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Sektionskonferenz St. Gallen

Zurück zur Normalität?

Die fünfte und letzte Sektionskonferenz des SEV im 2022 fand am 24. Februar statt. Zum ersten und vielleicht letzten Mal trafen sich die Sektionen der Ostschweiz online statt in St. Gallen. Rund zwanzig Vertreter und Vertreterinnen der Sektionen tauschten sich miteinander aus.

Voraussichtlich zum letzten Mal begrüsste der scheidende SEV-Präsident Giorgio Tuti die SEV-Mitglieder an einer Sektionskonferenz. An der St. Galler Sektionskonferenz ging es zuerst darum zu zeigen, was den SEV im Jahr 2022 bewegen wird (für Details siehe auch Artikel über die Sektionskonferenzen Bern und Zürich in der SEV-Zeitung 2/22).

Wichtig für 2022 sind Themen der Renten- und Sozialpolitik, darunter die Referenden gegen die AHV-Revision und die Abschaffung der Verrechnungssteuer, die Abstimmung zur 13. AHV-Rente sowie die Lancierung der Kita-Initiative und einer neuen Renteninitiative: Der Schweizerische Gewerkschaftsbund will in Kürze die SNB-Initiative lancieren, die fordert, dass Gewinne der Schweizerischen Nationalbank in die Finanzierung der AHV fliessen sollen. Eine ähnliche Initiative, die aber viel weniger weit fortgeschritten ist, ist auch von der SVP geplant. Auf die Frage, ob das Sinn mache, antwortete Giorgio Tuti augenzwinkernd: «Wenn die SVP für uns Unterschriften sammeln will, darf sie das selbstverständlich tun.»

Service public statt Privatisierung

Verkehrspolitische Weichen sollen am SEV-Kongress am 27. Oktober gestellt werden. Unter anderem geht es darum, den öffentlichen Verkehr auch in Zukunft als Service public zu stärken. Zudem muss sowohl national als auch international alles getan werden, damit die Politik den öffentlichen Verkehr als die Lösung im Kampf gegen den Klimawandel anerkennt. Das wiederum soll zur Konsequenz haben, dass dem Verkehrspersonal gute Arbeitsbedingungen geboten werden. Ein besonderes Augenmerk erhält die Förderung von Frauen im Eisenbahnsektor mit der Umsetzung des europäischen «Women in Rail»-Abkommens, das im November 2021 unterzeichnet wurde.

Bei den Wortmeldungen der verschiedenen Sektionen ging es – wie auch schon an den Konferenzen in Zürich und Bern – um die Folgen der Pandemie für Mitgliederwerbeaktionen. Die Hoffnung ist gross, dass mit dem Ende der Corona-Massnahmen wieder vermehrt Besuche in der Fläche möglich sein werden. Budgets für besondere Aktionen sind vorhanden, da sie während der Pandemie nicht eingesetzt werden konnten. Der Mitgliederschwund in einzelnen Sektionen ist ein weiteres Thema, das zur Diskussion steht. Auf ein Problem weisen verschiedene SBB-Sektionen hin: Weil die SBB vermehrt Dienstleistungen an Drittfirmen auslagert, ist es schwieriger geworden, neue Mitglieder für die Gewerkschaft zu werben, weil man schlechter an das Personal dieser Unternehmen herankommt.

Stabil und sogar leicht steigend sind die Mitgliederzahlen in den ZPV-Sektionen in Graubünden. Dort engagieren sich vermehrt junge Gewerkschaftsmitglieder. Andernorts wird diskutiert, ob Sektionen zusammengelegt werden sollen, weil Nachwuchs fehlt. Das Zusammenlegen von Sektionen birgt aber auch Gefahren, finden verschiedene Teilnehmer der Sektionskonferenz: Je grösser das Einzugsgebiet einer Sektion wird, desto mehr kann der lokale Bezug verloren gehen.

Das Gewerkschaftsjahr 2022

Am Schluss der Sektionskonferenz weist Gewerkschaftssekretär Claude Meier auf verschiedene Aktivitäten hin, unter anderem auf diverse besondere 1. Mai-Feiern: In St. Gallen findet der 1. Mai bereits am 30. April statt, und im Thurgau soll es je nach epidemiologischer Lage eine landesgrenzüberschreitende Feier zwischen Kreuzlingen und Konstanz geben. Zu guter Letzt weist Lucie Waser auf die Aktivitäten der Frauenkommission hin und wirbt für spezielle Bildungsangebote, die junge engagierte Gewerkschafter:innen ansprechen sollen. Das ist zum Beispiel die modular aufgebaute Ausbildung «Aktiv in meiner Gewerkschaft, in Sektion und Vorstand». Sollte die Rückkehr zur Normalität nach der Corona-Krise gelingen, könnte das auch die Arbeit in den Sektionen des SEV positiv beflügeln.

Michael Spahr
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Bellinzona und Lausanne

An der Sektionskonferenz in Bellinzona waren die geplanten Abgänge ein grosses Thema. Viele bedauerten den Rücktritt von Giorgio Tuti, der immer ein offenes Ohr für die italienischsprachige Schweiz gehabt hat. Zudem gehen Françoise Gehring und Patrizia Pellandini Minotti dieses Jahr in den Ruhestand. Eine grosse Herausfoderung sind auch im Tessin Privatisierungstendenzen bei Verkehrsunternehmen, die zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedinungen führen könnten. In Lausanne bewegten die Worte des SGB-Präsidenten Pierre-Yves Maillard die Teilnehmer:innen der Sektionskonferenz der Romandie. Er sagte, man befinde sich im «Kampf des Jahrzehnts» bei der Rentenfrage. Die Rechte habe einen beispiellosen Angriff auf die Renten gestartet, den die Gewerkschaften nun abwehren müssen.