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Nach dem Lockdown

Die Schiffe fahren wieder

Das Dampfschiff «Uri» fährt täglich Luzern–Flüelen retour. Zurzeit sind zwei SGV-Dampfschiffe im Einsatz, ab Juli drei.

Nachdem touristische Fahrten mit Schiffen und Bergbahnen Mitte März vom Bundesrat wegen Covid- 19 verboten wurden, sind sie seit 6.Juni mit Schutzkonzept wieder möglich, sodass die Betriebe in die Sommersaison starten konnten. Das ist für die Angestellten eine gute Nachricht, mussten doch viele im Lockdown Kurzarbeit und Lohneinbussen hinnehmen.

«Im Bereich Schifffahrt war in den letzten Wochen das Thema Kurzarbeit sehr zentral», sagt Gewerkschaftssekretär Michael Buletti, der im SEV für die Branche Schiff zuständig ist. «Die wenigsten Schiffslinien sind bestellter Verkehr, für den die öffentliche Hand Abgeltungen bezahlt. Entsprechend haben alle Unternehmen Kurzarbeit beantragt und von den Kantonen ziemlich schnell bewilligt erhalten. Dies senkt für die Unternehmen die Verluste durch den verspäteten Saisonstart und die bleibenden Schutzmassnahmen. Der SEV versuchte die Lohnfortzahlung während der Kurzarbeit besser zu regeln als gesetzlich vorgesehen. Das ist uns vielerorts gelungen, aber nicht ganz überall.»

Zum Beispiel für die BLS-Schiffsleute vom Thuner- und Brienzersee erreichte der SEV für den April die volle Lohnfortzahlung mitsamt Zulagen, für den Mai 90% mit Zulagen und für den Juni 90% ohne Zulagen. «Weil die Lohnreduktion nur die effektiv ausgefallenen Arbeitstage betrifft, beträgt sie für die meisten Kolleg/innen weniger als 10%, denn sie konnten an manchen Tagen noch in der Werft arbeiten oder BLS-Züge reinigen», präzisiert Michael Buletti.

Die Bielersee-Schifffahrts-Gesellschaft bezahlte im April noch allen 100% Lohn, weil in diesem Monat in der Werft noch viel Arbeit vorhanden war. Seit Mai aber bezahlt die BSG für Kurzarbeit nur noch die gesetzlichen 80%. Andere Kolleg/innen wie jene vom Bodensee, Lago Maggiore oder Untersee und Rhein erhielten nie mehr. Bei der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees erreichte der SEV 90% für April, Mai und Juni. Das meiste fahrende Personal der SGV war ganz in Kurzarbeit, da heutzutage nur noch wenige Polyvalente in der Werft arbeiten, die eine separate Tochterfirma geworden ist. Die Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft bezahlte den vollen Lohn weiter – wie alle Betriebe im Zürcher Verkehrsverbund, aber keine Zulagen für nicht geleistete Dienste. Ein Teil des ZSG-Personals führte in der Werft neben dem üblichen Schiffsunterhalt zusätzliche Arbeiten aus.

Rücksicht auf Risikopersonenbleibt wichtig

«Weitere prioritäre Themen für den SEV sind der Gesundheitsschutz des Personals und der Erhalt der Arbeitsplätze», sagt Michael Buletti. Zum «Schutzkonzept für den öV» der Systemführer SBB und Postauto hat der Verband öffentlicher Verkehr einen Anhang zu den Seilbahnen und Schiffen erarbeitet, und jeder Betrieb auf dieser Basis sein eigenes Schutzkonzept. «Das Personal muss die Maske auf dem Schiff bei allen Kundenkontakten konsequent tragen, was nicht sehr angenehm ist», sagt Michael Buletti. «Doch die Kolleg/innen wissen, dass sie eine Vorbildfunktion haben für die Passagiere und hoffen, dass sich diese an die Maskentragempfehlung halten, wenn Abstandhalten nicht möglich ist.»

Für Buletti ist es wichtig, dass Unternehmen Risikopersonen wirklich nur dort einsetzen, wo sie vor einer Ansteckung sicher sind, also zum Beispiel im Verkauf hinter einer Plexiglasscheibe. «Seine» Betriebe BLS und BSG scheinen auf Risikopersonen gut Rücksicht zu nehmen. «Gefährdete Personen beim Schiffspersonal muss man vielleicht sogar ein wenig vor sich selber schützen, weil sie ihren Beruf über alles lieben und wieder auf den See wollen», sagt Gewerkschaftssekretär Toni Feuz, der die SEV-VPT-Sektion SGV betreut.

Für die Schiffe gilt eine Reduktion der Passagierzahl auf 50% ihrer Kapazität, ausser bei Leistungen des regionalen Personenverkehrs. Die Limite für touristische Fahrten war bei der BSG in der ersten Betriebswoche wegen dem schlechten Wetter noch kein Problem, doch auf gewissen SGV-Kursen wurde die 50%-Kapazität schon voll ausgeschöpft. Um bei schönem Wetter keine Passagiere zurückweisen zu müssen, halten mehrere Betriebe «Pikettschiffe» bereit.

Unter der Passagierbeschränkung leidet auch die Rentabilität von Sonderfahrten. Für die Gastronomie an Bord gelten die Richtlinien von Gastrosuisse. «Diese verbieten kurz gesagt jede Art von Selbstbedienungsbuffets, wie sie auf Schiffen bei Sonderfahrten sehr beliebt sind», erklärt Toni Feuz. «Möglich ist nur Service am Tisch oder Take-away-Verpflegung in Verpackung. Zudem wurden wegen Covid-19 viele Gruppenfahrten wie etwa Hochzeitsfahrten abgesagt. Bei der SGV war und ist die Neuplanung dieser Fahrten eine grosse Herausforderung.»

Markus Fischer Enable JavaScript to view protected content.

Kommentare

  • Hirsch christoph

    Hirsch christoph 25/06/2020 07:09:21

    Die BLS-Schifffahrt verspielt sich, kaum dass sie den Schiffsbetrieb wieder aufgenommen hat, die besten Chancen! Die 50 Prozent Auslastung sind schnell erreicht worden. Erste potentielle Fahrgäste haben schon wieder verzichtet in Interlaken Ost auf das Schiff zu gehen, weil zu wenig Kapazität bereitstand. Wann lernen die Schiffsbetreiber, dass sie vor dem nächsten Fahrplanwechsel etwas (grössere Schiffe, zusätzliche Schiffskurse) unternehmen müssen?