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13. Kongress der SGB-Frauenkommission

SGB-Frauenkongress will Löhne und Arbeitszeit aufwerten

Weniger arbeiten, dafür gibt’s Arbeit für alle. Diese alte Forderung wurde am Kongress der SGB-Frauen vom 19. und 20. Januar in Bern wieder aktuell: Die Frauen fordern die 35-Stundenwoche und einmal mehr die Lohngleichheit.

Der Protest auf dem Theaterplatz ist in vollem Gange. Die Forderung lautet: Lohngleichheit jetzt!

Nach dem Arbeitstag trafen sich die Frauen auf dem Berner Helvetiaplatz. Regen, Wind und die kalten Temperaturen konnten die 240 Delegierten auf ihrem Weg zum Theaterplatz nicht aufhalten. Vor einer perfekten Kulisse erinnerten sie lautstark daran, dass die Lohngleichheit, die seit dem 14. Juni 1981 in der Verfassung verankert ist, endlich respektiert werden muss. Die Frauen forderten das Parlament beim Thema Lohngleichheit auf, der Ständeratskommission, die für die Revision des Gleichstellungsgesetzes (GlG) verantwortlich ist, gegenüber mutiger zu sein. Das Mass ist langsam aber sicher voll und im Vergleich zu Island ist die Schweiz von der Lohngleichheit noch weit entfernt. Island ist das erste Land weltweit, das die Arbeitgeber gesetzlich zur Lohngleichheit zwischen Mann und Frau verpflichtet. Ab Januar 2018 müssen private sowie öffentliche Unternehmen mit mehr als 25 Angestellten anhand von verschiedenen Dokumenten beweisen, dass unter ihren Angestellten Lohngleichheit herrscht, ansonsten werden sie gebüsst. Die Schweizer Gesetzesrevision sieht weniger einschneidende, verbindliche Massnahmen vor – trotz des schüchternen Versuchs des Bundesrats, die Massnahmen gegen Diskriminierung zu verstärken.

Endlich Lohngleichheit!

Die Lohndiskriminierung belastet die Frauen. Mit einer Resolution, die einstimmig angenommen wurde, haben die Delegierten deshalb klar und deutlich gefordert: «Gebt uns unser Geld zurück!» Denn seit Jahrzehnten verdienen die Frauen in diesem Land ungefähr einen Fünftel weniger im Vergleich zu den Männern. Ein Mitgrund dafür ist, dass sie sich noch immer um den grössten Teil der unbezahlten Arbeit kümmern. Ausserdem sind die «typischen» Frauenberufe unterbewertet, eine Glasdecke bremst die Karrieremöglichkeiten der Frauen und häufig hat die Arbeit von Frauen in den Augen der Arbeitgeber einen geringeren Wert. In ihrer Kongressresolution fordern die SGB-Delegierten deshalb Sanktionen gegen Unternehmen, «die ihre Löhne nicht korrekt analysieren und die Frauen in Bezug auf die Löhne diskriminieren». Auch wurde die Einbindung der Gewerkschaften bei der Umsetzung der Lohngleichheit beschlossen, und zwar auf Bundesebene in einer tripartiten Kommission und auf Unternehmensebene durch Lohnanalysen.

Doch die Frauen wollen nicht nur den Wert ihrer Arbeit und somit die Löhne erhöhen, sondern auch den Wert ihrer Zeit. Dies wurde im Kongresspapier «Unsere Zeit ist mehr wert!» festgehalten. Um die bezahlte und die unbezahlte Arbeitszeit besser vereinbaren zu können und ausgeglichener zwischen Männern und Frauen zu verteilen, fordern die SGB-Frauen eine generelle Reduktion der Arbeitszeit. In Schweden hat man sich diesem Ziel bereits angenähert: Die schwedische Gewerkschafterin Elinor Odeberg hat den Delegierten ein entsprechendes Pilotprojekt präsentiert. Die langfristige Forderung der SGB-Frauen ist die 35-Stunden-Woche – ohne Leistungsabbau und Lohnkürzungen. Die Arbeitgeberschaft hingegen will lieber die 50-Stunden-Woche durchsetzen. Das Beispiel Schweden hat gezeigt, dass auch die Wirtschaft von einer Arbeitszeitreduktion profitiert, denn sie steigert die Arbeitsleistung der Angestellten. Weiter fordern die SGB-Delegierten besseren Arbeitnehmerschutz und Verbesserungen des geltenden Gesetzes. Nacht- und Sonntagsarbeit beispielsweise sollen eine Ausnahme bleiben und die Vorschriften bezüglich Zeitaufschreibung und Ruhezeiten müssen auch bei Heimarbeit beachtet werden. Die SGB-Frauen sagen Nein zur 24-Stunden-Gesellschaft, die unter anderem zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten führen würde.

Im Hinblick auf die rasch voranschreitende Digitalisierung braucht es ausserdem klare Regeln, um die Ausbeutung der Angestellten und eine Prekärisierung der Arbeitsbedingungen zu vermeiden. Die Digitalisierung darf nicht auf dem Rücken der Menschen passieren und in keiner Form zur Umgehung von geltenden Gesetzen führen.

Stopp Sexismus!

Die Frauen haben die Nase voll von sexueller Belästigung und Sexismus am Arbeitsplatz. In zwei Resolutionen fordern die SGB-Delegierten eine absolute Null-Toleranz. Gemäss einer aktuellen Studie wurde jede dritte Frau schon mindestens einmal im Berufsleben sexuell belästigt. Mit dem Hashtag #MeToo haben in den letzten Monaten tausende von Frauen ihre Erfahrungen geteilt und somit gezeigt, wie erschreckend häufig solche Dinge passieren. Deshalb fordern die SGB-Frauen:

  • die Verpflichtung der Arbeitgeber, Massnahmen zur Vorbeugung von sexueller Belästigung und Sexismus am Arbeitsplatz zu ergreifen,
  • den Entwurf einer Verordnung, die besagt, dass sexuelle Belästigung und Sexismus nicht geduldet werden,
  • und klare Vorgehensweisen in Fällen von sexueller Belästigung und Sexismus.

Abschied

Die leidenschaftliche Aktivistin und Feministin Nani Moras verabschiedete sich aus der SGB-Frauenkommission, wo sie als grosszügige, aber kämpferische Ko-Präsidentin sehr viel geleistet hat. Sicher wird sie eine grosse Leere hinterlassen.

Wir danken dir von Herzen Nani, du wirst uns fehlen!

Françoise Gehring/kt

Ein Blick in die Pflege

Die Arbeit des Pflegepersonals ist hart und beschwerlich. Der Bund hat entschieden, die sogenannte 24-Stunden-Betreuung in Privathaushalten ab Mitte August 2018 durch die Kantone regulieren zu lassen.

Die kantonalen Normalarbeitsverträge sind kein geeignetes Mittel, um die Arbeitnehmenden in diesem Bereich ausreichend zu schützen, denn sie sind nicht verbindlich. Deshalb fordert der SGB-Frauenkongress, dass alle Betreuer/innen, die in Privathaushalten arbeiten und wohnen, ohne Ausnahmen dem Arbeitsgesetz unterstellt werden.

Die 24-Stunden-Betreuung durch eine einzige Person ist in der Regel unmöglich, illegal und eine extreme Gefährdung der Gesundheit. Wenn eine Betreuung rund um die Uhr nötig ist, muss diese durch ein Team abgedeckt werden, um die Ruhezeiten und die Vorschriften zum Gesundheitsschutz garantieren zu können.