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Service-public-Gewerkschaften SEV, Syndicom und VPOD gemeinsam gegen die Initiative

Initiative gefährdet integrierte Bahn – und vieles mehr

Ein wesentliches Element des Erfolgs der Bahnen in der Schweiz ist dasPrinzip der integrierten Bahn: Ein Unternehmen ist zuständig für Infrastruktur und Betrieb, und zwar für Regional- und Fernverkehr und für die Güter gleich auch noch. Liberalen Kreisen ist das längst ein Dorn im Auge, und dieService-public-Initiative würde ihnen in die Hand spielen.

Auch wenn sich die Chefs der Schweizer Bahnen selbst gerne als Unternehmer sehen, sind sie es nicht. Oder mit den Worten von Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamts für Verkehr: Sie seien keine Unternehmer, sondern sie würden lediglich mit Steuergeldern «Unternehmerlis spielen». Allerdings lassen sich einige von ihnen dafür unverschämt hoch bezahlen, was durchaus ein Grund sein könnte, der Service-public-Initiative zustimmen zu wollen.

Das Gesagte und das Gedruckte

Nur: Weder der Ärger über die Cheflöhne noch jener über verpasste Anschlüsse oder geschlossene Bahnhöfe reichen aus, um die wirklich schwer- wiegenden Auswirkungen eines Ja in Kauf nehmen zu können.

Ob nun das Verbot der Quersubventionierungen oder jenes der Gewinne für den öffentlichen Verkehr zum Tragen kommt: Quersubventionierungen auf der Basis der Gewinne rentabler Unternehmensteile sind gerade bei den Bahnen lebenswichtig. Volle Intercity-Züge auf der Achse St.Gallen– Zürich–Bern–Lausanne–Genf bringen das Geld, das die SBB braucht, um auch nachts um 23Uhr noch mit einem Regionalzug in die äussersten Zipfel des Landes zu fahren. Und die ebenfalls recht umstrittenen Immobiliengeschäfte der SBB bringen das Geld, um den Nachholbedarf beim Schienenunterhalt der Infrastruktur-Division zu finanzieren.

Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit: Sowohl beim Regionalverkehr als auch bei der Infrastruktur leisten die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einen beträchtlichen Anteil an die ungedeckten Kosten.

Grosser Druck zum Privatisieren

Wenn nun aus dem Fernverkehr keine Gewinne mehr fliessen, werden die Verluste im Regionalverkehr massiv höher. Die Folge: Um die gleichen Leistungen weiterhin erbringen zu können, müsste der Bund deutlich mehr Geld einschiessen. Das will er allerdings nicht, ganz im Gegenteil: Er hat bereits angekündigt, dass er seinen Anteil beim regionalen Personenverkehr reduzieren will, und es ist abzusehen, dass damit Einschnitte beim Fahrplan folgen werden. SEV-Präsident Giorgio Tuti warnt: «Ohne Quersubventionierungen sind beträchtliche Teile des Regionalverkehrs gefährdet; der öffent- liche Druck auf die Anstellungsbedingungen wäre gross.»

Schlecht fürs Personal

Ohne Quersubventionierungen aus Gewinnen wäre die Aufspaltung der SBB eine Frage der Zeit, und die Idee aus Wirtschaftskreisen, den Fernverkehr (und die Immobilien!) privat und gewinnbringend zu betreiben, hätte Aufwind. Die Folge fürs Personal wäre dieselbe: Die Sicherung der Arbeitsbedingungen durch den heutigen, guten, über Jahre erkämpf- ten und verteidigten Gesamtarbeitsvertrag ginge verloren.

Die Umsetzung der Initiative würde also erst dazu führen, dass mit der Bahn echte Gewinne gemacht werden könnten. Denn die ausgewiesenen Gewinne der SBB (für 2015 246 Millionen Franken) – wie auch der Berner Staatsbahn BLS (3,7 Millionen Franken) und der Bündner Staatsbahn RhB (136000 Franken) – sind nur Schein. Die Erträge, die diese ermöglichen, kommen zu einem bedeutenden Teil direkt aus der Staats- und der Bundeskasse. Die Abgeltungen für den Regionalen Personenverkehr und die Infrastruktur machen sie erst möglich.

Wachsende Schuldenberge

Es kommt hinzu, dass die Gewinne bei Weitem nicht ausreichen, um die Investitionen zu finanzieren. Ganz besonders bei der SBB: Deren Schulden sind letztes Jahr erneut um eine halbe Milliarde gestiegen; sie liegen inzwischen mit 8,2 Milliarden Franken so hoch, dass gar der Bundesrat in seinem Bericht über die staatsnahen Unternehmen diesen Zustand kritisiert.

Dennoch will niemand zurück in Zeiten, die in diesem Zusammenhang nur alt, aber keineswegs gut waren: In den 90er- Jahren schrieb die SBB Defizite von mehreren hundert Millionen Franken, die regelmässig vom Bund ausgeglichen werden mussten. Dies führte dazu, dass in gewissen Kreisen die Idee einer vollständigen Privatisierung aufkam.

