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Rund um die Essensspesen
Spesen führen häufig zu Diskussionen, die oft unter dem Strich mehr kosten, als die Beträge, um die es geht – vor allem auch mehr Nerven für alle Beteiligten.
Der Arbeitgeber hat der/dem Arbeitnehmenden alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen, bei Arbeit an auswärtigen Arbeitsorten auch die für den Unterhalt erforderlichen Aufwendungen. So bestimmt es Art. 327a des Obligationenrechts, und diese Regel ist jeder und jedem Berufstätigen bekannt. Was allerdings nicht bedeutet, dass damit alles klar ist, denn Spesen müssen grundsätzlich belegt werden, und dabei gibt es, wie die folgenden Beispiele von Essensspesen zeigen, immer wieder kuriose Probleme. Dass es dabei oft um kleine Beträge geht, spielt weniger eine Rolle als das individuelle Gerechtigkeitsgefühl. Wie immer bei einem Anspruch respektive einer Zahlungspflicht.
Fall 1: Sergio, Benoît und Beat und die Spesenpauschale
Die drei von früher bekannten Freunde sind an einer auswärtigen, ganztägigen Sitzung, eine Pause ist zwar vorgesehen aber keine Verpflegung. Der Fall ist hier einfach: Alle drei essen im Ochsen und bekommen die Spesenpauschale. Dass Sergio es ungerecht findet, dass das billigere Menu im Ochsen ausverkauft war, weshalb er das teurere nehmen musste, während seine Kollegen mit dem billigeren Menu noch 1.60 Fr. unter der Pauschale liegen, muss den Arbeitgeber nicht kümmern: Er zahlt die Pauschale, und wer mehr ausgegeben hat, hat eben mehr ausgegeben. Wenn das teurere Menu nicht gerade dreimal so viel gekostet hat wie das billigere, und dazu weit und breit keine Alternative in Sicht war, wird Sergio vergeblich die Mehrkosten über der Pauschale einfordern. Seine Kollegen müssen dafür auch keine 1.60 Fr. zurückzahlen.
Fall 2: Sergio, Benoît und Beat und die Spesenerstattung gegen Quittung
Erneut sind die drei an einer auswärtigen ganztägigen Sitzung. In der Mittagspause isst Sergio im Personalrestaurant, Benoît hat sich am Vorabend einen Take-away-Salat gekauft und Beat hat sich am Morgen zu Hause ein Sandwich gemacht und es mitgenommen. Bei der Spesenabrechnung läuft es nur für Sergio glatt ab. Benoît muss erklären, wieso das Datum der Quittung nicht mit dem Datum der auswärtigen Sitzung übereinstimmt, und Beat wird wohl leer ausgehen, denn er hat keine Quittung. Ausser die vom letzten Wocheneinkauf, aber wer hätte schon den Nerv, diese auseinander zu nehmen UND für die beiden Brotscheiben einen Bruchteil des gekauften Brotes, der Butter, des Schinkens auszurechnen? Auch wenn Beat vermutlich gar nichts von den Ausgaben für sein Sandwich merkt, fühlt er sich ungerecht behandelt.
Fall 3: Homeoffice – Sergio, Benoît und Beat an einer ganztägigen Videoschulung
Sergio und Beat nehmen von zu Hause aus daran teil. Benoît, der keinen Laptop mit Kamera zu Hause hat, begibt sich zur nächstgelegenen Dienststelle, von wo aus er an einem nicht besetzten Arbeitsplatz die Schulung mitmachen kann. Auch wenn der Kurs, an dem die drei teilnehmen, nicht am Arbeitsort stattgefunden hätte, und auch wenn alle drei nicht am Arbeitsort sind, erhalten Sergio und Beat nichts, weil sie zu Hause sind und deshalb nicht auswärts essen müssen. Was aber ist mit Benoît? Er ist nicht zu Hause, aber auch nicht an seinem Arbeitsplatz. Kann er nun eine Quittung vorweisen, hat er vermutlich gute Chancen, sie erstattet zu bekommen. Bei der Pauschale aber müsste vermutlich zuerst geschaut werden, ob es ihm zuzumuten gewesen wäre, die Schulung an seinem Arbeitsplatz zu machen.
Die Fälle lassen sich fast beliebig weiterspinnen. Was ist, wenn…
- …einer der drei Freunde starker Allergiker ist und deshalb regelmässig seine Mahlzeiten von zu Hause mitnimmt?
- …einer der drei seinen Neujahrsvorsatz umgesetzt hat und Intervallfasten betreibt?
- …einer der drei die Rechnung für alle drei begleicht?
Im ersten Fall wäre wohl eine Spesenerstattung geschuldet, denn diese regelmässigen Auslagen läppern sich. Im zweiten eher nicht, denn wer fastet, hat keine Auslagen. Im dritten Fall ist es wohl unproblematisch, wenn alle drei bei derselben Stelle die Spesen abrechnen, aber wenn an mehreren Stellen die Spesen abgerechnet werden, wird es wieder kompliziert.
Das Fazit
Spesen führen häufig zu Diskussionen, die oft unter dem Strich mehr kosten, als die Beträge, um die es geht – vor allem auch mehr Nerven für alle Beteiligten. Pauschalen, dies ein Appell an die Arbeitgeber, sind effizienter in der Handhabung, zumindest, wenn sie einigermassen nahe an den realen Kosten einer Mahlzeit liegen. Rechtsprechung gibt es dazu kaum, zumindest wenn es um die vergleichsweise niedrigen Summen beim Essen geht, da der Gang ans Gericht in keinem Verhältnis zum Betrag steht. Immerhin sagen die Rechtsgelehrten, dass auch wenn Spesen zu belegen sind, an diesen «Beweis» keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Gesunder Menschenverstand beim Einfordern und Kulanz beim Auszahlen sind wohl die wichtigsten Leitlinien für Arbeitnehmer/in und Arbeitgeber.