Europäisches Zugbegleitertreffen im Tessin
Immer zu zweit: Forderung wird europäisch
Nun kommt das Thema auf die europäische Ebene: Mit einer Resolution fordern Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter aus über zehn Ländern Europas, dass Züge immer mindestens zu zweit begleitet sein müssen, wenn diese Tunnel befahren. Denn «Beton allein genügt nicht!».
In der Schweiz hat der Zugpersonalverband des SEV (ZPV SEV) die Forderung schon länger erhoben: Züge des Fernverkehrs, die durch lange Tunnel fahren, müssen zwingend doppelt begleitet sein, also zwei Zugführer oder Kondukteure haben. Wie wichtig dies ist, zeigte sich beim Brand eines Cisalpino im April 2006 im Zimmerbergtunnel: Der allein anwesende Zugbegleiter wäre völlig überfordert gewesen, hätte nicht ein zufällig mitreisender ehemaliger Kollege bei der Evakuierung geholfen.
In ganz Europa werden neue Bahntunnel gebaut, durch Berge und unter Meeren; der längste davon am Gotthard, doch auch Brenner- oder Gibraltartunnel werden in Zukunft zum Thema; Erfahrungen gibt es schon vom Tunnel unter dem Ärmelkanal. Neue Tunnel verfügen zwar über ausgefeilte Sicherheitstechnik, doch das Element Mensch lässt sich damit nicht ersetzen. Darüber sind sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens von gewerkschaftlich organisierten Zugbegleitern in Brissago TI völlig einig: "Der Mensch macht den Unterschied", betonen sie in einer Resolution.
Gemeinsam wollen sie deshalb der Forderung nach Doppelbegleitung auf europäischer Ebene zum Durchbruch verhelfen. Sie haben die Resolution an die Dachgewerkschaft ETF (mit mehr als 2 Millionen Mitgliedern) weitergeleitet zur Umsetzung im Rahmen des europäischen sozialen Dialogs. Sie fordern darin, dass mindestens zwei entsprechend ausgebildete Zugbegleiter auf allen Zügen des Personenverkehrs anwesend sein müssen, um die Sicherheit in Tunneln zu gewähren, insbesondere im Fall eines Brandes.
Sie weisen darauf hin, dass die neuen, gut gesicherten Tunnel zwar die längsten sind, dass umgekehrt aber zahlreiche Tunnel noch aus dem 19. und 20. Jahrhundert stammen und schlecht ausgerüstet sind. Ob in neuen oder alten Tunneln: Technik kann den Mensch nie vollständig ersetzen, erst recht nicht in einer Notsituation.
Auf Einladung des ZPV SEV treffen sich diese Woche in Brissago gewerkschaftlich organisierte Zugbegleiter aus ganz Europa, von Norwegen bis Ungarn. Sie nutzen die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und besuchen heute zudem die Neat-Baustelle am Gotthard.