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Gewerkschaftspolitik

«Hoffentlich bald wieder richtige Versammlungen»

Wird 2021 alles besser? Präsident Giorgio Tuti weiss: Dem SEV stehen zahlreiche Herausforderungen bevor, während die Covid-19-Pandemie noch immer unseren Alltag bestimmt. Das Hauptziel: Mit Gesamtarbeitsverträgen (GAV) für Stabilität und Sicherheit sorgen und alles dafür tun, um Arbeitsplätze in besonders gefährdeten Branchen zu retten.

Obwohl die Impfungen gegen das Coronavirus endlich begonnen haben, ist sich Giorgio Tuti sicher, dass auch 2021 von der Pandemie geprägt sein wird. «Wir leben jetzt schon fast ein Jahr mit Covid-19. Daraus konnten wir viel lernen, wie zum Beispiel noch mehr über digitale Kanäle zu kommunizieren. Unsere Mitglieder schätzten die Nähe, die wir trotz der Pandemie aufrechterhalten konnten. Die Sekretariate sind zwar nach den jüngsten Entscheiden des Bundesrats erneut geschlossen, aber wir werden unsere digitalen Kommunikationskanäle weiterentwickeln. Seit zwei Jahren beobachten wir einen stetigen An-stieg der Zugriffe auf unsere Webseite.» Dennoch findet Giorgio Tuti, dass «die ‹echten› Versammlungen ohne den Filter von Videokonferenzen im 2021 ihr Comeback feiern müssen».

Was die anstehenden Herausforderungen für die Gewerkschaften betrifft, so geben die aktuellen Ereignisse im Luftverkehr (siehe S. 2) Grund zur Sorge hinsichtlich der Sicherung von Arbeitsplätzen und Lohnbedingungen. «In unsicheren Zeiten bleibt die vertragliche Deckung im Allgemeinen die beste Sicherheit. Wir werden weiterhin dafür kämpfen, diese Grundlage im öffentlichen Verkehr zu verbreiten. Die Qualität der GAV bleibt unsere Priorität, damit unsere Mitglieder gute Arbeits- und Lohnbedingungen geniessen können. Dank unserem hohen Organisationsgrad müssen uns die Unternehmen eine gewisse Beachtung schenken. Im Durchschnitt ist jede/r zweite Angestellte SEV-Mitglied. Wir können es nicht genug betonen: Dank dieser Repräsentativität nehmen die Arbeitgeber unsere Forderungen ernst. Diejenigen, die glauben, ohne gewerkschaftliche Organisation ginge es besser, liegen falsch. Aufgrund der hohen Qualität unserer Dienstleistungen ist der Mitgliederbeitrag sein Geld wert.»

«2020 sind zwei Drittel der neuen Mitglieder online beigetreten. Die geplanten Werbeaktionen konnten durchgeführt werden. Die Neuorganisation der Mitgliederwerbung nach Regionen hat Früchte getragen. Trotz der Pandemie konnten wir mehr Aktionen durchführen als erwartet. Im neuen Jahr werden wir diesen Weg weitergehen.»

Verlängerung bei der SBB

Mit der dreijährigen Verlängerung des GAV ab dem 1. Mai 2022 erhalten die Mitarbeitenden der SBB eine starke Sicherheit. Darüber freut sich Giorgio Tuti besonders. «Dies bedeutet die Fortsetzung des Sozialvertrags und des Kündigungsschutzes für alle, die seit mindestens vier Jahren einen unbefristeten Vertrag haben. Eine solche Sicherheit ist heute viel wert.»

Bei Cargo ist die Situation immer noch angespannt. Der SEV arbeitet daran, Lösungen für seine Mitglieder zu finden. Wie auch bei anderen grossen Unternehmen ist der SEV weiterhin bestrebt, seinen Einfluss bei der BLS zu stärken. «Die internen Probleme im Zusammenhang mit unrechtmässigen Subventionen überwachen wir genau. Unsere Linie bleibt die gleiche: Es kommt nicht infrage, dass Mitarbeitende den Preis für Managementfehler zahlen müssen.»

Die politische Arbeit geht weiter

Die Pandemie wird Spuren hinterlassen – in welchem Ausmass dies den öffentlichen Verkehr betreffen wird, bleibt abzuwarten. Der SEV wird sich weiterhin für staatliche Finanzhilfen einsetzen. «Unsere politische Arbeit ist nicht immer sichtbar, aber ich kann bestätigen, dass wir die notwendigen Kontakte haben, um die Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätze in der Branche zu verteidigen», so Giorgio Tuti. Es ist möglich, dass die finanzielle Unterstützung für Verkehrsunternehmen in der Politik wieder diskutiert wird, wenn die bewilligten Mittel nicht ausreichen. Wir sind auf nationaler Ebene aktiv, doch sind wir auch kantonal und mit den städtischen Verkehrsbetrieben sogar kommunal verwurzelt.»

ÖV als Chance für das Klima

2021 ist das Europäische Jahr der Schiene. «In der Debatte über den Klimaschutz ist der öffentliche Verkehr Teil der Lösung und das müssen die Verkehrsbetriebe nutzen, indem sie investieren und dadurch attraktiver werden. So sind sie auch für demografische Herausforderungen besser gewappnet. Zahlreiche Mitarbeitende werden in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen.»

Vivian Bologna/Übers. Karin Taglang
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Herausforderungen des SGB

Für Giorgio Tuti, der auch Vizepräsident des SGB ist, steht die Initiative für die 13. AHV-Rente im Fokus. «Der SEV hat es geschafft, allein mit den Unterschriftenbögen in der SEV-Zeitung 10’000 Unterschriften zu sammeln. Es fehlen nur noch einige zehntausend Unterschriften, damit die Initiative zustande kommt. Die 13. AHV-Rente ist von zentraler Bedeutung, denn die Kaufkraft der Rentner/innen sinkt.»

Der SGB hat Anfang Jahr folgende Massnahme vorgestellt, um die Auswirkungen der Pandemie zu mildern: Die Verteilung von 500 Franken pro Person aus den überschüssigen Reserven der Krankenkassen sollte eine schnelle Unterstützung der Kaufkraft ermöglichen. Der SGB begrüsst ferner einige der Massnah- men im jüngsten Massnahmenpaket des Bundesrats. «Es war wichtig, die Bestimmungen für Härtefälle zu lockern. Trotzdem ist noch nicht alles rosig. Die Arbeitssuche für Arbeitslose ist viel schwieriger als zuvor. Ein Anstieg der Langzeitarbeitslosenzahl ist unbedingt zu vermeiden. Deshalb müssen die Arbeitslosentaggelder dringend erhöht sowie der Bezugszeitraum verlängert werden», betont Giorgio Tuti. Auch über den erweiterten Schutz von besonders gefährdeten Personen ist der SGB erfreut.