Branchentagung Pensionierte des Unterverbands VPT zur «Altersvorsorge 2020»
Solidarisch mit den Neupensionierten
Am Dienstag letzter Woche, als die Rentenreform in der Einigungskonferenz von National- und Ständerat den letzten Schliff erhielt, wurde sie auch in Olten von 80 ehemaligen Mitarbeitenden konzessionierter Transportunternehmungen aus der ganzen Schweiz analysiert und debattiert.
«Falls der Kompromiss des Ständerats durchs Parlament kommt, überwiegen die Vorteile die Nachteile», war das Fazit des Referats von Doris Bianchi, die beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund für die Sozialversicherungen zuständig ist. «Zwar steigt das Frauenrentenalter auf 65 Jahre, und in der beruflichen Vorsorge sinkt der Umwandlungssatz von 6,8 auf 6%, was 12% weniger Pensionskassenrente bedeutet. Doch diese Rückschritte werden durch Fortschritte mehr als wettgemacht, gerade für Frauen mit niedrigen Einkommen», führte Bianchi aus. Die wichtigsten Fortschritte sind:
Die Arbeitnehmer/innen und ihre Arbeitgeber zahlen mehr in die Pensionskasse ein. Dies gleicht die Senkung des Umwandlungssatzes teilweise aus, und Teilzeitarbeitende – die grossmehrheitlich Frauen sind – erreichen so bessere Pensionskassenrenten.
Zugleich erhalten Neurentner/innen mehr AHV: Für Alleinstehende steigt die Rente um 70 Franken pro Monat (auf maximal 2420 Franken), und für Ehepaare um bis zu 226 Franken auf maximal 3751 Franken, denn sie erhalten neu 155% der Maximalrente der Alleinstehenden statt 150%. «Dies trägt der gestiegenen Erwerbsbeteiligung der Frauen Rechnung», erklärte Bianchi.
Dieser AHV-Ausbau dient dem Ausgleich der Umwandlungssatzsenkung. Diesen Ausgleich nicht nur in der beruflichen Vorsorge zu machen, wie von den rechten Parteien und der Finanzbranche gefordert, sondern auch in der AHV, komme für alle Leute mit tiefen und mittleren Einkommen günstiger, betonte Bianchi. Ohnehin mache es im jetzigen Tiefzinsumfeld keinen Sinn, allzu viel Geld in die Pensionskassen zu stecken, deren Kapitalanlagen kaum etwas abwerfen.
Ab Alter 58 haben Arbeitnehmende, die arbeitslos werden, neu Anrecht auf eine Pensionskassenrente. Bisher mussten viele das ausbezahlte Altersguthaben «anzapfen», bevor sie Sozialhilfe beziehen konnten.
Neu können Teilzeitarbeit und der Teilbezug der Renten kombiniert werden.
Die AHV-Finanzierung wird bis 2030 gesichert, indem zusätzliche 0,6% Mehrwertsteuer in die AHV fliessen. Davon sind 0,3% keine Zusatzbelastung für die Konsument/innen, weil sie bisher in die IV flossen und ab 2018 in die AHV umgeleitet werden. Die AHV braucht mehr Geld wegen der geburtenstarken Jahrgänge, die nun in Rente gehen (Babyboomer).
Reform nützt auch bisherigen Rentner/innen
Ein Kollege stellte die Frage, die auf der Hand lag: «Warum erhalten die bisherigen Rentner/innen nicht mehr AHV?» – «Wir Gewerkschaften wollten dies mit der AHVplus-Initiative erreichen, doch wurde diese im Herbst abgelehnt», antwortete Doris Bianchi, «obwohl die AHV-Renten in den letzten Jahren gegenüber der Lohnentwicklung zurückblieben und nicht existenzsichernd sind, wie in der Verfassung vorgesehen. Doch die CVP, die mit uns für den Ständeratskompromiss kämpft, will mit der höheren AHV-Rente nur den tieferen Umwandlungssatz ausgleichen. Das war der Deal.»
Aber auch für die bisherigen Rentner/innen sei der Ständeratskompromiss von Vorteil, fuhr Bianchi fort. «Denn immerhin sichert er die AHV-Finanzierung bis 2030 und damit auch die automatische Anpassung der Renten an die Preis- und Lohnentwicklung, welche die rechten Parteien abschaffen wollen.»
Neurentner/innen auf Reform angewiesen
«Wir Pensionierten können einen Beitrag leisten für die Babyboomer», sagte ein Kollege, und brachte damit offensichtlich die Mehrheitsmeinung im Saal zum Ausdruck. Diese Haltung beeindruckte VPT-Zentralpräsident Gilbert D’Alessandro sichtlich: «Ich bin einer dieser Babyboomer, mit denen ihr euch solidarisch zeigt. Ich danke euch und bin stolz auf euch!» Zum Schluss appellierte Walter Holderegger vom VPT BLS an alle: «Steht für diesen Kompromiss ein, falls er am 24. September zur Abstimmung kommt, seid Botschafter dieser Rentenreform!»
Markus Fischer
Die nächste Branchentagung der VPT-Pensionierten findet am 15. März 2018 statt.
Weitere Referate
Vor den VPT-Pensionierten sprach auch SEV-Präsident Giorgio Tutiüber seine Ziele als neugewählter Präsident der Eisenbahnsektion der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF): Stoppen der Libe- ralisierung und Privatisierung, Bekämpfung des Dumpings bei den Löhnen, den Sozialleistungen und bei der Ausbildung.
Roland Grunder, Co-Präsident des Schweizerischen Se- niorenrats, stellte seinen Ver- ein vor, der die Interessen der 1,85 Mio. Über-65-Jährigen in der Schweiz auf Bundesebene vertritt. «Wir sind zwar viele, aber nicht alle gleicher Mei- nung. Darum ist die Konsens- suche wichtig.» Der SSR berät die Behörden in Fragen, die die Senior/innen betreffen, und be- kämpft deren diverse Diskriminierungen in der Gesellschaft.