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Deutsche Bahn

Nein zur Schrumpfung von DB Cargo

(c) Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben

Die Güterverkehrstochter der Deutschen Bahn soll nach dem Willen ihres Vorstands radikal verkleinert werden, indem Stellen in Tochtergesellschaften ausgelagert und abgebaut werden, vor allem im Kombiverkehr und im Overhead. Mindestens 1800 Stellen sind betroffen, schätzt die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Sie wehrt sich gegen die Schrumpfung, weil diese die Zukunft des Unternehmens und des Schienengüterverkehrs gefährdet.

DB Cargo gilt als grösste Güterbahn Europas. Doch mit ihren rund 2500 Lokomotiven und mehr als 80 000 Waggons hat sie seit 15 Jahren laufend tiefrote Zahlen eingefahren. Defizite, die regelmässig von der Konzernmutter ausgeglichen wurden.

Verlustausgleich als unzulässige Beihilfe?

Die EU-Kommission will dieses Verlustausgleichen nicht länger dulden. Anfang 2022 wurde deshalb ein Verfahren gegen die Bundesrepublik wegen unzulässiger Beihilfen eingeleitet. Die Folgen könnten ähnlich wie in Frankreich sein. Dort hatte der Staat insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro Verluste der staatlichen Güterbahn SNCF Fret übernommen. Da eine Rückzahlung das sofortige Ende des Unternehmens bedeutet hätte, verständigte man sich darauf, dass SNCF Fret den Kombiverkehr und andere Transporte an Wettbewerber abgeben und sich für private Investoren öffnen muss. Das soll bis 2025 der Fall sein. Auch DB Cargo droht die Zerschlagung, falls Brüssel zum Schluss käme, dass das bundeseigene Unternehmen mit staatlicher Defizitfinanzierung und interner Quersubventionierung seine Marktposition durch Preise unter Kosten verbessert. Dann müsste DB Cargo möglicherweise jene Unternehmensbereiche abgeben, die am Markt in hartem Preiskampf stehen – etwa den Kombi- und den Ganzzugsverkehr. Das sähe die Konkurrenz gerne.

Vorstand setzt auf Schrumpfung

Jetzt nimmt der Vorstand von DB Cargo das Vorgehen der EU-Kommission zum Anlass, eine weitreichende Betriebsänderung zu vollziehen, um Brüssel zu «besänftigen» – gegen den Widerstand der EVG und der Betriebsräte. Diese widersprechen der Argumentation, dass Betriebsänderungen nötig seien, um «Strafen» aus Brüssel zu vermeiden, vehement. Sie sehen den Hauptgrund für das derzeitige Dilemma «in jahrelanger Untätigkeit des Managements, den Betrieb so zu organisieren, dass er wirtschaft-lich betrieben werden kann».

Was will der Vorstand? Er will alle Kombinierten Verkehre an vier Tochterunternehmen oder Beteiligungen von DB Cargo auslagern: an die Mitteldeutsche Eisenbahn (MEG), Transfracht (TFG), RBH Logistics und Kombiverkehr. Erreicht werden soll damit ein höherer flexibler Einsatz von Lokpersonal bei Tochterunternehmen sowie eine Kosteneinsparung beim Personal bei DB Cargo.

Personalabbau mit unkalkulierbaren Risiken

Doch alle beteiligten Betriebsräte und die EVG glauben nicht, dass der schnelle Aufbau von Personal und Strukturen bei den Töchtern gelingen kann. Die Interessenvertreter der Beschäftigten von DB Cargo wie auch die Betriebsräte bei den vier Tochterunternehmen lehnen die Pläne zur Verlagerung des Kombinierten Verkehrs einmütig ab, weil damit unkalkulierbare Risiken verbunden sind. Denn falls die Pläne des Vorstands scheitern, würden die Kombinierten Verkehre wohl von den Wettbewerbern (ausserhalb der DB AG) in Gänze oder von der Strasse übernommen. Dann wären auch die Arbeitsplätze bei den vier Töchtern verloren – und Stellen im ganzen Unternehmen gefährdet. Verliert DB Cargo den Kombinierten Verkehr, hat das unmittelbare Auswirkungen auf die Werk-stätten, aber auch auf das Netz und andere Bereiche. Weniger Verkehr bedeutet auch weniger Arbeit.

Doch mit dem Alternativkonzept, welches der Gesamtbetriebsrat vorgelegt hat, wollte sich der Vorstand von DB Cargo nicht beschäftigen. Vorschläge zum Erhalt des Kombinierten Verkehrs in der Cargo-Mutter und Lösungen zur Bekämpfung der Ergebniskrise wurden ohne weitere Prüfung beiseitegelegt.

Auch die EVG-Vertreter im Aufsichtsrat der DB Cargo haben noch viele Fragen zur geplanten Schrumpfkur. Doch sie sollen nach dem Willen des Vorstandes gar nicht erst beteiligt werden. Anders als der Vorstand ist die EVG der Auffassung, dass die Pläne zur Verlagerung des Kombinierten Verkehrs sowie der massive Abbau im Overhead im Aufsichtsrat zur Abstimmung gestellt werden müssen. Gestärkt wird diese Einschätzung durch ein Rechtsgutachten, das zwischenzeitlich vorliegt.

Sozialpartnerschaft aufgekündigt

«Doch der Vorstand von DB Cargo will offensichtlich mit dem Kopf durch die Wand und opfert dafür die Sozialpartnerschaft, die – trotz aller unterschiedlicher Auffassungen – in der Vergangenheit auf Verständigung und auf die Suche nach gangbaren Kompromissen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gesetzt hat», ruft die EVG in Erinnerung. Der Vorstand forderte die Betriebsräte zu Verhandlungen auf und wollte eigentlich schon bis Anfang März eine Einigung erzielen oder sonst die Einigungsstelle anrufen. Für diese müssten Arbeitgeber und Betriebsrat laut Betriebsverfassungsgesetz (§ 76, Abs. 2) je gleich viele Beisitzende stellen und sich auf eine:n Vorsitzende:n einigen – welche:n sonst ein Arbeitsgericht wählen müsste. Das kann dauern.

Kampf für die Zukunft von DB Cargo und der Bahn

«Zusammenfassend drängt sich der Eindruck auf, als wolle die DB die EVG und ihre Betriebsräte herausfordern», hält die EVG fest. «Wir sind gewappnet und werden uns wehren. Gemeinsam werden wir für eine DB Cargo kämpfen, die eine Zukunft hat. Angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel ist Wachstum die einzig zielführende Strategie. Den Schrumpfkurs des DB-Cargo-Vorstands lehnen wir ab. Das käme einer Kapitulation gleich, die viele Arbeitsplätze kosten würde. Das ist mit uns als EVG nicht zu machen.»

EVG / Markus Fischer
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