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Neuer Firmen-Gesamtarbeitsvertrag für die Rhätische Bahn

Ein Ja ohne Begeisterung

Die Gesamtversammlung SEV RhB hat dem erneuerten Firmen-GAV mit der Rhätischen Bahn zugestimmt. Die kritischen Voten überwogen jedoch. Die RhB-Spitze ist gefordert, die Skeptiker zu beruhigen.

Intensive Diskussionen und kritische Fragen an der Gesamtversammlung SEV RhB.

Am Schluss war das Ja zum neuen FAV RhB doch deutlicher als erwartet: Bei 6 Neinstimmen und 6 Enthaltungen sprachen sich letzten Samstag 44 Anwesende für das Gesamtpaket aus, das in über 10 Verhandlungsrunden hart erkämpft wurde.

«Mehr liegt nicht drin»

Die sechsköpfige Verhandlungsdelegation hatte sich davor für eine Annahme ausgesprochen. «Mehr liegt im Moment schlicht nicht drin», meinte etwa deren Mitglied Patrick Cavelti. Aus der Versammlungsmitte wurde denn auch heftige Kritik an der RhB-Spitze, namentlich am Verwaltungsrat der RhB geübt. Dieser beachte die Mitarbeitenden nur als Kostenfaktor, wurde etwa moniert.

Der Tatbeweis steht noch aus

Die FAV-Verhandlungen bei der RhB waren ein Geknorze. Erstmalig in seiner Geschichte musste der SEV einen bestehenden FAV kündigen, um die Gegenseite an den Verhandlungstisch zu zwingen. Kurz vor Weihnachten 2011 waren der vertragslose Zustand und Kampfmassnahmen des SEV zum Greifen nahe. Insbesondere der Verwaltungsrat der RhB, des drittgrössten Bahnunternehmens der Schweiz, hat hoch gepokert. Er hat in den Augen vieler Mitarbeitenden viel Goodwill und Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt. Um junge, motivierte Mitarbeitende zu bekommen und zu behalten, braucht es mehr als lobende Worte und schöne Bilder von Paradezügen. Es braucht Verständnis für den Arbeitsalltag und Perspektiven für die Sicherung der Kaufkraft. Und vor allem: Wertschätzung. Daran wird sich die Umsetzung des neuen Vertragswerks und die anstehende Funktionsbewertung messen lassen müssen.

Peter Peyer, Gewerkschaftssekretär

Viele kritische Fragen musste auch RhB-Direktor Hans Amacker beantworten. Insbesondere die Lohnperspektiven für jüngere Mitarbeitende betrachteten viele Anwesende mit Argwohn. «Das neue Lohnsystem ist transparent und finanzierbar », hielt Amacker fest. Und er versprach: «Die RhB muss keine Dividende an Aktionäre bezahlen. Sie wird deshalb auch in Zukunft in ihre Mitarbeitenden investieren. Dafür werde ich mich einsetzen.»

Hartnäckig geblieben

SEV-Vizepräsidentin Barbara Spalinger lobte die Verhandlungsdelegation. Diese habe «in einer sehr schwierigen Ausgangslage mit sehr viel Geduld und Hartnäckigkeit wirklich das Optimum erreicht ». Denn die RhB-Spitze sei mit dem Ziel «maximale Flexibilität bei minimalster Verbindlichkeit» in die Verhandlungen gestiegen.

Ein Kränzchen wurde aber auch den Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern für die trotz aller Kritik hochstehende Diskussion gewunden. «Wir haben unsere Verantwortung wahrgenommen, auch wenn wir nicht happy sind mit diesem Vertrag », brachte Lokführer Marco Berger die Haltung der befürwortenden Mehrheit abschliessend auf den Punkt.

PP

Die wichtigsten Neuerungen im RhB-Vertrag

Neue Salärbänder: Die Minimallöhne werden um 7 bis 12 Prozent angehoben. Löhne unter dem neuen Minimum werden auf den 1. April 2012 erhöht. Die Maximallöhne werden um 2 bis 5 Prozent gesenkt. Es gilt ein Besitzstand von 5000 Franken. Die Rückführung erfolgt auf den 1. April 2013.

Lohnspektrum: Der Laufdauer vom Anfangslohn zum Endlohn sind 25 Jahre hinterlegt. Nach 6, 14 und 24 Jahren sollte jeweils eine Lohnspanne von 15 Prozent überschritten sein. Diese steht in Abhängigkeit zur wirtschaftlichen Situation der RhB und zur Entwicklung der Lebenshaltungskosten. Die Lohnentwicklung wird jährlich verhandelt.

Lohnverteilung: Die Lohnkurve steigt nicht mehr linear, sondern zuerst steiler und flacht gegen Ende der Berufskarriere ab. Von der jährlich ausgehandelten Lohnsummensteigerung werden den einzelnen Mitarbeitenden (bei einer C-Beurteilung) 4, 3 oder 2 Lohnanteile zugeschieden, abhängig davon, wie weit sie im Lohnspektrum schon fortgeschritten sind.

Mitarbeiterbeurteilung: Das neue System beruht auf einer Skala von E bis A. Die Kriterienkataloge für das Mitarbeitergespräch werden überarbeitet.

Arbeitszeitregelungen: Die Planung der Arbeitszeit basiert nach wie vor auf 115 anzustrebenden arbeitsfreien Tagen. Neu ist für alle Tourenberufe eine Jahreseinteilung zu erstellen. Weniger als 104 arbeitsfreie Tage dürfen nicht eingeteilt werden.

Weitere Vertragsänderungen: Zusätzlich aufgenommen werden ein Vaterschaftsurlaub von 5 Tagen, eine Regelung zum Schutz von Mitarbeitenden mit gewerkschaftlichen Funktionen und Peko-Mitgliedern sowie eine Erhöhung der Pikettentschädigung bei kurzen Interventionszeiten.

Laufdauer: Der erneuerte FAV tritt am 1. April 2012 in Kraft und ist erstmals auf den 31. März 2015 kündbar.

Lohnerhöhung per April 2012: Die Gesamtlohnsumme wird um 1 Prozent erhöht. Die individuelle Verteilung erfolgt nach neuem System. Mitarbeitende mit einer Beurteilung B (nach bisherigem System 5.4 und höher) erhalten eine Einmalzahlung von 500 Franken.

Eine Zusammenstellung der neuen Vertragsinhalte und des neuen Salärsystems ist auf dem Intranet der RhB aufgeschaltet.