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Die Unterschriftensammlung gegen die 2. Gotthardröhre läuft

Unterschreiben gegen den Gotthard-Wahnsinn

National- und Ständerat haben sich für den Bau eines zweiten Strassentunnels durch den Gotthard entschieden. Für Umwelt- und Verkehrsorganisationen ist dieser Entscheid untragbar, weshalb sie das Referendum ergreifen. Mit dabei ist der SEV, der sich seit Jahrzehnten für die Verkehrsverlagerung auf die Schiene einsetzt.

Genau 20 Jahre nach der Annahme der Alpen-Initiative geht es wieder um den Verkehr am Gotthard. Grund oder auch Vorwand dafür ist der Umstand, dass der Autobahntunnel saniert werden muss. Bundesrat und eidgenössische Räte sind der Meinung, das gehe am besten mit dem Bau eines neuen Tunnels, der zweispurig im Gegenverkehr befahren werden soll, solange im andern Loch saniert wird. Danach würden beide Röhren je einspurig befahren. Damit sei der Alpenschutz-Artikel nicht verletzt, weil die Verkehrskapazität nicht erweitert werde.

Bundesrätliches Falschspiel

Doch wer wird sich in zwanzig Jahren, wenn der Tunnel gebaut, das Geld ausgegeben und die alte Röhre saniert ist, noch an dieses Versprechen erinnern? Wenn die Autos sich vor dem ausgebauten Tunnel stauen, weil nur zwei Spuren befahren werden dürfen, wird die Forderung nach der Öffnung auf vier Spuren schnell kommen. Gesetz und Verfassung lassen sich schnell ändern. Zudem werden schon heute Gesetz und Verfassung nicht beachtet, indem das Verlagerungsziel missachtet und laufend abgeschwächt wird.

Millionen verlochen

Nach Berechnungen der Alpen-Initiative kosten die Sanierung des Gotthardtunnels und der Bau einer 2. Röhre drei Milliarden Franken mehr als die Sanierung mit einem provisorischen Auto- und Lastwagenverlad. Gemäss Bundesrat kostet eine zweite Röhre gut 2 Milliarden Franken. Dazu kommt die Sanierung des heutigen Tunnels von etwa 800 Millionen Franken.

Nicht gerechnet hat der Bundesrat aber die Folgekosten. Betrieb und Unterhalt der zweiten Röhre werden jährlich 25 bis 40 Millionen Franken verschlingen, bis zur nächsten Sanierung nach weiteren 40 Jahren also 1 bis 1,6 Milliarden Franken. Zählt man dies dazu und berücksichtigt, dass man von den Lastwagen beim Schienenverlad einen kostendeckenden Preis verlangen kann, so ist die zweite Röhre unter dem Strich rund 3 Milliarden Franken teurer als die Verladelösung.

Investieren am falschen Ort

Die Steuermilliarden, die am Gotthard verlocht werden, fehlen in anderen Landesteilen, wo deutlich grössere Verkehrsprobleme herrschen. Hunderttausende Pendler stehen täglich im Stau. Kommt die zweite Gotthardröhre, reicht das Geld aber nicht, diese wahren Engpässe zu beseitigen. Denn auch das Geld der Strassenkasse kann nur einmal ausgegeben werden. Das Parlament bestimmt jährlich im Budget, wie viel Geld aus dem Strassentopf (Mineralölsteuer und Autobahnvignette) für Agglomerations-Vorhaben zur Verfügung stehen soll. Mit der Umsetzung der vorhandenen Aggloprojekte liesse sich der tägliche Arbeitsverkehr rund um die Zentren von St. Gallen über Zürich bis Genf und von Basel über Luzern bis Chiasso erleichtern, statt das Geld am Gotthard zu verlochen, wo die Verkehrsspitzen nur zu Ferienzeiten und an einigen Wochenenden erreicht werden.

Verlagerung sabotiert

Das Schweizer Volk hat 1994 den Bund beauftragt, die Menschen in den Alpentälern vor dem Strassen-Transitverkehr zu schützen. Dafür wurden Milliarden in die neuen Neat-Eisenbahntunnels am Lötschberg und Gotthard investiert.

Eine zweite Strassenröhre würde die Schweizer Verlagerungspolitik unglaubwürdig machen und sie sabotieren. Mit dem Verzicht auf eine zweite Röhre hingegen könnte die Schweiz beweisen, dass sie die EU-Transporte durch die Schweiz auf der Bahn abwickeln kann – wie dies das Schweizer Volk seit zwanzig Jahren fordert. Das würde dem Bundesrat in den vom Parlament geforderten Verhandlungen über die Einführung einer Alpentransitbörse den Rücken stärken.

Tessin abgeschnitten?

Der Gotthardtunnel ist in einem derart schlechten Zustand, dass er schon vor der Eröffnung einer 2. Röhre notdürftig saniert werden müsste. Denn diese würde frühestens 2027 fertig. Damit bis dahin die alte Röhre sicher betrieben werden kann, müsste eine provisorische Sanierung vorgenommen werden. Diese bedingt gemäss Bundesrat eine Totalsperre des Tunnels für viereinhalb Monate (140 Tage). Während dieser Zeit würden keine Alternativen auf der Schiene zur Verfügung stehen. Autos und Lastwagen erreichen das Tessin nur über lange Umwege.

Beim Verzicht auf die zweite Röhre beginnt die Sanierung früher, und dem Strassenverkehr wird mit einem modernen Auto- und Lastwagenverlad ein vollwertiger Ersatz geboten. Mit einem Autoverlad zwischen Göschenen und Airolo und einer Rollenden Landstrasse für Lastwagen durch den Basistunnel kann die Verbindung zum Tessin für Personenwagen und Lastwagen jederzeit sichergestellt werden – auch für Strassenfahrzeuge.

pmo