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«Gegenseitiges Einvernehmen»
Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses beginnt in der Regel mit einer Kündigung. Mit dieser erklärt eine Vertragspartei ihre Absicht, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Nebst der klassischen Kündigung erfreut sich die einvernehmliche Auflösung, oft betitelt als sogenannte «Aufhebungsvereinbarung», insbesondere von Seiten der Arbeitgeber steigender Beliebtheit. Im Gegensatz zur klassischen Kündigung, welche einseitig von einer Vetragspartei ausgeht, einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Aufhebungsvereinbarung einvernehmlich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es eröffnet den Parteien die Möglichkeit, die Austrittsmodalitäten (z.B. Kündigungsfrist, Freistellung etc.) im Einzelfall bilateral zu regeln. Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, sind bei der Ausgestaltung von Austrittsvereinbarungen jedoch die nachfolgenden Punkte zu beachten.
Formerfordernis, Klarheit der Formulierung
Aufhebungsverträge bedürfen grundsätzlich nicht der Schriftform, können also auch mündlich geschlossen werden, soweit der Gesamtarbeits- bzw. Einzelarbeitsvertrag dies nicht anders regelt. Zum Schutz des Arbeitnehmers fordern die Lehre und Rechtsprechung aber zu Recht, dass die Willensäusserungen zur einvernehmlichen Vertragsauflösung klar und eindeutig sein müssen. Stillschweigend geschlossene Aufhebungsverträge werden von den Gerichten nur äusserst zurückhaltend angenommen. Für Angestellte der SBB gilt das Formerfordernis der Schriftform (Ziffer 169 GAV SBB).
Überlegungsfrist
Um eine Überrumpelung des Arbeitnehmers zu verhindern, ist dem Arbeitnehmer immer dann, wenn der Aufhebungsvertrag vom Arbeitgeber vorgelegt wird (was die Regel ist), eine angemessene Überlegungszeit einzuräumen. Wie viel Zeit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einzuräumen hat, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.
Erfordernis gegenseitiger Zugeständnisse
Der Auflösungsvertrag hält – wie bereits erwähnt - nicht nur den gemeinsamen Willen zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses fest. Vielmehr bietet er den Vertragsparteien auch die Möglichkeit, die Austrittsmodalitäten abweichend von den gesetzlichen oder im Einzel- oder Gesamtarbeitsvertrag vorgesehenen Bestimmungen zu regeln. Der Arbeitnehmer, der einen Auflösungsvertrag akzeptiert, riskiert also, dass er Schutzbestimmungen, welche das Gesetz bzw. der Gesamtarbeitsvertrag im Kündigungsfall zu seinen Gunsten vorsieht, verlustig geht. Die Aussicht darauf, lästige Schutzbestimmungen wie etwa den sachlichen und zeitlichen Kündigungsschutz und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf diesem Wege auszuhebeln, vermag Arbeitgeber dazu zu verleiten, den Arbeitnehmer zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu drängen. Es liegt auf der Hand, dass hier ein enormes Missbrauchspotential besteht. Dies haben auch die Gerichte erkannt und unterziehen deshalb strittige Austrittsvereinbarungen einer inhaltlichen Prüfung. Die höchstrichterliche Rechtsprechung macht deren Gültigkeit davon abhängig, ob es sich beim Vertrag um einen echten Vergleich mit gegenseitigen Zugeständnissen beider Parteien handelt. Gefordert wird, dass der Verlust des Arbeitnehmers, z.B. auf Sperrfristenschutz oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, durch Gegenleistungen des Arbeitgebers im Auflösungsvertrag angemessen ausgeglichen wird, etwa durch eine Zusatzzahlung durch den Arbeitgeber. Massgebend sind wiederum die konkreten Umstände des Einzelfalls.
Unzulässiger Aufhebungsvertrag
Es stellt sich die Frage, ob ein Auflösungsvertrag, der sich bei näherer Betrachtung als Umgehung zwingender gesetzlicher oder gesamtarbeitsvertraglicher Bestimmungen entpuppt, überhaupt irgendwelche Rechtsfolgen zu entfalten vermag. Das Bundesgericht ging in mehreren Entscheiden von der Nichtigkeit derartiger Vereinbarungen aus. Die Parteien befänden sich folglich nach wie vor in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis. Der wohl überwiegende Teil der Lehre tendiert demgegenüber dazu, trotz unzulässigem Aufhebungsvertrag von einem beendeten Arbeitsverhältnis auszugehen. Gleichzeitig soll dem Arbeitnehmer ein Forderungsrecht gegenüber dem Arbeitgeber für die umgangenen gesetzlichen oder gesamtarbeitsvertraglichen Ansprüche zustehen.
Rückfrage beim SEV-Rechtschutzteam
An dieser Stelle sei (zum wiederholten Mal) darauf hingewiesen, Aufhebungsverträge nicht unbedacht zu unterschreiben, sondern vorab dem SEV-Rechtsschutzteam zur Prüfung vorzulegen. Eine seriöse Prüfung drängt sich auch im Hinblick auf allfällige sozialversicherungsrechtliche Folgen auf. So qualifiziert etwa die Arbeitslosenkasse eine Auflösung im gegenseitigen Einvernehmen grundsätzlich als Selbstkündigung und damit als schweres Verschulden. Die Arbeitslosenkasse bestraft den Versicherten in einem solchen Fall – je nach den Umständen des Einzelfalls – mit bis zu 60 Einstelltagen.
Rechtsschutzteam SEV