| Aktuell / SEV Zeitung

Schweizerischer Gewerkschaftsbund

SGB-Delegierte fordern mehr Rechte statt Flexibilisierung

Der Kampf für eine Verbesserung des Arbeitsgesetzes stand zuoberst auf der Traktandenliste der Delegiertenversammlung des SGB vom 29. November. Zudem verabschiedeten die Delegierten verschiedene Resolutionen. Der SEV markierte starke Präsenz.

ZPV-Zentralpräsident Ralph Kessler bringt die Aggressionen gegen das öV-Personal zur Sprache.

Ein Abstimmungssieg bei der 13. AHV-Rente, beim Widerstand gegen die BVG-Reform und jüngst gegen die beiden Vorlagen, die das Mietrecht einschränken wollten, das sind die grossen politischen Erfolge des Gewerkschaftsjahrs 2024. Der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, Pierre-Yves Maillard, würdigt diese Erfolge und betont anhand des Beispiels Stahl Gerlafingen und des Widerstands gegen Massenentlassungen, wie wichtig der gewerkschaftliche Kampf aktuell ist. 2025 will sich der SGB für ein arbeitnehmerfreundlicheres Arbeitsgesetz einsetzen. Gleichzeitig aber müssen die Gewerkschaften dranbleiben, die ständigen Angriffe gegen die Rechte der Arbeitnehmenden abzuwehren.

Angriffe auf das Arbeitsrecht stoppen, Schutz verbessern

«Es ist unglaublich, welche Ideen die bürgerliche Mehrheit ins Parlament bringt: Wir sollen mehr arbeiten, am liebsten 17 Stunden pro Tag, fordern gewisse Politikerinnen und Politiker», sagt SGB-Zentralsekretär Luca Cirigliano. «Um den Sonntagsverkauf auf Umwegen einzuführen, wollen gewisse Parlamentsmitglieder den Adventsverkauf bereits drei Monate vor Weihnachten erlauben. Und ein grünliberaler Parlamentarier hat kürzlich gefordert, dass das Arbeitsgesetz für Menschen mit einem Einkommen über 7000 Franken, nicht mehr gelten soll.» Für die Delegierten des SGB ist klar, der Schutz der Arbeitnehmenden darf nicht weiter abnehmen. Stattdessen muss wieder vermehrt der Ausbau der Rechte in den Fokus rücken. Ausserdem soll die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben generell verbessert werden. Die Delegierten fordern:

  • Einsatzpläne: verpflichtende Planung mindestens vier Wochen im Voraus; Änderungen nur in Notfällen, mit einem Lohnzuschlag von mindestens 50 Prozent.
  • Verzicht auf geteilte Dienste: Keine langen Mittagspausen ohne Zustimmung der Arbeitnehmenden (beispielsweise im Verkauf und Service) und Schutzmassnahmen bei extremer Witterung (zum Beispiel Hitzestopp auf Baustellen).
  • Arbeitszeiten: Abschaffung von Arbeitstagen über 10 Stunden und mindestens zwei freie Wochenenden pro Monat für alle.
  • Zuschläge: mindestens 50 Prozent Zuschlag bei Nacht-, Sonntags- und Samstagsarbeit.
  • Erfassung der Arbeitszeiten: vollständige und transparente Erfassung, einschliesslich Vorbereitungs-, Reise- und Umkleidezeiten.
  • Jugendschutz: Begrenzung von Überstunden und längere Ferien für Lernende. In einer zusätzlichen Resolution fordert die SGB-Jugend mindestens acht Wochen Ferien pro Jahr für Lernende.
  • Gesetzlicher Schutz: Erweiterung des Arbeitsgesetzes auf alle Branchen, einschliesslich fliegendem Personal, Hauswirtschaft und Service public.
  • Schutz vor Übergriffen: Massnahmen gegen Gewalt und Belästigung in Gastronomie, Verkehr, Spitälern und im weiteren Service public.

SEV-Kampagne gegen Gewalt

Dass die letzte Forderung für den SEV ein sehr wichtiges Thema ist, unterstreicht der SEV-Delegierte und ZPV-Zentralpräsident Ralph Kessler in seiner Rede: «Von Januar bis September 2024 verzeichneten die SBB 1279 Vorfälle gegen das Personal (Drohung und Gewalt). 75 % betrafen das Personal der Fahrausweiskontrolle, 10 % Transportpolizei und Sicherheitspersonal sowie je 5 % Lokpersonal, Billettschalter und Reinigung. Gewalt gegen das Personal im öffentlichen Verkehr betrifft nicht nur das Personal der SBB – es betrifft den gesamten öffentlichen Verkehr in der Schweiz.» Gewalt im öV wird deshalb nächstes Jahr ein Schwerpunktthema des SEV, sowohl am Kongress als auch an einem speziellen Aktionstag am 25. November 2025. Dann wird die «Charta für die Verbesserung der Sicherheit im öffentlichen Verkehr», die viele Transportunternehmen unterzeichnet haben, 25-jährig.

Diskutiert wird auch über das Thema Kaufkraft. Der SGB empfiehlt, bei Lohnverhandlungen nicht nur mit dem Landesindex für Konsumentenpreise zu argumentieren, sondern auch andere Daten wie den Krankenkassenprämienindex beizuziehen. Bei der Finanzierung der 13. AHV-Rente kämpft der SGB weiterhin dafür, dass diese nicht nur durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer realisiert wird. Bei der Europafrage ist klar: Es gibt eine ausserordentliche Delegiertenversammlung, sobald ein Verhandlungsresultat mit der EU vorliegt.

Die Delegierten stimmen dem Budget 2025 zu. Ausserdem nehmen sie Ersatzwahlen in verschiedenen Gremien vor. Die neue Gleichstellungsbeauftragte des SEV, Sibylle Lustenberger sitzt neu in der feministischen Kommission des SGB und erhält auch einen Sitz im Vorstand.

Michael Spahr