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Flughafen Genf

Erfolgreicher Streik in Cointrin

Der Kampfgeist und die Solidarität der Kolleginnen und Kollegen waren ausschlaggebend für den Erfolg dieser Mobilisierung. © Eric Roset

Am 30. Juni haben in Genf-Cointrin die direkt vom Flughafen angestellten Mitarbeitenden – 960 sind es insgesamt – gestreikt und damit am Morgen von 6 bis 10 Uhr alle Flüge blockiert. Danach war die Flughafendirektion zu einer Einigung mit der Gewerkschaft VPOD über einen neuen Gesprächsrahmen zur Lohnreform bereit. Die Streikenden wurden auch vom SEV unterstützt.

Im Zentrum des Konflikts stand die vom Verwaltungsrat bestätigte Entscheidung der Geschäftsleitung, eine «neue Lohnpolitik» zu verfolgen, die eine Neugestaltung der Lohntabelle vorsieht und die ohne wirkliche Verhandlungen verordnet wurde. Die Lohnreform zielt darauf ab, die linearen Erhöhungen (jährliche automatische individuelle Lohnerhöhungen und Treueprämien) zu streichen und stattdessen eine Prämie einzuführen, die auf Jahreszielen und willkürlichen Kriterien beruht. Nach zwanzig Dienstjahren kann dies Lohneinbussen in der Höhe des 13. Monatslohns bewirken. Diese Lohnreform ist mit der Einigung aufgrund des Streiks zwar nicht begraben, aber das Kräfteverhältnis ist nun eindeutig zugunsten der Arbeitnehmenden verschoben.

Die Geschäftsleitung rechtfertigt die geplanten Massnahmen mit pessimistischen Wachstumsaussichten. Ein von «Le Temps» zitierter Luftverkehrsspezialist spricht jedoch von einer möglichen Verdoppelung der Anzahl der beförderten Passagiere bis 2050. Zudem hat der Flughafen letztes Jahr einen Reingewinn von 60 Millionen Franken erzielt, während die Lohnsumme rund 120 Mio. betrug. Für 2023 wird ein Gewinn von 100 Mio. prognostiziert. Die Geschäftsleitung malt also schwarz, um die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern – obwohl diese angesichts des Personalmangels im Gegenteil verbessert werden müssten.

Das Personal fragt sich: Wenn gespart werden muss, warum dann bei den Mitarbeitenden mit tiefen Einkommen, die schwere Arbeit mit unregelmässigen Arbeitszeiten leisten wie Feuerwehrleute, Sicherheitspersonal, Rettungssanitäter:innen usw., nicht aber beim Direktor André Schneider, dessen Einkommen von 488 844 Franken jährlich weiter steigt? 

Wink mit dem Zaunpfahl

Die Arroganz einer bis zum Äussersten gehenden Geschäftsleitung und die Notwendigkeit einer Reform mit mehr als unklaren Konturen und Lohnfolgen, die auf fragwürdigen, um nicht zu sagen fantasievollen Projektionen beruht, haben eine Basis radikalisiert, die in 104 Jahren noch nie gestreikt hatte. Der günstige Zeitpunkt – die Entscheidung des Verwaltungsrats wurde am Vorabend des ersten Ferientags getroffen – und die Tatsache, dass sich unter den Streikenden auch die Mitarbeitenden befanden, die für den Betrieb auf dem Rollfeld zuständig sind und ohne die sich kein Flugzeug bewegen kann, führten zu einer maximalen Blockadekraft. Ausschlaggebend für den Erfolg der Mobilisierung waren auch der Kampfgeist und die Solidarität der Kolleginnen und Kollegen. Sie riefen mit ihrem Streik in Erinnerung, dass ohne das Personal im Luftverkehr nichts geht. Ohne die Mitarbeitenden müssten die Manager und Aktionäre die 800 Milliarden Franken an Einnahmen, die die Branche jährlich weltweit erwirtschaftet, abschreiben.

Yves Sancey
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