Mit einer Rosskur wurde die SBB auf ein solides Fundament gestellt, das es erlaubte, die integrierte Bahn weiterzuführen. Der Preis dafür war hoch: Über 10000 Stellen wurden abgebaut, der Güterverkehr ausgedünnt und die Automatisierung der Bahnhöfe vorangetrieben – mit der Auswirkung, dass Schalter geschlossen wurden, Geisterbahnhöfe entstanden und die Servicequalität abnahm.

Dies war der Nährboden für die Initiative, über die nun abgestimmt wird. Es wäre aber ein Irrtum zu glauben, ein Ja würde Altvertrautes zurückbringen; im Gegenteil: Der nächste Radikalschnitt beim öffentlichen Verkehr würde damit eingeläutet.

Peter Moor

Ein Angriff auf den Kern

Zwar bezieht sich die trügerische Initiative «Pro Service public» direkt lediglich auf die Betriebe des Bundes. Aber ein derartiger Verfassungsartikel würde auch auf die kantonale, regionale und kommunale Ebene ausstrahlen. Und dort nichts Gutes bewirken.

«Die Initianten tun so, als ob die öffentlichen Verkehrs-, Logistik- und Kommunikationsunternehmen in der Schweiz längst privatisiert wären, als ob hier, wie etwa in England, unanständige Manager sich durch Ausdünnung, Qualitätsabbau und Vernachlässigung der Infrastruktur eine goldene Nase verdienten», sagt Kurt Altenburger, VPOD-Zentralsekretär mit dem Dossier Nahverkehr. Dieses Bild ist verkehrt. Gerade der öffentliche Verkehr ist zuletzt an vielen Orten stark ausgebaut worden, beispielsweise punkto Taktdichte und Nachtlinien. Und noch immer handelt es sich dabei um öffentlichen Verkehr in dem Sinn, dass die öffentliche Hand als Bestellerin auftritt und definiert, wo sie welche Leistung haben will. Die Verkehrsunternehmungen sagen ihr, zu welchem Preis sie das Gewünschte bereitstellen können.

Schlecht formuliert …
Natürlich: Die Forderung nach Absenkung der Spitzenlöhne ist populär und auch nicht grundsätzlich verkehrt. Dieser Punkt fände durchaus die Zustimmung des VPOD – wenn er denn in der Initiative stünde … Dort ist allerdings nicht von den Löhnen der CEO die Rede, die diejenigen der Bundesräte nicht übersteigen dürfen. Sondern von den «Löhnen und Honoraren der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter», die nicht über Bundesniveau liegen dürfen. Sollte also in einem GAV mehr Lohnerhöhung ausgehandelt werden, als das entsprechende Parlament seiner Verwaltung zubilligt, so ist dieses Plus verloren. Dumm gelaufen! Denn bei einer Initiative gilt bekanntlich nicht das, was das Komitee behauptet. Sondern das, was drinsteht.
Richtig ist, dass die Initiative direkt lediglich die Bundesbetriebe anspricht. Es ist aber nicht nur die Solidarität mit SEV und Syndicom, die den VPOD aufscheucht. Wenn nämlich der Bund solche Grundsätze in die Verfassung aufnimmt, dauert es in der Regel nicht lange, bis auch Kantone und Gemeinden nachziehen. Und da lauert erst recht Gefahr! Nicht nur, weil zwar von Service public geredet wird, aber zur Qualität desselben kein Wort verloren wird. Sondern auch, weil die Verbote von «Gewinn» und von «Quersubventionierung» ebenso schief in der regionalen Landschaft stehen, wie sie es auf nationaler Ebene tun.
Das von der Initiative postulierte «Gewinnverbot» mag gut gemeint sein, schlägt aber Lichtjahre neben dem Ziel ein. Natürlich: Privater Profit aus öffentlichem Geld soll ausgeschlossen sein. Das ist im öffentlichen Verkehr der Schweiz aber tatsächlich bereits so geregelt. Dieses Verbot einer Gewinnausschüttung an private Aktionäre von subventionierten Linien gilt es zu verteidigen. Dass die Bestimmung funktioniert, belegt die Tatsache, dass die internationalen Verkehrsmultis bisher die Finger vom Schweizer Nahverkehr gelassen haben, während sie sich in den Nachbarländern reihenweise Metros, S-Bahnen und Busverkehre unter den Nagel gerissen haben.

