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Fusion von BDWM und WSB zur Aargau Verkehr AG (AVA)

Aargau Verkehr: FAV nach klarem Ja der Mitglieder unterzeichnet

Nach der Fusion der Bremgarten-Dietikon-Wohlen-Meisterschwanden-Bahn (BDWM) mit der Wynental- und Suhrentalbahn (WSB) zur Aargau Verkehr AG wurde am 11. Juli ein neuer Firmenarbeitsvertrag unterzeichnet. Diesen hatten die 146 SEV-Mitglieder bei BDWM und WSB zuvor in einer Urabstimmung mit 98,9% Ja-Stimmen gutgeheissen, bei einer Stimmbeteiligung von 59,6%.

Verhandlungsdelegation AVA/SEV von links nach rechts: Stefan Bosshard, Raymond Porchet, Catherine Spiegel, Severin Rangosch, Gabi Thiel, Urs Grütter, Edith Graf-Litscher, Christa Frey, Daniel Giger, Pascal Eichenberger, Thomas Müller, Urs Berger, Klaus Renn. Es fehlen: René Fasel, Christian Stöckli, Andreas Peer, Martin Tschanz.

SEV-Gewerkschaftssekretärin Edith Graf-Litscher führte bei den sechsmonatigen FAV-Verhandlungen die gewerkschaftliche Delegation an. Wir sprachen mit ihr über die Entstehung und den Inhalt des neuen Vertragswerks, das die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen von rund 300 Mitarbeitenden regelt.

kontakt.sev: Wie hast du die FAV-Verhandlungen erlebt?

Edith Graf-Litscher: Die Gespräche waren sehr offen, transparent, fair und vertrauensvoll. Die Unternehmensleitung hat den SEV von Anfang an mit einbezogen und die Inputs der Personalvertreter/innen ernst genommen und berücksichtigt. So hat der Finanzchef bei Personalvorschlägen, die der Leitung auf den ersten Blick als zu teuer erschienen, die Kosten trotzdem berechnet mit dem Ergebnis, dass diese Vorschläge manchmal doch praktikabel waren. Die Leitung war sich offensichtlich bewusst, dass motiviertes Personal und Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden wichtig sind. Davon zeugte ihr Versprechen, dass der neue FAV niemandem schlechtere Arbeitsbedingungen bringen darf. Zugleich war es aber ihr erklärtes Ziel, dass die Personalkosten insgesamt nicht steigen sollten. Auch die Arbeitnehmerseite war sich bewusst, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, und bot Hand zu Lösungen. So waren die Verhandlungen unter der Leitung von Personalchefin Catherine Spiegel sehr konstruktiv und kamen zügig voran: Wir haben am 12. Januar begonnen und am 11. Juli unterschrieben. In nur sechs Monaten einen neuen FAV aus zwei unterschiedlichen bestehenden FAV inklusive neues Lohnsystem auszuhandeln ist nicht selbstverständlich. Das gute sozialpartnerschaftliche Verhandlungsklima trug sicher auch zum fast einstimmigen Ja der Mitgliedschaft bei.

Wurde das Versprechen eingehalten, dass niemand verlieren darf?

Ja, niemand verliert, insgesamt betrachtet. Durchschnittlich steigen die Bruttolöhne nächstes Jahr um 0,83%. Von den Bestimmungen, die sich bei WSB und BDWM unterschieden, wurde oft die für das Personal günstigere gewählt: Zum Beispiel die drei Tage Vaterschaftsurlaub der BDWM statt der zwei Tage der WSB. Oder die 8 Franken Sonntagsdienstzulage pro Stunde der BDWM statt der 6.80 der WSB. Oder die Nachtdienstzulage von 5.70 pro Stunde der WSB statt der 5.60 der BDWM. Oder die BDWM-Zulage von 30 Franken für ausserordentliche Dienstantritte. Bei den Treueprämien verhindert eine zweijährige Besitzstandsgarantie der ehemaligen BDWM- Mitarbeitenden, dass einzelne Mitarbeitende durch die Harmonisierung benachteiligt werden. Doch wir mussten auch Konzessionen machen: So müssen neu alle Mitarbeitenden die Krankentaggeld-Versicherung hälftig mitfinanzieren (bisher nur bei der BDWM, die WSB bezahlte 100%). Zudem waren bei der WSB bisher 115 arbeitsfreie Tage pro Jahr garantiert, bei der BDWM dagegen nicht explizit geregelt. Da die Unternehmung etwas mehr Flexibilität wünschte, sind neu 113 arbeitsfreie Tage garantiert und mit Einverständnis der Mitarbeitenden weniger möglich, doch werden im Sinne eines Kompromisses weiterhin 115 arbeitsfreie Tage angestrebt. Im Auge zu behalten sind die Neueinreihungen und die Lohnentwicklung des Lokpersonals, damit der Unterschied der tieferen Anfangslöhne der WSB gegenüber der BDWM nicht noch zunimmt, sondern allmählich verschwindet.

