Gründung des SEV
30. November 1919 – der «Tag der Entscheidung»
Vor 100 Jahren, am Sonntag, 30. November 1919, versammelten sich im Berner Grossratssaal rund 170 Delegierte der vier Gewerkschaften, die im öffentlichen Verkehr aktiv waren (siehe Artikel: Der Weg zur Einheit) zur Gründung des Schweizerischen Eisenbahner-Verbandes SEV. Bereits am Vorabend waren Delegierte zu Vorbereitungssitzungen zusammengekommen. Am Samstagnachmittag und Sonntagmorgen empfingen Gewerkschafter, die rote Rosetten trugen, die Delegierten am Bahnhof. Das Bankett für die Delegierten nach der Versammlung vom 30. November ging «in einem bescheidenen Rahmen, ohne Festlichkeiten» über die Bühne «angesichts der Grösse des Vorgangs und der Bedeutung der getroffenen Entscheidungen», wie die «Schweizerische Eisenbahn-Zeitung» schrieb. «Am Vorabend der Entscheidung», kommentierte die Zeitung des VSEA am 28. November, «diskutiert man nicht mehr über die Zweckmässigkeit der Gründung einer gemeinsamen Organisation. Nun steht die praktische Arbeit im Vordergrund.» Und es folgte der Aufruf: «Nur ein breiter, vollständiger Zusammenhalt von uns allen lässt uns die Probleme lösen, die die Zukunft für uns bereithält. Unsere Stärke liegt in unserer Einheit, in unserem Zusammenhalt. Vorwärts!»
Eine Kommission unter der Leitung von Emil Düby, mit Robert Bratschi als Sekretär, hatte im Frühling 1919 den Auftrag erhalten, das Vorgehen zu planen. Am 30. November stellte Düby das Projekt vor, worauf die Delegierten einstimmig die ihnen vorgelegten Statuten genehmigten, die den Unterverbänden ihre Autonomie garantierten. Der SEV war geboren. Und gleich danach auch seine Zeitung «Der Eisenbahner», der ab dem 2. Januar 1920 erschien. Die Delegierten der Gründungsversammlung wählten Emil Düby zum Generalsekretär des SEV und Harald Woker zu dessen Präsidenten, was damals ein Ehrenamt war.
/ Übersetzung: pmo
Die «Väter» des SEV
Emil Düby (1874-1920)
Arbeitete nach der Lehre ab 1890 bei der Jura–Simplon-Bahn, 1902 Gewerkschaftssekretär, Nationalrat SP/BE 1917–1920. Hat den Zusammenschluss der Eisenbahner im SEV wesentlich vorbereitet, wurde einstimmig zu dessen Generalsekretär gewählt. Forcierte den Beitritt zum SGB. Nach seinem Tod mit 46 Jahren folgte im Juli 1920 seine reche Hand Robert Bratschi.
Harald Woker (1883-1944)
Studierte Rechtswissenschaften mit Doktorat. Präsident des Verbands schweiz. Eisenbahn- & Dampfschiff-Angestellter VSEA ab 1916, danach des SEV; nach seinem Rücktritt 1920 folgte Gottfried Beck. 1917–1921 Verwaltungsrat der SBB, 1920–1931 in der Geschäftsleitung der SP Schweiz, Berner Stadtrat und Grossrat.
Paul Perrin (1896-1958)
Sekretär, später Telegrafist bei der SBB. 1919–1952 stellvertretender SEV-Generalsekretär. Ab 1930 «Cheminot»-Redaktor. 1919–1953 Nationalrat SP/VD. 1921–1951 Vorstandsmitglied SGB.