Stopp Rentenabbau!
AHV 21 ist nur der Anfang
Pierre-Yves Maillard, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), erklärte am 4. Januar vor den Medien, warum die Gewerkschaften die Reform AHV 21 ablehnen und dagegen das Referendum ergriffen haben.
Zusammengefasst lehnt der SGB die Reform AHV 21 ab, weil diese einseitig auf Kosten der Frauen geht, obwohl diese in der Altersvorsorge gegenüber den Männern noch immer erheblich benachteiligt sind. Und weil ein Rentenabbau in die falsche Richtung geht, denn für viele reichen die Renten schon jetzt nicht zum Leben, weshalb diese im Gegenteil verbessert werden müssen. Zudem ist AHV 21 nur der erste Schritt eines Rentenabbauprogramms, das rechte Parteien, Banken und Versicherungen durchsetzen wollen.
Diese Zusammenhänge erklärte SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard an der Medienkonferenz des Referendumsbündnisses gegen AHV 21 vom 4. Januar wie folgt (Rede leicht gekürzt):
«Seit 50 Jahren verspricht die Verfassung der Bevölkerung existenzsichernde AHV-Renten. Doch davon sind wir weit entfernt. Niemand kann heute in der Schweiz nur von der AHV-Rente leben. Doch die soeben vom Parlament verabschiedete AHV-Reform bietet keine Antworten auf die grossen Rentensorgen. Im Gegenteil. Sie verschlechtert die Renten jener, die heute schon am wenigsten haben: der Frauen. Die Hälfte aller Frauen, die 2019 in Rente gingen, müssen mit weniger als 1770 Franken AHV-Rente pro Monat auskommen (= mittlere Rente oder Medianrente).
Noch immer erhält fast ein Drittel der Frauen gar keine Rente aus der 2. Säule. Und sofern sie eine Pensionskasse haben, ist sie nur etwa halb so hoch wie die PK-Rente der Männer. Die mittlere PK-Rente der Frauen lag 2019 bei 1160 Franken pro Monat. In typischen Frauenbranchen sind PK-Renten zwischen 500 und 800 Franken pro Monat üblich; das reicht nicht zum Leben. Diese Renten sind zu tief, eine Verschlechterung ist deshalb inakzeptabel. Doch genau dies sieht inzwischen auch die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG 21) vor.
Rentenaltererhöhung ist Rentenabbau
Mit AHV 21 will das Parlament als Hauptmassnahme das Rentenalter der Frauen erhöhen. Damit verlieren die Frauen im Schnitt 1200 Franken Rente pro Jahr. Und die Kompensationsmassnahmen sind so mickrig, dass selbst der Hälfte jener Frauen, die kurz vor der Rente stehen, umgehend eine Rentenverschlechterung droht. Erwerbstätige Frauen sind besonders betroffen.
Obwohl sie bereits sehr wenig haben, sollen die Frauen im nächsten Jahrzehnt fast 70 Prozent zur Stabilisierung der AHV beitragen. Allein durch die Rentenaltererhöhung spart die AHV insgesamt 10 Milliarden Franken ein – und nur etwa 3,2 Milliarden erhalten einige Jahrgänge von Frauen als Kompensation zurück.
Rechte will weiteren Abbau
Die nächsten Schritte sind vorgespurt: AHV 21 verlangt, dass der Bundesrat bis 2026 eine nächste Reform vorlegt, in der «strukturelle Fragen» angepackt werden. Das heisst nichts anderes als Rentenalter rauf, und zwar für alle. Arbeitgeber und bürgerliche Parteien planen Rentenalter 66 oder gar 67 (siehe auch Box zu zwei Initiativen von rechts).Gleichzeitig hat der Nationalrat aus der Reform BVG 21 eine Pfuschvorlage gebastelt, mit verheerenden Rentenverlusten.
