAV im übrigen nicht neu: 2014 hatte es Mindestlöhne für Buschauffeure festgesetzt und dabei ebenfalls die Gesamtarbeitsverträge als Grundlage beigezogen.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat aber über die Bahnbranche hinaus Bedeutung. Es äussert sich nämlich generell zum Verhältnis von Schweizer und ausländischen Löhnen. Das Bundesverwaltungsgericht kommt zu einem eindeutigen Schluss: «Insgesamt lassen systematische Gesichtspunkte darauf schliessen, dass das schweizerische Recht einen Grundsatz kennt, wonach auf Arbeit, die in der Schweiz verrichtet wird, die schweizerischen Arbeitsbedingungen anwendbar sind, unabhängig davon, wo die Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihren Wohnsitz bzw. Sitz haben.»
Diese Aussage ist generell anwendbar und stützt insbesondere die flankierenden Massnahmen der bilateralen Verträge. Fürs Bundesverwaltungsgericht ist also ein eindeutiger politischer Wille vorhanden, dass in der Schweiz in jedem Fall Schweizer Löhne zu bezahlen sind.
In seinem Urteil geht das Bundesverwaltungsgericht auf die Entstehungsgeschichte der Artikel 8c und folgende des Eisenbahngesetzes ein. Bei der Beratung der Bahnreform 1 Ende der 90er Jahre gab es in den beiden eidgenössischen Räten eine Diskussion, ob «landesübliche» oder «branchenübliche» Arbeitsbedingungen vorausgesetzt werden sollen, um eine Netzzugangsbewilligung bekommen zu können. Allerdings waren die Interpretationen der beiden Begriffe unter den Politikerinnen und Politikern völlig unterschiedlich, und das Bundesverwaltungsgericht stellt dazu lakonisch fest: « Die Erwartung eines Kommissionsmitglieds, im Rat würde gesagt, was mit dieser Formulierung gemeint sei, erfüllte sich nicht.»
Entsprechend konnte sich nun auch das Gericht nicht auf den damaligen politischen Willen abstützen, sondern musste weitere Elemente einbeziehen. Als wesentlich erachtete das Gericht unter anderem, dass im Rahmen der Bahnreform 2 ein engerer Geltungsbereich entstand. Vorher hatten nämlich auch die Bahnunternehmen mit Sitz im Ausland diese Voraussetzungen zu erfüllen, um den Netzzugang zu bekommen. In der neuen Regelung übernahm jedoch die Schweiz ausländische Bewilligungen und erteilte sie ihrerseits nur noch den Unternehmen mit Sitz in der Schweiz. Daraus folgerte das Bundesverwaltungsgericht: « Selbst wenn ursprünglich eine europäische Branchenüblichkeit als Bewilligungsvoraussetzung angestrebt gewesen wäre, lässt der neu auf EVU mit Sitz in der Schweiz eingeschränkte Geltungsbereich der revidierten Art. 8c ff. EBG eher auf eine Branchenüblichkeit schliessen, die sich auf die bei den schweizerischen EVU üblichen Arbeitsbedingungen bezieht.»