SEV zieht Entscheid des Bundesamts für Verkehr ans Bundesverwaltungsgericht weiter
Crossrail-Affäre: Beschwerde ist eingereicht
Wie angekündigt, werden die Dumpinglöhne der Crossrail in Brig eine Sache der Gerichte: Der SEV geht mit dem Entscheid des BAV vor Bundesverwaltungsgericht.
BAV-Direktor Peter Füglistaler hatte sich zwar am Kongress des SEV dagegen gewehrt, dass er die Crossrail-Affäre wie eine heisse Kartoffel behandle. Dennoch ist es eine Tatsache, dass das Bundesamt für Verkehr bei der Publikation seines Entscheides ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass nun wohl Gerichte die Frage beantworten müssten, ob die Crossrail-Löhne in Brig branchenüblich seien. Dem BAV war bei seinem Entscheid, den Tiefstlöhnen eine amtliche Legitimation zu verschaffen, von Anfang an bewusst, dass der SEV dies nicht akzeptieren kann – hätte das BAV umgekehrt entschieden, wäre Crossrail vor Gericht gegangen …
Gutachten als Basis
Inzwischen hat der SEV über seinen Anwalt fristgerecht eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in St.
Branchenüblichkeit durchsetzen
Die Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht enthält den Antrag, dass Crossrail der Entzug der Netzzugangsbewilligung anzudrohen sei für den Fall, dass sie sich weiterhin weigere, branchenübliche Löhne gemäss der vom SEV dargelegten Berechnung zu bezahlen. Wie in Prozessen üblich gibt es auch einen Alternativantrag: Dieser würde bedeuten, dass das Gericht das BAV anweist, seinen Entscheid zurückzunehmen und neu zu beurteilen, indem es branchenübliche Löhne anwendet, wie der SEV sie vorgerechnet hat.
Zur Erinnerung die Vorgeschichte: Im Frühling 2014 kündigt Crossrail an, einige Dutzend Lokführer aus dem Depot Domodossola künftig in Brig anzusiedeln, von wo aus sie die gleichen Strecken befahren würden wie bisher. Die Lokführer sollten Löhne nach Ausbildung von knapp über 3000 Franken erhalten, rund einen Viertel höher als zuvor in Domodossola. Der SEV riet den Lokführern zusammen mit seiner italienischen Partnergewerkschaft davon ab, diese Einzelarbeitsverträge zu unterschreiben, denn es war offensichtlich, dass Crossrail damit auf billige Weise italienische Vorschriften umgehen wollte: So mussten aus der Schweiz nicht mehr zwei Lokführer auf der Maschine sein, und auch der italienische, sehr strenge Kündigungsschutz entfiel. Aus Schweizer Sicht gravierender war jedoch die Höhe der Löhne: Sie lagen um weit mehr als tausend Franken monatlich unter den in der Schweiz üblichen Löhnen. Der SEV verwies umgehend auf das Eisenbahngesetz, das für eine Netzzugangsbewilligung in der Schweiz die Einhaltung branchenüblicher Löhne verlangt.
Zur allgemeinen Überraschung schloss sich das Bundesamt für Verkehr dieser Sichtweise nicht an, sondern stellte die bisher unbestrittene Definition der Branche «Schienengüterverkehr» in Frage.
Inzwischen hatte Crossrail die Löhne leicht angehoben, doch auch die nun vorgesehenen 3600 Franken monatlich nach Ausbildung erfüllen die Anforderungen der Branchenüblichkeit bei weitem nicht.
Amtl. bew. Dumping …
Gleichzeitig bot das BAV Experten auf, um seine Sichtweise zu legitimieren. Tatsächlich kamen diese zum Schluss, dass es gar keine einheitliche Branche «Schienengüterverkehr» gebe, sondern vielmehr zwei verschiedene: je eine für den Inland-Güterverkehr und eine für den grenzüberschreitenden Güterverkehr. Bei dieser seien auch die Löhne zur Berechnung der Branchenüblichkeit beizuziehen, die die ausländische Konkurrenz bezahle. Auf diesem Weg legalisierte das BAV das Lohndumping der Crossrail.
Peter Moor