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Facility Management von SBB Immobilien

Compass zeigt in falsche Richtung

Das Projekt «Compass» im Facility Management von SBB Immobilien soll ab Herbst 2022 umgesetzt werden. Dank den Interventionen des SEV konnten negative Auswirkungen für das festangestellte Reinigungs- und Hauswartpersonal im Rahmen bleiben.

Patrick Kummer: «Wir kämpfen weiter gegen Outsourcing von Service-public-Dienstleistungen.»

SBB Immobilien will mit dem Projekt «Compass» Klarheit über den Einsatz der Temporärangestellten und damit über den Personalmix im Facility Management schaffen. Bei der Instandhaltung, Hauswartung und Reinigung der Bahnhöfe will die SBB nur noch 122 Bahnhöfe selbst unterhalten. Das sind laut ihren Angaben diejenigen, wo sich 80 % der Kundschaft bewegt. Bei den restlichen 640 Bahnhöfen sollen externe Unternehmen zum Zug kommen. Der SEV wehrt sich gegen Outsourcing-Projekte dieser Art.

Letzten Sommer unterschrieben 4000 SBB-Mitarbeitende eine Petition gegen die Privatisierung, weil damit bis zu 150 Temporärangestellte ihre Stelle verlieren könnten. Im Dezember 2021 stellte der SEV klare Forderungen auf: Verzicht auf das Outsourcing, Internalisierung der Temporärangestellten, um die Leistungen an allen Bahnhöfen selbst zu erbringen, bessere Abfederungsmassnahmen für interne Mitarbeitende und bessere Unterstützung für Temporäre, die vom Verlust ihrer Stelle betroffen sind. Mitte Dezember antwortete SBB Immobilien und lehnte den Abbruch des Outsourcings ab. Ab Herbst 2022 soll die erste Etappe der Auslagerung in der Westschweiz beginnen, 2023 folgen die Regionen Mitte und Ost. Immerhin war die SBB bereit, auf einzelne Forderungen des SEV einzugehen. Gewerkschaftssekretär Patrick Kummer erläutert im Interview die Ergebnisse.

Die Kundschaft profitiere weiterhin von einem hohen oder sogar von einem höheren Niveau des Betriebs und der Sauberkeit in Bahnhöfen, behauptet die SBB. Ist das so?

Patrick Kummer: Nein, im Gegenteil. Die Sauberkeit ist heute auf so hohem Niveau, weil sich die Mitarbeitenden mit der SBB identifizieren, ja, weil sie stolz und leidenschaftlich Teil der SBB sind. Diese Leidenschaft, die übrigens auch in der neuen SBB-Strategie verankert ist, fehlt bei Reinigungskräften von externen Unternehmen. Die SBB-internen Mitarbeitenden an Bahnhöfen dienen auch als Frühwarnsystem: Sie kennen die Bahnhöfe und merken sehr rasch, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Hinzu kommt, dass die externen Unternehmen oft unter einem grösseren Zeitdruck stehen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Das fördert kaum die Qualität.

SBB Immobilien behauptet, sie könne sich in Zukunft besser um die 122 meistgenutzten Bahnhöfe kümmern und werde zusätzlich 50 interne Stellen schaffen, auf die sich auch Temporärangestellte bewerben könnten. Ein gutes Zeichen?

Auch hier sind Zweifel angebracht. Diese Stellen werden nicht nur bei der Reinigung oder im technischen Facility Management entstehen. Jemand muss die externen Unternehmen ja betreuen. Dafür werden Stellen für Facility Manager geschaffen. Auf diese Stellen können sich viele vom Stellenverlust betroffene Temporäre nicht bewerben.

Immerhin sollen die bisherigen Angestellten keine Lohnverluste erleiden, und auch bei Einbussen wegen wegfallenden Regionalzulagen konnte der SEV etwas erreichen.

Ja, Einreihungen in tiefere Anforderungsniveaus wegen betriebsorganisatorischen Veränderungen werden gemäss GAV als Lohngarantie abgefedert. Wir forderten zudem bessere Abfederungsmassnahmen für Härtefälle. Einzelne Mitarbeitende, die wegen «Compass» einen längeren Arbeitsweg auf sich nehmen müssen und gleichzeitig wegen Arbeitsortswechseln die Regionalzulage verlieren, sollen nun während vier statt nur zwei Jahren eine Regionalzulagen-Garantie erhalten. Wir sind froh, hat sich SBB Immobilien zu diesem Schritt bereit erklärt.

Ebenfalls einen Erfolg verzeichnete der SEV bei der Frage der Unterstützungsmassnahmen für Temporärangestellte, die ihre Stelle verlieren. Wurde die Forderung, dass alle Unterstützung erhalten sollen, zum Beispiel durch ein Bewerbungscoaching, erfüllt?

Von solchen Unterstützungsmassnahmen sollen leider nicht alle Temporären profitieren können, aber immerhin all jene, die bereits zwei Jahre (seit August 2019) für die SBB gearbeitet haben. Ausserdem ist es grundsätzlich positiv, dass zumindest einige Temporärangestellte eine Festanstellung erhalten. Die einzig richtige Lösung ist für uns aber weiterhin, dass die SBB grundsätzlich auf das Outsourcing verzichtet, die Leistungen schweizweit an allen Bahnhöfen selbst erbringt und dafür Temporärangestellten eine Festanstellung anbietet. Es ist aus unserer Sicht falsch, öffentliche Gelder durch unnötige Auslagerungen an privatwirtschaftliche Unternehmen fliessen zu lassen und damit deren Gewinne und Dividenden mitzufinanzieren.

Michael Spahr
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Kommentare

  • Rokf Schenk

    Rokf Schenk 01/02/2022 19:49:16

    Mir scheint, das die SBB Führung ohne Compass ziellos herumeiert. Mich erinnern all die Auslagerungsgeschichten an die DB, die vor Jahren ihr bahneigenes Telefonnetz an eine private Telecomfirma verhökerte und dort für den eigenen Bedarf Leitungen mietete. Nach ein.paar Jahre stellte man fest, dass diese Mietleitungen viel teurer waren als ein eigenes Netz und baute wieder ein eignes Netz auf. Offenbar muss das SBB Management auch erst Schaden anrichten ( der Steuerzahler zahlts ja) und nachher wieder klug werden... Vielleicht wäre es zielführender zur Abwechslung mal das Management auszulagern.