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Kündigung aufgehoben – zurück an die Arbeit
Der SEV erreicht vor Bundesverwaltungsgericht, dass die SBB eine Kündigung zurücknehmen muss.
Darf ich im medizinischen Fragebogen falsche Antworten geben? Nein. Werde ich entlassen, wenn es auskommt? Wie so oft bei Rechtsfragen: «Es kommt auf die konkrete Situation an».
Emil Müller (Name geändert) bewirbt sich 2007 um eine Stelle als Reiniger bei der SBB. Als stellvertretender Standortleiter wird er zu 60 Prozent draussen und 40 Prozent im Büro arbeiten.
Bevor die Anstellung definitiv wird, muss er den medizinischen Fragebogen ausfüllen. Dort wird unter anderem nach früheren Rückenleiden gefragt. Emil Müller kreuzt Nein an, obwohl er 1995 bereits wegen Rückenproblemen behandelt worden war und 2000 gleich zweimal Opfer von Auffahrunfällen wurde, was wiederum zu Rückenproblemen führte.
Beim Stellenantritt bei der SBB war der Reiniger aber voll einsatzfähig, und er konnte seine Arbeit auch gut ausführen; es tauchten keine Rückenprobleme auf bis Ende November 2008. Da musste er ins Spital und war in der Folge bis Ende Januar 2009 arbeitsunfähig. In dieser Zeit erwähnte er selbst gegenüber seinen Vorgesetzten die früheren Rückenprobleme, was die SBB hellhörig machte. Sie beauftragte ihren medizinischen Dienst, in dieser Sache weitere Abklärungen zu treffen; Emil Müller erteilte dazu die Vollmacht.
Plötzliche Wende
Am 1. Februar 2009 nahm Müller die Büroarbeit wieder auf, wirkte unter anderem sinnigerweise in einer Arbeitsgruppe zum Thema Absenzmanagement mit und wurde auch zu deren Schlussessen eingeladen.
Doch am Tag danach teilte ihm die Arbeitgeberin mit, es sei eine fristlose Kündigung eingeleitet. Sie gewährte ihm dazu das rechtliche Gehör; mit Unterstützung des SEV-Rechtsschutzes nahm er Stellung – natürlich im Sinn, dass kein Grund für eine Entlassung vorliege.
Doch die Dinge nahmen ihren Lauf: Am 26. Februar erhielt er die fristlose Kündigung. Dagegen machte er eine Einsprache an die SBB-interne Beschwerdeinstanz mit den Anträgen, die Kündigung aufzuheben und den Reintegrationsplan für die Rückkehr an die bisherige Arbeit wieder aufzunehmen.
Die Beschwerdeinstanz stellte zumindest fest, dass die Grundlage für eine fristlose Kündigung fehlte (eine solche kann nur äusserst kurzfristig ausgesprochen werden, was hier nicht der Fall war). An der Entlassung selbst hielt sie jedoch fest, jetzt mit dreimonatiger Kündigungsfrist.
Zu harte Massnahme
Doch der SEV-Rechtsdienst erachtete auch diesen Entscheid als ungerechtfertigt und zog ihn ans Bundesverwaltungsgericht weiter.
Dieses kam nun zu einem völlig anderen Schluss: Es betonte in seinem Urteil (das die SBB nach den Sommerferien noch ans Bundesgericht weiterziehen kann), dass die Kündigung in diesem Fall eine zu harte Massnahme sei. Es hält allerdings unmissverständlich fest, dass die falsche Angabe im Fragebogen das Vertrauensverhältnis störe. Das dürfe nicht gering eingeschätzt werden.
Da Emil Müller inzwischen aber anderthalb Jahre ohne gesundheitliche Einschränkung seine Arbeit machen konnte und auch das Vertrauensverhältnis zu den Vorgesetzten völlig ungetrübt war, sei die Kündigung nicht angemessen. «Die Kündigung muss, um dem Verhältnismässigkeitsprinzip zu entsprechen, stets ultima ratio sein», hält das Gericht fest. Angemessen sei eine Kündigung beispielsweise bei der wiederholten Weigerung, bestimmte Arbeiten auszuführen.
Bei Emil Müller kam hinzu, dass die neuen Rückenbeschwerden durch eine Arbeit verursacht wurden, die gar nicht zu seinem Pflichtenheft gehörte, die ihm aber aufgetragen wurde. Damit trage die SBB eine Mitschuld.
Möglich und zumutbar
Das Bundesverwaltungsgericht verfügte deshalb in seinem Urteil, «den Beschwerdeführer in einer seiner bisherigen Tätigkeit entsprechenden Funktion weiter zu beschäftigen». Es führte dazu aus, das Vertrauen am Arbeitsplatz sei durch diesen Vorfall nicht dermassen beeinträchtigt, dass die Rückkehr nicht zu verantworten wäre. Eine Weiterbeschäftigung sei «möglich und für alle Betroffenen zumutbar».
Rechtsschutzteam SEV