Wer vom Rentenabbau profitiert
Besonders dreist ist das falsche Spiel der Banken und Versicherungen. Sie wollen bei der AHV und im BVG die Renten senken. Und hoffen, dass die wachsende Rentenlücke durch einen Ausbau der 3. Säule ausgeglichen wird, damit sie ihr Milliardengeschäft ausbauen können. Von der schleichenden Privatisierung der Altersvorsorge profitiert allerdings nur die Oberschicht. Für 90 Prozent der Arbeitnehmenden lohnt sich hingegen eine Stärkung der AHV, wie der SGB in einem umfassenden Preis-Leistungs-Vergleich aufgezeigt hat. So würde eine 13. AHV-Rente (wie sie die vom SGB eingereichte Volksinitiative fordert – Anmerkung der Red.) eine alleinstehende Person mit einem mittleren Einkommen monatlich 45 Franken kosten, während dieselbe Rentenerhöhung in der 3. Säule bei gleichbleibenden Zinsen monatlich 176 Franken für Frauen kosten würde und 144 Franken für Männer.
Altersvorsorge am Scheideweg
Wer ein Leben lang gearbeitet hat, verdient eine gute Rente. Doch die AHV-Renten sind zu tief und die Renten aus den Pensionskassen brechen ein. Gleichzeitig steigen Mieten und Krankenkassenprämien. Da bleibt immer weniger zum Leben übrig. Doch anstatt die AHV-Renten endlich zu erhöhen, arbeiten Bundesrat und das bürgerliche Parlament an weiteren Rentenaltererhöhungen und Leistungssenkungen.
Der SGB wird deshalb 2022 mit einer klaren Opposition und einem entschlossenen Engagement für eine starke AHV und gegen jeden Rentenabbau kämpfen. Denn in der Schweiz hat es genug Geld für anständige Renten – nicht nur für die Topverdienenden. Anstatt die Renten zu senken, soll ein Teil der Zusatzfinanzierung durch die Nationalbankgewinne getragen werden. So, dass die SNB-Gewinne der gesamten Bevölkerung zugutekommen. Der SGB plant eine entsprechende Volksinitiative.
Der Kampf gegen AHV 21 ist somit erst der Anfang einer grösseren Auseinandersetzung: Soll es mit den Renten für die Arbeitnehmenden weiter abwärts oder endlich wieder aufwärts gehen? Die prekäre Rentensituation der Frauen zwei Jahre nach dem Frauenstreik noch zu verschlechtern, ist für die Betroffenen eine Frechheit. Dem werden wir ein starkes Signal entgegensetzen, um zu zeigen: Es braucht eine Trendwende.»
SGB / Fi
Unterlagen der Medienkonferenz des Bündnisses gegen AHV 21 vom 4. Januar 2022
Unterschreibe das Referendum gegen AHV 21 und reiche die Bögen weiter zum Unterschreiben. Du kannst das Formular auch online ausfüllen, ausdrucken und unterschreiben, oder diesen Bogen ausdrucken und anschliessend ausfüllen.
Rentenaltererhöhung und flexible Renten?
Wohin die rechten Parteien in der Altersvorsorge wollen, zeigen zwei Volksinitiativen. Die erste mit dem Titel «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge» stammt von den Jungfreisinnigen. Sie wurde im Juli letzten Jahres eingereicht und sieht vor, ab dem 1. Januar des vierten Jahres nach ihrer Annahme das Rentenalter für Männer in Zweimonatsschritten bis auf 66 Jahre anzuheben, und das Rentenalter der Frauen zuerst in Viermonats- und dann in Zweimonatsschritten. Das Rentenalter 66 würde so voraussichtlich bis 2032 erreicht. Danach soll das Rentenalter an die Entwicklung der Lebenserwartung gekoppelt werden. Auf der Grundlage der demografischen Prognosen des Bundes wäre die Rente mit 67 Jahren für 2043 vorgesehen und die Rente mit 68 Jahren für 2056.
Die zweite Initiative stammt von einem Komitee rechtsgerichteter Persönlichkeiten, darunter der ehemalige FDP-Präsident Fulvio Pelli. Es sammelt derzeit Unterschriften für eine Initiative mit dem Titel «Ja zu fairen und sicheren Renten (Generationeninitiative)», die unter anderem verlangt, dass das ordentliche Rentenalter periodisch an die Lebenserwartung anzupassen ist. Vor allem aber sieht sie vor, die laufenden Renten der Rentner:innen periodisch an die Anlageeerträge, die Kaufkraft und die Lebenserwartung anzupassen, also allenfalls zu senken, wobei die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen massgebend sein soll.