Politisch gewollt
Faktisch gibt es da keinen «Gewinn», sondern allenfalls temporäre Überschüsse, die zweckgebunden bleiben. Genauso falsch ist der von der Initiative verlangte Verzicht auf «Quersubventionierung». Nicht nur, dass Quersubventionierung auch auf der freien Wildbahn der Marktwirtschaft auftritt (man denke nur an billige Kaffeemaschinen, die durch teure Kaffeekapseln subventioniert sind). Sondern: Quersubventionierung ist der Kern der öffentlichen Dienstleistung. Ob SBB oder Nahverkehrsunternehmung – gewinnbringend lassen sich stets nur sehr wenige Strecken betreiben – und auch die meist nur zu bestimmten Tageszeiten. Kurt Altenburger nennt ein Beispiel aus seinem Wohnort, in dem er Gemeinderat ist: «Der Bus, der neuerdings noch bis nach Mitternacht vom Bahnhof Rafz ins Pflegeheim Peteracker fährt, ist eine kostspielige Dienstleistung – aber eine politisch gewollte. Wer die dahinterstehenden Mischrechnungen angreift, gefährdet das gesamte Angebot.»
Christoph Schlatter, VPOD

 

Kommentare

  • Turin Michel

    Turin Michel 13/05/2016 13:24:43

    Bonjour,
    J'ai de la peine à vous suivre... J'ai le sentiment que vous vous êtes emparés du sujet, que vous n'avez pas bien lu "les consignes" et que vous réinterprétez faussement le texte de l'initiative. Pour moi, en le lisant, je le soutiens et voterai OUI.

    Vous dites : L’initiative menace le chemin de fer intégré - entre autres… Pas d’accord, l’initiative n’empêche nulle part les bénéfices. Elle exige, en revanche, qu’ils ne soient pas réinvestis dans autre chose que le maintien, l’amélioration et le développement des prestations de l’entreprise qui les a dégagés, et ce à des prix raisonnables. Elle n’interdit donc pas que tel secteur bénéficiaire compense tel autre qui ne l’est pas (par exemple que le secteur immobilier des CFF subventionne l'entretien du réseau ferroviaire), mais exige que ce genre de subventionnement croisé se limite au sein de la même entreprise.

    Sur la dette: 8,2 milliard. Pourquoi les environ 300 millions de bénéfice annuel ne servent-ils pas à diminuer la dette? Depuis 2006, nous aurions remboursé 2,8 milliard.

    Sur les salaires: Il y a ceux qui sont soumis à la CCT et les autres ! Le salaire du directeur des CFF a subi une hausse de 247,2% depuis 1996, et c’est lui qui est visé, alors que ceux de la base n’ont reçu qu’une hausse de 8,9% depuis 1996! En comparaison, durant la période 1996-2015, l'inflation a été de 10,2%. Du coup, les salaires normaux ont diminué!!! Et celui du directeur augmenté de 237%... Et en moindre mesure comme ceux engagés selon le code des obligations…

    Et ce qui me fait mal au CFF, c'est le nombre de réorganisation depuis 1999. Un patron aurait fait faillite depuis longtemps. A force de jouer avec son entreprise, il se plantera et aura tout perdu. Avec un directeur, il touche un salaire, fait le bazar qui fait perdre de l'argent à l'entreprise. Il se fait renvoyer et touche un parachute doré ( Swissair, UBS, les exemples sont nombreux...) Loin de moi l’idée que Monsieur Meyer fait un mauvais travail, mais dans ce qui me touche, combien de déménagements…,combien de réorganisations au sein d’Infrastructure depuis 1999… Et de directeurs d’Infra ! J’arrive même plus à me rappeler de tous les noms. La même chose pour la formation. Combien de structure avec des idées révolutionnaires ont vu le jour… Avec chaque fois le changement de directeur, de structure, de baisse de salaire pour les formateurs. Tout cela a un coût ! Et là, Monsieur Meyer a une responsabilité et il devrait mettre la pression sur ses supers cadres aux idées brillantes pour qu’elles aboutissent, et devrait les sanctionner en cas d’échec…

    J'admets m'être un peu égaré. Mais nous sommes un service publique. Si nous générons un bénéfice, il doit être réinvesti pour le bien commun- l'infrastructure-diminution du prix du billets- un salaire correct pour les artisans et non avec des bonus pour les dirigeants ou en impôt déguisé pour la confédération.

    Comme le souligne le site des initiants, on vous avait connu plus audacieux pour soutenir vos propres projets...

  • vbologna

    vbologna 19/05/2016 15:26:16

    Le SEV l'a toujours dit: la situation actuelle n'est pas optimale et il soutient certains des points de vue des initiants. Le hic? et il est de taille: c'est que l'initiative ne dit rien de ce qu'elle vise pour la qualité des services publics. Pire: elle donne au Parlement la compétence de déterminer le futur service public, par le biais de la loi d'application. Et vu sa composition, il y a fort à parier que le résultat sera pire qu'aujourd'hui.
    Les initiants n'arrêtent pas de dire que ce sont les salaires des managers qui sont concernés. Le problème: c'est qu'on a beau retourner le texte de l'initiative dans tous les sens, rien n'est formulé dans ce sens. Ainsi, tous le personnel des services publics est susceptible de perdre des plumes en fonction des salaires pratiqués dans l'Administration fédérale pour des emplois similaires.
    En conclusion: les initiants posent des bonnes questions mais apportent les mauvaises réponses. Le mauvais remède. Pire que le mal.