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Schadensbegrenzung erreicht
Eine Kündigung rückgängig zu machen, ist in der Schweiz kaum möglich. Aber der SEV hat es geschafft, für eine Betroffene Schlimmeres zu verhindern.
Es tönt eher nach Amerika als nach Zürich: Fünf Minuten vor Arbeitsschluss holen zwei Vorgesetzte eine Mitarbeiterin in eine Nebenkammer und teilen ihr dort mit, dass sie ihr kündigen und sie ab sofort nicht mehr zur Arbeit erscheinen müsse – dies nach fünf Jahren im Betrieb, ohne dass jemals eine Verwarnung oder gar eine Kündigungsdrohung vorausgegangen wäre. Die Frau, nennen wir sie Marta, unterschrieb im Schock die Empfangsbestätigung der Kündigung, ohne aber wirklich zu wissen, weshalb sie geschasst wurde.
Was war geschehen? Marta arbeitete bei Elvetino als Serviceangestellte an einer Kaffeebar. Rund ein Jahr vor dem Eklat hatte sie einen neuen Vorgesetzten bekommen; einen Arbeitskollegen, der nun auch ihr Chef war. Die zuvor gute Beziehung der beiden wurde dadurch belastet, und er tat sich schwer damit, dass sie ihm weiterhin direkt sagte, wenn ihr etwas nicht passte.
So etwa, dass sie neben ihrem gewohnten Arbeitsort an einem S-Bahn-Halt auch Dienste im Hauptbahnhof übernehmen musste. Dies allerdings war im Elvetino-GAV so vorgesehen; der SEV begleitete sie zu einer Aussprache, bei der scheinbar alles geklärt werden konnte.
Falsches Getränk für den Chef
Dies alles wurde in der Kündigung anfänglich auch nicht angeführt; vielmehr ging es um einen Vorfall, der sich sechs Tage zuvor ereignet hatte. Der oberste Elvetino-Chef und ein weiteres Kadermitglied waren als Kunden bei Marta am Kaffeestand, wobei es zu einem Missgeschick kam: Marta verstand die Bestellung nicht und brachte den beiden falsche Getränke, worauf sie sie kritisierten. Daraus leitete die Firma den Kündigungsgrund ab: Sie wolle diese Stelle lieber mit jemandem besetzen, der sich tatsächlich mit dem Unternehmen identifiziere.
Für das Rechtsschutzteam des SEV war klar, dass hier kein ausreichender Grund für eine Kündigung vorlag. Es entschied, dass der Fall angefochten werden soll, allenfalls vor Arbeitsgericht. Umso mehr, als Marta ein Jahr zuvor, beim Wechsel des Vorgesetzten, vom Vorgänger ein ausgezeichnetes Zwischenzeugnis erhalten hatte. Ganz im Gegensatz zum Zeugnis, das das Unternehmen nun vorlegte. Dieses war so schlecht, dass die Arbeitslosenversicherung die Kündigung als selbstverschuldet betrachtete und damit drohte, Marta 40 (!) Tage die Zahlung zu verweigern.
Schiefgelaufenes begradigen
Der Anwalt, den der SEV beizog, erhielt schliesslich eine ausführlichere Begründung der Kündigung, in der nun plötzlich die alten Themen wieder auftauchten: schwieriges Verhältnis zum Vorgesetzten, wenig Bereitschaft zu anderen Einsätzen.
Der Anwalt schlug Elvetino vor, eine aussergerichtliche Einigung zu suchen. Und so kam es auch: Das Unternehmen willigte ein, das Arbeitszeugnis anhand des früheren Zwischenzeugnisses zu erstellen. Darüber hinaus zahlte es Marta eine Entschädigung in der Höhe eines Monatslohns – für den Anwalt das klare Anzeichen dafür, dass dem Arbeitgeber klar geworden war, dass bei dieser Kündigung einiges schiefgelaufen war.
Marta musste zwar dennoch auf Stellensuche. Aber mit dem verbesserten Zeugnis sollte ihr dies deutlich leichter fallen, und für die Arbeitslosenversicherung bestand kein Grund mehr für Einstelltage.
Rechtsschutzteam SEV