Ist der FAV gegenüber heute kostenneutral?

Nein, der jährliche Personalaufwand steigt um rund 200000 Franken, besonders durch die Harmonisierung der Lohnsysteme. Im Gegenzug verzichtet der SEV für 2019 bis 2021 auf die jährlichen Lohnverhandlungen, sofern die akkumulierte Teuerung ab 1. Oktober 2018 unter 1,75% bleibt. Zudem ist geplant, dass per 1. Januar 2020 alle Mitarbeitenden eine Pensionskasse erhalten sollen, die besser ist als bei der WSB. Das wird die Personalkosten weiter erhöhen, und im Gegenzug wird der SEV auch für 2022 auf Lohnverhandlungen verzichten, sofern die akkumulierte Teuerung unter 2% bleibt. Eine Arbeitsgruppe mit je vier Vertreter/innen von Unternehmen und Personal und mit SEV-Gewerkschaftssekretär Martin Allemann ist zusammen mit der unabhängigen Beratungsfirma Dipeka AG daran, Offerten für den künftigen Vorsorgeträger einzuholen. Auch die bisherigen Vorsorgewerke Symova (WSB) und BVK (BDWM) können sich erneut bewerben.

Markus Fischer

Die Fusion von WSB und BDWM zur Aargau Verkehr AG (AVA) hat Auswirkungen auf die Busbetrieb Aarau AG (BBA). Sie trat bisher mit der WSB unter der Dachmarke AAR bus+bahn auf, hatte den gleichen Direktor und ihre Geschäftsführung wurde durch die WSB besorgt.

Nun will sie ab Anfang 2019 als eigenständige Unternehmung mit einem eigenen Geschäftsführer auftreten. Im April hat der Verwaltungsrat den bisherigen Leiter Busbetrieb, Peter Baertschiger, als Geschäftsführer gewählt. Schon jetzt leitet er die Projektgruppe «Eigenständigkeit 2019». Der aktuelle Betriebsführungsvertrag mit der WSB läuft noch bis Ende 2018 unverändert weiter. Eine neue Vereinbarung über die Führung der Finanzen und der Human Resources ab 1. Januar 2019 wurde mit der WSB (bzw. AVA) am 23.März unterzeichnet.Der heutige Firmenarbeitsvertrag des BBA läuft bis Ende 2019 weiter. Anfang 2020 soll ein neuer FAV in Kraft treten. Die Verhandlungsdelegationen der Sozialpartner SEV und BBA kamen am 7. August erstmals zusammen und besprachen redaktionelle und organisatorische Punkte. Die erste Verhandlung zum inhaltlichen Handlungsbedarf ab 1.1.2020 findet am 28. September statt. Als Mitglieder der SEV-Verhandlungsdelegation wählte die ausserordentliche Delegiertenversammlung vom 25. Juni in Suhr Bert Joschko, Peter Stiefel und Ernst Wiederkehr, und als Ersatzmitglieder Björn Greiff und Gerhard Wanner. Geleitet wird die Delegation von SEV-Gewerkschaftssekretärin Edith Graf-Litscher.

Geplant ist auch die Gründung einer eigenen SEV-Sektion für den BBA – neben der Fusion der heutigen VPT-Sektionen AAR bus+bahn und BDWM – Anfang 2019.

Fi