Genfer Verkehrsbetriebe TPG: die Direktion ist gewarnt
Das Abkommen vom Dezember ist einzuhalten
120 TPG-Angestellte erinnerten die Direktion am 25. Juni an das Abkommen, das sie nach dem Streik vom 19. November unterschrieb.
Die Demo vor dem TPG-Sitz beim Depot Le Bachet in Grand-Lancy im Süden der Stadt Genf hatte einen Beigeschmack von Déjà-vu. Der Zufall wollte es, dass sie genau ein Jahr nach der ersten Kundgebung stattfand, welche die drei TPG-Gewerkschaften gemeinsam gegen die Sparmassnahmen auf dem Rücken des Personals durchführten.
Einen Streik und ein Abkommen später versammelten sich an diesem Donnerstag 25. Juni wieder 120 Kolleg/innen und forderten die Einhaltung des Abkommens vom 3. Dezember 2014, das die Beilegung des Konflikts ermöglicht hatte. «Wir sind wirklich wütend», rief Vincent Leggiero, Präsident der SEV-VPT-Sektion TPG, über den Platz. «Die Gemeinschaft der Gewerkschaften verlangt, dass die Direktion das von ihr unterzeichnete Abkommen einhält und rasch zusätzliches Personal einstellt, vor allem im Betrieb.»
Unterbestand von 17 Stellen
Heute hat das Unternehmen beim Betrieb einen Unterbestand von 17 Vollzeitstellen (es sind 16,95 Stellen vakant). Dies ist eine krasse Verletzung des Abkommens, worin sich die Direktion dazu verpflichtete, den Personalbestand 2015 auf der Höhe vom 31. Dezember 2014 zu belassen. Seit Februar, als der Unterbestand bereits 11,58 Stellen betrug, hat sich dieser also sogar noch vergrössert.
Vincent Leggiero sprach Klartext: «Die Absenzenrate beträgt 7%, 8%, manchmal gar 9%. Damit ist sie doppelt so hoch wie die schweizerische Durchschnittsrate von 4%. Jene, die aushelfen, erkranken ebenfalls. Es ist ein Teufelskreis, aus dem man ausbrechen muss. Die TPG haben ihr Netz in den letzten acht Jahren verdoppelt, aber nur 30% mehr Stellen geschaffen. Sie haben einen monströsen Produktivitätsgewinn erzielt, den bezahlen wir jetzt. Sie antworten, sie hätten die Kapazität der Fahrzeuge erhöht, doch diese muss jemand lenken.»
Neben Vincent Leggiero riefen auch Vertreter der beiden andern Gewerkschaften in Erinnerung, dass letztes Jahr der Personalmangel einer der Auslöser der Streikbewegung gewesen ist. Und dass die kantonale Schlichtungsstelle für kollektive Arbeitsbeziehungen (CRCT) festgehalten hat, dass 124 zusätzliche Stellen nötig sind, um die definierten Roulements einzuhalten.
Personalmangel hat Streikbewegung ausgelöst
«Hat die Direktion begriffen, welche Verbitterung und Wut beim Betriebspersonal latent vorhanden ist?» fragten die Redner. «Ist sie sich bewusst, wie sich ihre Politik auf die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden auswirkt? Oder braucht es dafür erste Unfälle? Täglich verhindern die Chauffeure solche Katastrophen, doch auch die Aufmerksamsten werden bald einmal von der wachsenden Müdigkeit übermannt werden.»
Pensenreduktionen lösen das Problem nicht
«Der Vorschlag der Direktion, die Chauffeure dadurch zu entlasten, dass sie nur noch Teilzeit arbeiten, ist keine Lösung», hielt Christian Abbas von der A.S.I.P. fest. Dies unterstrich auch Vincent Leggiero: «Man sagt euch: ‹Ihr seid müde? Ihr fällt fast um vor Müdigkeit? Dann müsst ihr halt euer Pensum senken, um euch zu erholen.› Das heisst, das Personal soll für seine Müdigkeit bezahlen! Und wer macht die Arbeit jener, die ihr Pensum gesenkt haben?»
Für die Gewerkschaften ist klar: Die wirkliche Lösung ist die Einstellung von zusätzlichem Personal und die Verbesserung der Fahrpläne mit längeren Wendezeiten an den Endstationen. «Wir sitzen den ganzen Tag am Steuer, denn die Wendezeiten sind zu kurz. Wenn wir losfahren, haben wir schon wieder Verspätung», beschrieb Alain Perroud (Transfair) den Alltag.
«Diese Demo ist eine Warnung», sagte Vincent Leggiero. «Wir sind wütend. Die TPG müssen das Abkommen einhalten. Wir haben am 19. November nicht aus irgendeiner Laune heraus gestreikt. Wenn nötig werden wir zeigen, dass es eine Überlebensfrage ist.»
Verhandlungen blockiert
Die im Abkommen vorgesehenen Verhandlungen über die Fahr- und Arbeitszeiten und das Angebot sind an einem toten Punkt angelangt. Solange die TPG hier nicht Hand bieten, tun dies die Gewerkschaften beim Minimalbetrieb im Streikfall auch nicht. Zudem hat die Direktion vergessen, dass der 2017 geplante Solidaritätsfonds für die Pensionierten vom Unternehmen mitzufinanzieren ist.
Vivian Bologna / Fi