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Corona-Krise

Swiss erhält Kredite, doch der Notstand bleibt

Nach dem Ja der Lufthansa-Aktionäre am 25. Juni zur Rettung der Airline durch den deutschen Staat steht den Hilfskrediten mit Bundesgarantie für die Lufthansa-Töchter Swiss und Edelweiss nichts mehr im Weg. Der SEV hat sich mit seinem Luftfahrtbereich SEV-GATA stark für die Bundeshilfe für die Luftfahrt eingesetzt, wo durch die Pandemie Tausende von Arbeitsplätzen bedroht sind.

Ein Scheitern der Lufthansa-Rettung hätte die von National- und Ständerat bereits Anfang Juni genehmigte Bundesgarantie für Bankkredite von 1,275 Milliarden Franken für die Lufthansa-Töchter Swiss und Edelweiss in Frage gestellt. Nun können die Verträge zeitnah unterzeichnet und die erste Kredittranche ausgerichtet werden. Damit werden Swiss und Edelweiss wieder solvent, können die Löhne längerfristig garantieren und hoffentlich auch ihre Schulden bei den Kund/innen wegen der annullierten Flüge begleichen.

Ausnahmezustand dauert an

Wegen der Corona-Pandemie musste die Swiss ab Mitte März den Grossteil ihrer Flugzeuge stilllegen. Das erste Quartal 2020 schloss sie mit einem Verlust von 84,1 Mio. Franken ab – gegenüber 48,3 Mio. Gewinn im ersten Quartal 2019. Im Juni konnte sie wieder etwa ein Fünftel des ursprünglich geplanten Angebots fliegen, und der am 29. Juni vorgestellte Flugplan bis 24. Oktober sieht eine sukzessive Steigerung des Angebots auf rund 40% des ursprünglichen Flugprogramms vor.

Doch die Pandemie schränkt den Luftverkehr weiterhin ein: Jeder neue Krankheitsausbruch irgendwo kann Flüge gefährden, immer wieder gibt es Komplikationen mit Einreisebeschränkungen, Schutzmassnahmen bleiben nötig und die Reiselust der Menschen gedämpft.

Kosten senken ohne Entlassungen

Aufgrund der ausbleibenden Ticketerträge hat die Swiss nicht nur Staatshilfe beantragt, sondern Anfang Mai zur Erfüllung der Auflagen für die Bundeshilfe eine Kostensenkung um 20% angekündigt. Sie stellt geplante Investitionen zurück, will bestellte Flugzeuge später in Empfang nehmen und ältere Flugzeuge vorzeitig ausmustern.

Auch beim Personal will sie sparen, aber «alles tun, um Entlassungen zu vermeiden», wie Swiss-Chef Thomas Klühr am 6. Juni nach dem Ja des Parlaments zur Bundeshilfe versprach. Stellen sollen vor allem durch «natürliche Fluktuation» abgebaut werden. Für Piloten will die Swiss das Rentenalter senken und beim Kabinenpersonal Teilzeitmodelle fördern.

Keine Kürzung der Löhne unter 4000 Franken

Vor allem aber hat die Swiss früh einen Einstellungsstopp verhängt und über das gesamte Unternehmen hinweg Kurzarbeit eingeführt. Bis Ende Juni bezahlte sie Mitarbeitenden in Kurzarbeit den vollen Lohn, seit 1. Juli aber nur noch die gesetzlichen 80% für den Kurzarbeit-Anteil. Für das Bodenpersonal konnte SEV-GATA einen Schutz der tiefen Einkommen vereinbaren: Es werden keine Löhne unter 4000 Franken im Monat (bei 100%-Pensen) gekürzt. Dabei werden Ortszulagen weder gekürzt noch an diesen «Mindestlohn» angerechnet. Und in anerkannten Härtefällen springt eine Stiftung ein.

Kurzarbeit ist besser als Kündigungen

«Wir anerkennen die Bemühungen der Swiss zum Erhalt der Arbeitsplätze», sagt der Präsident von SEV-GATA, Gewerkschaftssekretär Philipp Hadorn. «Doch die Lohneinbussen durch die Kurzarbeit bringen viele Mitarbeitende in eine prekäre Lage. Darum ist zu hoffen, dass die Zahl der Swiss-Flüge bald wieder steigt, sodass der Kurzarbeit-Anteil sinkt. Andererseits ist die Kurzarbeitsentschädigung als staatliche Hilfe zur Vermeidung von Entlassungen gerade bei der Swiss sehr sinnvoll, weil sie ihre Mitarbeitenden wieder braucht, wenn sich der Luftverkehr erholt. Da diese Erholung aber Zeit braucht, setzte sich SEV-GATA für eine Verlängerung der Höchstbezugsdauer der Kurzarbeitsentschädigung von 12 auf 18 Monate ein, wie sie der Bundesrat nun letzte Woche auch beschlossen hat.»

Seit Beginn der Krise funktioniere die Sozialpartnerschaft recht gut, sagt Philipp Hadorn weiter. «Die Swiss bezieht SEV-GATA in Personalfragen meistens, wenn auch nicht immer ein. Doch wir bleiben wachsam und stehen den Mitgliedern bei Problemen bei.»

Markus Fischer
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Swissport bleibt gefährdet

Obwohl das Parlament auch für die flugnahen Betriebe 600 Mio. Franken an Bundesgarantien bewilligt hat, verzichtet Swissport mit rund 5500 Mitarbeitenden an den Flughäfen Zürich, Genf und Basel auf diese Gelder, weil deren Abfliessen ins Ausland nicht ausgeschlossen werden könnte, und hofft auf Investorengelder.

Da die Swissport-Dienstleistungen systemrelevant sind, bereiten die Flughafengesellschaften im Auftrag der Standortkantone Auffanggesellschaften vor für den Fall, dass Swissport insolvent würde. Dabei müssen die Sozialpartner einbezogen werden, fordert SEV-GATA in einem Schreiben an die drei Verkehrsdirektor/innen, alle Mitglieder der drei Parlamente und die Flughäfen.

Bis Redaktionsschluss hat der Swissport-Konzern noch nicht zum Ergebnis Stellung genommen, das der Swissport-Standort Zürich am 19. Juni mit SEV-GATA zur temporären Anpassung des GAV und zum Sozialplan ausgehandelt hat. SEV-GATA führt auch mit Swissport Genf schwierige Verhandlungen über den GAV und den Sozialplan.