MOB GoldenPass will Mindestlöhne nicht einhalten
SEV klagt gegen MOB
Gewerkschaftlich, politisch und juristisch wird der SEV dafür kämpfen, dass die MOB GoldenPass den Rahmenvertrag einhält, der für den öffentlichen Verkehr im Kanton Waadt gilt. Das Unternehmen ist aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten, weil es die festgelegten Mindestlöhne nicht zahlen will. Unglaublich, aber wahr: Ausgerechnet GoldenPass-Direktor Richard Kummrow wird (heute Donnerstag) zum neuen Präsidenten der Arbeitgeberorganisation VöV gewählt.
Vom Vorbild zum Schreckgespenst: ein halbes Jahr nach der Unterzeichnung des Rahmenvertrags für den öffentlichen Verkehr im Kanton Waadt gibt es darum bereits den ersten Streitfall. Der Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verband (SEV) klagt gegen MOB GoldenPass wegen dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband. MOB war zum Zeitpunkt der Erarbeitung des Rahmenvertrags Mitglied des Verbandes des öffentlichen Verkehrs im Kanton Waadt, doch als es darum ging, diesen im Unternehmen anzuwenden, stellte sich MOB quer: Sie war nicht bereit, die festgelegten Mindestlöhne in den eigenen Vertrag aufzunehmen. Dies hat der SEV nicht akzeptiert und die vollständige Einhaltung des Rahmenvertrags verlangt. In der Folge gab MOB den sofortigen Austritt aus dem Arbeitgeberverband bekannt. «Das verstösst gegen Treu und Glauben», erklärt SEV-Anwalt Jean-Michel Dolivo und verweist auf ein sinngemässes Bundesgerichtsurteil. Der SEV hat deshalb (gestern Mittwoch) beim Arbeitsgericht Waadt Ost eine Klage eingereicht, die sowohl den missbräuchlichen Austritt aus dem Arbeitgeberverband, als auch die Nichteinhaltung des Rahmenvertrags, insbesondere der Mindestlöhne, zum Thema hat.
«Kummrow als VöV-Präsident untragbar»
Das Verhalten der MOB GoldenPass gegenüber ihrem Personal ist nicht akzeptabel. Aus einem Arbeitgeberverband auszutreten, um den dort ausgehandelten Rahmenvertrag den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorzuenthalten, zeugt von einer schier unglaublichen Arroganz. Das Tüpfchen aufs i ist aber zweifellos die Wahl von Richard Kummrow zum Präsidenten des Verbandes des öffentlichen Verkehrs (VöV) an der Generalversammlung in Pontresina. «Es ist für einen Arbeitgeberverband schlichtweg unverantwortlich, einen Vertragsbrüchigen an die Spitze zu wählen», erklärt SEV-Vizepräsident Giorgio Tuti. «Wir haben den VöV lange vor der Wahl darauf hingewiesen, dass dies ein Schlag gegen die Sozialpartnerschaft ist, doch der VöV hat an der Kandidatur Kummrow festgehalten.» Der SEV hat deshalb davon abgesehen, eine Delegation an die Generalversammlung nach Pontresina zu schicken, wie dies bisher partnerschaftlich üblich war.
Rahmenverträge als Ziel
Der SEV betont, dass die Zukunft bei den Branchen-Rahmenverträgen liegt. Diese ersetzen Reglemente und Einzelvereinbarungen. Sie legen Arbeitsbedingungen fest, die für ganze Berufsgruppen oder Regionen gelten. Der Rahmenvertrags des öffentlichen Verkehrs im Kanton Waadt gilt als beispielhaft. Er ist am 23. März dieses Jahres unterzeichnet worden und umfasst neun Unternehmen des öffentlichen Verkehrs. Vergleichbare Werke bestehen für die Busunternehmen im Kanton Bern und im Kanton St. Gallen, wobei letzterer noch nicht unterzeichnet ist und durch die Ausschreibung für die Buslinien im Sarganserland ebenfalls unterlaufen wird. Ein Rahmenvertrag ist auch vorgesehen für die Normalspurbahnen der Schweiz. «Wir wehren uns kategorisch dagegen, dass der Konkurrenzkampf im öffentlichen Verkehr auf dem Buckel des Personals ausgetragen wird», betont SEV-Gewerkschaftssekretär Eric Levrat.