Verunsicherung nach den Informationspannen der Suva
SEV fordert Klarheit zum Asbest in den Officine
Die Gewerkschaften SEV und Unia, die Personalkommission der Officine und der Verein «Giù le mani» verlangen maximale Klarheit und Transparenz über Asbestvorkommen in den Officine und deren Auswirkungen auf die Mitarbeitenden früher und heute. Nachdem die Suva in den letzten Tagen widersprüchlich und lückenhaft kommuniziert hat, fordern die Personalvertreter/innen ein unabhängiges Gremium «super partes».
Im SBB-Werk Bellinzona sorgt der Asbest einmal mehr für Verunsicherung. Nachdem die Suva etwa 40 Personen zu Screenings mit Computertomographie(CT) einlud, meldete sich ein Betroffener beim Tessiner Radio und Fernsehen (RSI). Letzterem gegenüber erklärte die Suva, dass wegen dem Asbest in den Officine noch niemand gestorben sei. Daraufhin meldeten sich Angehörige von mindestens fünf ehemaligen Mitarbeitenden der Officine, die an Krankheiten gestorben sind, die mit Asbest zusammenhängen. Danach präzisierte die Suva, dass es bisher bei Officine-Mitarbeitenden keine Fälle von asbestbedingtem Lungenkrebs gegeben habe. «Doch haben wenige Mitarbeitende der SBB einen asbestbedingten Brustfellkrebs (Mesotheliom) bekommen, der viel häufiger auftritt als der Lungenkrebs und einer geringeren Exposition bedarf», wird die Suva-Pressestelle in AZ-Medien zitiert. Mesotheliom lässt sich bisher nicht dauerhaft heilen.
Die Suva führt die CT-Screenings seit 2012 bei Mitarbeitenden ab 55 Jahren durch: Diese erhalten eine Einladung dazu, falls wegen der Asbestexposition und ihres Rauchverhaltens ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko anzunehmen ist. An der Medienkonferenz von Gewerkschaften, Peko und «Giù le mani» vom 2. Oktober berichtete Gianni Frizzo, der pensionierte Streikführer von 2008, dass er an den Screenings bisher jährlich teilnahm, dass ihm die Suva nun aber diesen August mitteilte, dies sei nur noch alle fünf Jahre nötig, da er als Nichtraucher keinem hohen Lungenkrebsrisiko ausgesetzt sei. Er solle sich bei allfälligen Problemen beim Hausarzt melden. «Für mich ist das alles nicht klar», sagte Frizzo . «Ein mögliches berufsbedingtes Problem wird auf meine private Krankenkasse abgewälzt.»
Die Informationsweise der Suva führte in den Officine zu Verunsicherung. Peko und Gewerkschaften machten am 2. Oktober publik, dass bei ihnen über 20 Personen nachgefragt hatten, wie sie vorgehen sollten, um am Screeningprogramm ebenfalls teilnehmen zu können – zusätzlich zu den von der Suva eingeladenen 40 Personen.
Viele Personen hätten sich erst jetzt aufgrund der Medienberichte beim Sicherheitsdelegierten der Officine gemeldet, führte Frizzo aus. Weshalb? «Wahrscheinlich haben früher einige Bereichsleiter in guten Treuen davon abgesehen, Mitarbeitende zu melden, obwohl diese möglicherweise gefährdet waren.» Die Officine-Leitung will sich nun ein «Gesamtbild» davon verschaffen, welche Schritte in den letzten Jahrzehnten in der Asbestproblematik unternommen wurden. Und ein SBB-Sprecher betonte, aktuell bestehe für die Mitarbeitenden der Officine keine Gefahr. Dennoch hat die Tessiner Staatsanwaltschaft Vorabklärungen eingeleitet. Die Personalvertreter sicherten ihr dabei ihre volle Unterstützung zu.
Öffentlicher Infoanlass zum Asbest:
Dienstag, 15. Oktober, 20.30 Uhr, Hotel Internazionale, Bellinzona
Françoise Gehring/Markus Fischer