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Auf den Spuren von...

Claudia Donno, Kundenberaterin SBB

Claudia Donno vor dem Bahnhof SBB Lugano, wenige Schritte von ihrem Arbeitsplatz entfernt.

Sie trägt die Sonne im Herzen. Mit ihren grünen Augen, dem breiten und spontanen Lächeln ist Claudia Donno eine mediterrane Frau «mit einem ausgeprägten Schweizer Geist». Geboren in der Provinz Lecce in der süditalienischen Region Apulien, zog sie im Alter von sieben Jahren mit ihrer Mutter nach Herisau (AR), wo sie aufwuchs und ihren eigenen Weg einschlug.

«Stimmt», sagt sie, «ich bin eine mediterrane Frau. Aber ich bin ebenso sehr Schweizerin. Ich mag Präzision, Pünktlichkeit und jenes Minimum an Regeln, die das Zusammenleben erleichtern.» Sonnig, offen, locker und gesellig, wie sie ist, arbeitet Claudia seit 30 Jahren bei der SBB. Zuerst in St.Gallen, jetzt in Lugano.

Vom mit warmen Winden verwöhnten Apulien zu den grünen Hügeln des Appenzellerlandes – zwei radikale Gegensätze, die Claudia ganz selbstverständlich in sich vereint. «In Herisau, wo ich bis 2004 wohnte, habe ich eine kaufmännische Lehre absolviert. Danach wollte ich in einem Reisebüro arbeiten, weil ich die Welt bereisen wollte. Aber sie nahmen mich aus Mangel an Erfahrung nicht, und ich erinnere mich sehr gut daran, dass ich mir sagte: ‹Wie kann ein junger Mensch Erfahrung sammeln, wenn ihm nicht die Gelegenheit dazu gegeben wird?› Und im Grunde kommt es auch heute noch oft vor, dass junge Menschen Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz zu finden, weil sie keine Erfahrung haben.»

Hartnäckig setzte Claudia ihre Suche fort und bekam die Gelegenheit, bei der SBB in St.Gallen eine intensive Ausbildung zu durchlaufen. «Und so», sagt Claudia, «begann 1990 mein Abenteuer bei der SBB. Und ich bin immer noch dabei.» Claudia Donno wurde dank ihrer sonnigen Persönlichkeit, die Kontakte erleichtert, am Schalter angestellt. Nach einer gewissen Zeit legte sie eine Pause ein und ging zum Rail Service: «Ich hatte das Bedürfnis, mir eine Auszeit zu nehmen und gleichzeitig meine Arbeit als Beraterin fortzusetzen. Man muss sich klar sein, dass der enge Kundenkontakt sehr anstrengend sein kann. Besonders, wenn man jung ist.»

Die grüne Schweiz ist aber nicht nur Ausbildungs- und Arbeitsort. «Mit 20 Jahren» erklärt Claudia, «lernte ich meinen Mann Rocco am Bahnhof in St.Gallen kennen. Er stammt ebenfalls aus Lecce. Wir heirateten und bekamen zwei Kinder, Dario und Laura.» Weil er Heimweh nach Italien hatte, wollte Claudias Ehemann in das Bel Paese zurückkehren. «Aber ich nicht. Ich wollte aus verschiedenen Gründen nicht zurückkehren und in Italien leben. Vor allem, weil wir inzwischen Freunde, Bekannte und unsere Familie in Herisau hatten. Auch wenn es in Apulien noch Onkel, Freunde und Cousins gibt.»

Manchmal bietet das Leben positive Überraschungen. Eines Tages ergab sich die Möglichkeit eines Umzugs ins Tessin. «Es war die perfekte Gelegenheit für Rocco, der Gipser ist und nun in einer Umgebung mit vertrauter Sprache arbeiten kann. Und für mich bot sich die Chance einer neuen Herausforderung in einem anderen Kanton. Es war nicht ganz einfach», betont Claudia, «denn in Herisau hatte ich ein solides und dichtes Netz von Freundschaften aufgebaut, das ich auch heute noch pflege.» Die Veränderung war möglich, weil sich die SBB flexibel zeigte und zu einer idealen Lösung Hand bot. «Meine Vorgesetzte in St.Gallen war wirklich fair und grosszügig», erklärt Claudia Donno, «sie gewährte mir ein Probejahr im Tessin und sicherte mir zu, dass ich meinen Job wieder antreten könnte, falls es nicht gut laufen sollte. Unter diesen Bedingungen schmolzen meine Sorgen dahin wie Schnee in der Sonne. Mein Mann und ich haben gemeinsam entschieden, das Abenteuer zu wagen. Und heute sind wir immer noch hier in Lugano mit unseren beiden Kindern.»

Claudia lebt und arbeitet also seit 2004 in Lugano: «Am Schalter fühle ich mich wohl, weil ich den Kontakt mit Menschen mag. Im Laufe der Jahre lernt man, auch mit den schwierigsten Situationen umzugehen. Es ist ein Job, bei dem es nie langweilig wird. Auch, weil es verschiedenste Dinge zu organisieren gibt: Reisen, Gruppen- und Vereinsreisen, Klassenfahrten, Abonnements, Rückerstattungen. Kurz gesagt, bei jedem Kunden ist es wieder anders. Ich verstehe mich auch sehr gut mit den Kolleginnen und Kollegen. Das gute Arbeitsklima zählt!»

Claudia Donno ist Mitglied des SEV und im Unterverband AS aktiv. Sie ist der Gewerkschaft beigetreten, weil sie es gut findet, eine Organisation zu haben, auf die man sich im Bedarfsfall verlassen kann. «Das Gefühl, dass man notfalls unterstützt wird», sagt sie, «gibt einem auch ein Gefühl der Sicherheit. Und zu wissen, dass es da jemanden gibt, der gute Arbeitsbedingungen für einen aushandelt, ist sehr wichtig. Denn berufliche Fragen sind ein sehr wichtiger Teil des Alltags. Ich weiss, dass es im Falle von Konflikten oder Problemen jemanden gibt, auf den ich zählen kann. Deshalb ist es sehr wichtig, der Gewerkschaft beizutreten. Es ist zwar besser, sie nicht zu brauchen, aber der Punkt ist: Die Gewerkschaft ist immer da. Und nicht nur, wenn man Hilfe braucht.»

Während des Lockdowns hat Claudia immer gearbeitet. «Obwohl ich zugegebenermassen sehr beunruhigt war – denn die Nachrichten, die ich täglich verfolgte, trugen nicht zur Beruhigung bei – wollte ich meinen Beitrag leisten, indem ich trotz aller Einschränkungen durch Bund und Kanton den Kundenservice am Bahnhof sicherstellte. Ich musste einfach zur Arbeit gehen», unterstreicht Claudia. «Ich hatte das Gefühl, etwas tun zu müssen, da es mir gut ging. Unser direkter Vorgesetzter war im Übrigen ständig um unsere Gesundheit besorgt. Und diese Aufmerksamkeit hat uns gefreut.»

Françoise Gehring/Übersetzung: Jörg Matter
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