Nach der Mobbing-Untersuchung
SEV-TPG bleibt skeptisch
Die Resultate der externen Untersuchung zu den Mobbing-Vorwürfen von Mitarbeitenden der Genfer Verkehrsbetriebe (TPG) gegen Vorgesetzte und die daraus abgeleiteten Massnahmen werden vom SEV vorsichtig beurteilt. Er bezweifelt, dass sie die Probleme lösen, denn sie stellen die Art der Führung nicht in Frage.
Am 26. April kündigten Verwaltungsrat und Direktion Massnahmen zur Wiederherstellung des Vertrauens ins Unternehmen an, darunter die Reorganisation der HR-Abteilung und die Erneuerung deren Leitung. Die ehemalige HR-Chefin wird also zum Ausgang geleitet, d. h. entlassen. Diese Ankündigungen kommen nach einer schweren internen Krise und einer dreimonatigen externen Untersuchung, nachdem sich etwa zwanzig TPG-Mitarbeitende bei der kantonalen Aufsicht über die Arbeitsbeziehungen (Ocirt) über zwei Vorgesetzte mit «tyrannischem und cholerischem» Verhalten beschwert hatten (siehe SEV-Zeitung Nr. 17/2020).
In den Interviews, die von der Arbeitsrechtsanwältin Christine Sattiva Spring geführt wurden, kamen alle rund 70 Mitarbeitenden der betroffenen Einheiten, d. h. der Personalabteilung und der drei Einheiten für Marketing, Vertrieb und Kommunikation (MVC) zu Wort. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es schwierig, den Bericht zu kommentieren, da er vertraulich bleibt und weil die Leitung den SEV nicht informiert hat.
Die daraus abgeleiteten Massnahmen bei MVC – es handelt sich vor allem um Coaching und Mediation – beurteilt der Vorstand der Sektion SEV-TPG vorsichtig-skeptisch, ebenso die neu eingesetzten Kader. «Als Zeichen der Besänftigung und des Veränderungswillens hätten wir uns Führungspersonen gewünscht, die einen tadellosen Leistungsausweis haben und deren Verhalten gegenüber den Mitarbeitenden nicht schon in Frage gestellt wurde», sagt SEV-Gewerkschaftssekretärin Valérie Solano. «Die Massnahmen dürfen die konkrete Arbeit, d. h. die Arbeitsbelastung, die Arbeitsintensität und die Zeitvorgaben nicht beiseite lassen.»
Indem die Leitung auf zwischenmenschliche Probleme fokussiert und zur deren Lösung externe Mediator/innen beizieht, blendet sie die kollektive Konfliktdimension und die wirklichen Probleme aus, nämlich die Art der Führung und das Tempo von Veränderungen wie der Digitalisierung. Die Leitung hätte die Krise als Chance nutzen sollen, um einen Kurswechsel zu verkünden: Dass sie sich von einer schlechten Kopie privatwirtschaftlicher Methoden mit unrealistischen Zielen und Terminen und arbiträren Mitarbeiterevaluationen lossagt. In einem Service-public-Unternehmen entsteht Motivation durch Anerkennung, gute Arbeitsbedingungen und Anhörung des Personals bei der Zielfestlegung. Und nicht durch Fixierung auf die Leistung, die oft als einziges Evaluationskriterium genommen wurde, auch wenn sie etwa bei Busfahrern nur schwer messbar ist. So werden Beurteilungen willkürlich und dienen mehr zum Disziplinieren als zum Motivieren.
«Der SEV wird sich für die Kolleg/innen weiterhin einsetzen», verspricht Valérie Solano. «Der Dialog, von dem die Leitung redet, wird nur möglich sein, wenn die Sozialpartner voll in den Wiederaufbauprozess einbezogen werden.»
Yves Sancey / Übers. Markus Fischer
Stoppt die Privatisierung!
Die TPG informierten die Sozialpartner am 18. März über die Absicht, den Reifensektor auszulagern, wobei die Stellen der jetzigen Mitarbeitenden erhalten bleiben sollen. Diesen Punkt begrüssen SEV und Transfair zwar, rufen aber alle Mitarbeitenden auf, sich dieser Privatisierung zu widersetzen und die Petition dagegen zu unterzeichnen. Denn damit würden nicht nur Arbeitsplätze verlorengehen, sondern auch die Kontrolle über Arbeiten, die aus Sicherheitsgründen intern erledigt werden müssen.