Branchentagung VPT-Pensionierte: FVP ist kein Geschenk
Lebenshilfe stand zwar im Mittelpunkt der Branchentagung der VPT-Pensionierten. Am hitzigsten wurde es aber bei der Diskussion um die Fahrvergünstigungen, die durch Medienberichte plötzlich zum Politikum geworden sind. Einstimmig verabschiedeten die Pensionierten eine Resolution.
Noch bevor die Versammlung überhaupt beginnt, gibt es unter den rund 80 Teilnehmenden in Olten fast nur ein Gesprächsthema: die Medienberichte über die Fahrvergünstigungen fürs Personal, von denen auch die Pensionierten profitieren. Der Ärger unter den Betroffenen ist gross, werden die Vergünstigungen in den Medien doch als Geschenk dargestellt. Tatsächlich aber sind sie Lohnbestandteil, und auch für die Pensionierten Teil der Leistungen, auf die sie Anrecht haben. Auch die Pensionierten versteuern einen beträchtlichen Anteil der Vergünstigungen als Einkommen. Entsprechend verabschiedeten die Anwesenden einstimmig eine Resolution, die das öffentliche Bild zurechtrücken soll (siehe Box).
Eine weitere Resolution unterstützt das Personal der Ostschweizer Unternehmen SOB, AB und FWB, die seit sechs Jahren keine Reallohnerhöhung mehr erhalten haben. Die Resolution war zuvor schon an den Branchentagungen Bahn und Bus gutgeheissen worden; die Pensionierten zeigen sich solidarisch mit den Aktiven. Ein Redner aus dem Saal äussert allerdings sein Erstaunen, dass die Kolleginnen und Kollegen so lange mit Aktionen zugewartet haben; Da wäre in der Westschweiz schon lange «etwas geschehen», findet er.
Nicht fallen…
«Kümmern Sie sich darum, dass Sie Ihre Pension geniessen können und nicht frühzeitig einem tödlichen Sturz zum Opfer fallen!» Mit diesem drastischen Satz steigt Matthias Brunner, Sport-Coach im Auftrag der BfU, in seine Präsentation ein. Das Thema: Stürze verhüten. Jährlich stürzen in der Schweiz rund 1600 Personen zu Hause zu Tode; fast alle sind über 65 Jahre alt. Im eigenen Haus verletzen sich siebenmal mehr Menschen tödlich als bei Verkehrsunfällen. Grund genug also, besonders im Alter Standfestigkeit und Gehsicherheit zu üben. Nach dem theoretischen Teil ruft Brunner die Teilnehmenden dazu auf, ein paar einfache Übungen mitzumachen, was nicht nur zur Bewegung beiträgt, sondern auch zur Unterhaltung. «Es ist nie zu spät, mit Übungen für die Beweglichkeit und Standfestigkeit zu beginnen», betont der Coach und fügt an: «Bewegen reicht, es muss nicht Sport mit Schwitzen sein.»
… und nicht hereinfallen
Schon im ersten Teil der Versammlung geht es um Lebenshilfe: Anders als in vielen andern Ländern der Welt gab es in der Schweiz bis vor kurzem keine Untersuchung zum Finanzmissbrauch an älteren Menschen, wie Pro Senectute feststellt. Zusammen mit dem Institut zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität der Fachhochschule Neuenburg hat sie nun die Lücke geschlossen. Der Kriminologe Olivier Beaudet-Labrecque stellt die Studie vor. Sie ergab, dass schweizweit jede vierte Person über 55 Jahren bereits Opfer eines Versuchs zum Finanzmissbrauch wurde. Etwas stärker betroffen sind Männer als Frauen (weil sie sich in der Familie häufiger mit den Finanzen befassen und weil sie öfter im Internet unterwegs sind), und deutlich häufiger Personen in der Westschweiz (weil mehr französischsprachige Kriminelle aktiv sind als deutsch und italienisch…). Allerdings sind die Menschen in der Deutschschweiz auch besser über Finanzmissbrauch informiert und deshalb wachsamer.
Die Angriffe sind sehr vielfältig: Die Bandbreite reicht vom Enkeltrick (eine Person gibt sich am Telefon als Enkel oder Nichte aus und braucht dringend Geld), über Diebstähle in der Öffentlichkeit oder zuhause, Zusendung unbestellter Ware gegen Zahlung, dem Andrehen unnötiger Versicherungen oder anderer Dienstleistungen bis hin zum Ausnützen der Einsamkeit durch falsche romantische Avancen im Internet – verheiratete Männer zwischen 55 und 65 und verwitwete Frauen über 75 sind davon übrigens am meisten betroffen.
Alain Huber von Pro Senectute erklärt, wie sich Betroffene am besten verhalten: «Seien Sie wachsam und vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl!» Wenn ein Telefongespräch eigenartig sei, solle man gleich aufhängen, und verdächtige Mails in jedem Fall ungelesen löschen. Wichtig sei auch, mit seiner Umgebung, aber allenfalls auch mit der Polizei zu sprechen. «Es gibt keinen Grund, sich zu schämen; Sie sind nicht Täter, sondern Opfer!», stellt Huber klar. Pro Senectute hat eine Broschüre veröffentlicht, die auf die Bedrohungen durch Finanzmissbrauch hinweist, und will auch entsprechende Kurse anbieten.
Mit dem SEV feiern
VPT-Zentralpräsident Gilbert D’Alessandro gibt der Versammlung einen Überblick über die wichtigsten Geschäfte des SEV. Er hebt die Diskussionen über den Rahmenvertrag mit der EU hervor und spricht die Thematik der laufend sinkenden Umwandlungssätze der Pensionskassen an. Vor allem aber weist er auf die Aktivitäten zum 100-Jahr-Jubiläum des SEV hin und ruft die Pensionierten auf, sich daran zu beteiligen. Ganz besonders gilt dies für Orte, an denen der SEV-Jubiläumsbus in der zweiten Jahreshälfte Halt macht. Da sind Gäste, aber auch Helferinnen und Helfer immer willkommen.
Peter Moor
Weitere Informationen:
Sturzprävention im Internet: sichergehen.ch
Mehr zu Finanzmissbrauch: prosenectute.ch/ finanzmissbrauch
Resolution zum FVP
Die Branchenversammlung der VPT-Pensionierten vom 13. März 2019 verabschiedete folgende Resolution:
Die 80 Mitglieder nehmen die Haltung der bürgerlichen Politiker zur Kenntnis. Die 80 Mitglieder halten klar fest, dass das GA FVP kein Geschenk ist, sondern von den Empfängern bezahlt wird. Es ist eine Lüge zu sagen, es sei ein Geschenk, das durch die Steuerzahler bezahlt wird. Die Branche protestiert vehement gegen diese Aussagen, die nur Neid schüren und das Image des öffentlichen Verkehrs schädigen. Die Branche der Pensionierten wird entsprechende Aktionen des SEV unterstützen und sich weiterhin für die Abgabe des FVP an die Angestellten einsetzen.