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Untersee und Rhein

Schifffahrt: Bund will, dass Kantone helfen

Foto: REGIO Konstanz-Bodensee-Hegau e.V., kuhnle+knödler GbR

Bei der Schweizerischen Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) sind 2020 wegen Corona die Passagierzahlen und Erträge eingebrochen. Trotzdem erhält sie vom Bund weder Härtefallhilfe noch Coronahilfe gemäss Personenbeförderungsgesetz: dies wegen kleinkrämerischer, schlecht durchdachter Beschränkungen. Der SEV setzt sich im Parlament für deren Korrektur ein – und bei den Kantonen Thurgau und Schaffhausen, dass sie die URh nicht im Stich lassen.

Wie in der SEV-Zeitung vom 12. März berichtet, ist die URh von der Härtefallhilfe ausgeschlossen, weil die Kantone Thurgau und Schaffhausen mit 15,4% und 17,6% an ihr beteiligt sind. Gemäss Härtefallverordnung dürfen die Beteiligungen von Bund, Kantonen und Gemeinden zusammen nicht über 10% liegen, damit Hilfe fliessen kann. Daher fragten Edith Graf-Litscher, SEV-Gewerkschaftssekretärin und Nationalrätin (SP/TG) und Nationalrat Thomas Hurter (SVP/SH) den Bundesrat an, ob dieser Ausschluss von Unternehmen mit öffentlichen Minderheitsbeteiligungen wirklich gerechtfertigt sei.

Schwarzpeterspiel

Ja, antwortete der Bundesrat am 8. März, weil «eine staatliche Beteiligung auf ein strategisches Interesse hindeutet, welches es für die zuständigen Staatsebenen zumutbar macht, das Unternehmen mit eigenen Mitteln zu stützen.» Der Bundesrat schob die heisse Kartoffel also den Kantonen zu … Und verwies auf den Artikel 28a des Personenbeförderungsgesetzes (PBG), der ja schon Hilfe an den touristischen Verkehr für finanzielle Ausfälle wegen Corona zwischen dem 1. März und dem 30. September 2020 erlaube.

«Das stimmt zwar», sagt Edith Graf-Litscher, «doch müssen gemäss Art. 28a, Abs.2 von den Ertragsausfällen neben dem Reingewinn der Jahre 2017 bis 2019 auch alle Reserven abgezogen werden. Damit hat die URh für 2020 kaum Anspruch auf Bundeshilfe, weil 2018 und 2019 für sie relativ gute Jahre waren, anders als die Vorjahre, und weil sie Ende 2020 nicht bezogene Überzeit als Reserve auswies.» Bei jedem Schiffsbetrieb leiste das Personal im Sommer Überzeit und baue es dann bis im Frühjahr ab, erklärt SEV-Gewerkschaftssekretär Claude Meier. «Doch dieses Jahr sollen die URh-Mitarbeitenden ihre Überzeit schon bis Jahresende abbauen, um die Reserve zu reduzieren. Wie das funktionieren soll, ist noch unklar, aber in der aktuellen Situation unumgänglich.»

Gegen die Natur der Schifffahrt

«Das Beispiel zeigt, wohin schlecht durchdachte, bürokratische Regeln führen können», sagt Edith Graf-Litscher. «Das Parlament wollte die URh sicher nicht für Reserven bestrafen, die sie braucht wie das Murmeltier den Vorrat für den Winterschlaf! So braucht sie auch Reserven für den Fall, dass Niedrigwasser die Rheinschifffahrt über längere Zeit lähmt, wie es immer öfters geschieht. Doch dieses Jahr muss sie mit einem nicht vollständig gedeckten Aktienkapital in eine sehr ungewisse Saison starten.» In der Tat müssen die Schiffsrestaurants am 2. April wohl noch geschlossen bleiben, und am deutschen Ufer werden kaum viele Leute ein- und aussteigen. Bis Pfingsten fahren die URh-Schiffe jeweils nur von Donnerstag bis Sonntag.

Lösungssuche auf drei Schienen

«Warum soll die Coronahilfe für den touristischen Verkehr stärker beschränkt sein als für den regionalen Personenverkehr, wo nur ein Teil der Reserven abgezogen werden muss?», fragt Edith Graf-Litscher. Sie strebt im Parlament eine Anpassung von Art. 28a zugunsten des touristischen Verkehrs an, «denn die jetzige Regelung ist nicht praxistauglich, wie das Beispiel der URh zeigt. Weitere Unternehmen sind davon betroffen.»

Parallel dazu lobbyiert die Nationalrätin weiter dafür, die Härtefallverordnung zu ändern. «Mindestens bis zu einem Aktienanteil der öffentlichen Hand von 33,3% soll Hilfe möglich sein», fordert sie. Nationalrat Martin Landolt (Mitte/GL) will in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben einen Antrag einbringen.

Drittens wollen Edith Graf-Litscher und Claude Meier die Kantone TG und SH dazu bewegen, die URh stärker zu unterstützen. Dazu nutzten sie am 29. März (nach Redaktionsschluss) das jährliche Treffen des Thurgauer Gewerkschaftsbundes mit dem Thurgauer Regierungsrat Walter Schönholzer.

Markus Fischer
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