Internationale Arbeitsorganisation
100 Jahre Einsatz für die Würde der Arbeit
Es ist eine der ältesten Spezialorganisationen der Vereinten Nationen: 2019 kann die Internationale Arbeitsorganisation IAO ihr 100-jähriges Bestehen feiern. Ein guter Grund, um die grundlegenden Werte der IAO zu bekräftigen, vorab die Würde der Arbeit und der sozialen Gerechtigkeit als Grundlagen für Frieden und eine gerechte Gesellschaft.
Mit Blick auf die 100-Jahr-Feier hat die IAO – die ihren Sitz in Genf hat – verschiedene Dokumente publiziert, mit Fokus auf die Zukunft der Arbeit. Epochale Herausforderungen, die unausweichlich auch die Gewerkschaften als Vertretung der Arbeitnehmenden einschliessen, prägen die Arbeit der Zukunft. Digitalisierung, Schattenwirtschaft, sozialer Dialog, würdige Arbeit, Gleichstellung der Geschlechter, Respektierung der Rechte sind einige der Schlüsselthemen, auf denen die Schlaglichter 2019 liegen. Sie sind nicht neu, gewiss, aber nach wie vor von grösster Aktualität, da sie untrennbar mit dem wirtschaftlichen und sozialen Umbruch verbunden sind.
Die IAO (englisch: ILO) ist eine Agentur der Vereinten Nationen mit der Aufgabe, für würdige und produktive Arbeit einzustehen unter Achtung von Freiheit, Gleichheit, Sicherheit und Menschenwürde für Männer und Frauen. Die Hauptziele sind: die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern, mehr Beschäftigung würdigen Bedingungen schaffen, die soziale Sicherheit verbessern und den Dialog über Arbeitsthemen stärken. Es handelt sich dabei um die einzige UNO-Agentur mit einer tripartiten Struktur: Delegationen der Regierungen, der Unternehmer und der Beschäftigten bestimmen gemeinsam die Politik und das Programm der Organisation. Diese Organisationsform illustriert, dass der soziale Dialog, der Einbezug der Sozialpartner und kollektive Arbeitsverträge auf allen Ebenen die besten Instrumente sind, um soziale Gerechtigkeit zu erreichen, auch wenn sie durch wirtschaftliche Turbulenzen auf eine harte Probe gestellt wird. Das Gefühl der Ungerechtigkeit gehört nämlich zu den Hauptgründen für Instabilität. Und eben dieses Gefühl fördert oft auch Nationalismus und Populismus.
2019 wird nicht nur in der Schweiz zum Jahr der Frauen, mit dem geplanten landesweiten Streik. Zum eigenen Jubiläum will auch die IAO ihrer Initiative «Women at Work» (Frauen an der Arbeit) neuen Schwung geben. An der 107. Session hat Generaldirektor Guy Ryder betont, dass die Diskriminierungen weiterbestehen, obwohl es auf politischer und rechtlicher Ebene Fortschritte gibt, und obwohl die Frauen und die Gleichstellung zentraler Bestandteil von zwei Übereinkommen der IAO sind. «Die Frauen haben nach wie vor grosse Schwierigkeiten, eine würdevolle Arbeit zu finden und zu behalten. Unser Handeln muss direkt, wirkungsvoll und grossflächig sein. Es gibt keine Zeit zu verlieren. Die Agenda 2030 ist die Gelegenheit, um unsere Kräfte zu bündeln und eine gemeinsame Politik zu entwickeln, um die Gleichheit der Geschlechter zu erreichen», erklärte Guy Ryder.
Die IAO ist auch für die Schweiz eine sehr wichtige Organisation, wie ein Dossier des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB gut zeigt. Der SGB hebt darin hervor, dass in der Schweiz das Arbeitsrecht im Vergleich zu vielen andern Ländern sehr schwach ist und dass vieles nicht den Übereinkommen der IAO entspricht, wie beispielsweise Kündigungen wegen gewerkschaftlichen Aktivitäten.
Françoise Gehring/pmo
francoise.gehring@ sev-online.ch
Geschichte der IAO
1919 Die IAO wird im Rahmen des Vertrags von Versailles gegründet, um die Idee zu verankern, dass ein weltweiter und dauerhafter Frieden nicht möglich ist ohne soziale Gerechtigkeit. Der Vertrag von Versailles ist das Abkommen zum Ende des Ersten Weltkriegs.
1944 Die Erklärung von Philadelphia bekräftigt, dass Arbeit keine Ware ist. Sie stärkt die grundsätzlichen Menschen- und Wirtschaftsrechte, die alle Staaten respektieren müssen.
1946 Die IAO wird zur ersten Spezialagentur der UNO.
1969 Die Organisation erhält den Friedensnobelpreis.
1998 Die Erklärung der IAO über grundlegende Rechte und Pflichten bei der Arbeit legt einheitliche Normen fest.
2008 Die Erklärung über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung legt die Vorstellung der IAO über ihre Aufgabe in den Zeiten der Globalisierung fest.
2012 Guy Ryder wird zum Generaldirektor der IAO gewählt und 2016 für weitere fünf Jahre bestätigt.
2015 Die UNO-Generalversammlung bestimmt würdige Arbeit zu einem festen Bestandteil der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung.
2019 Die «ILO 100 Global Tour» sieht am 11. April Anlässe in 24 Ländern vor. 26. bis 28. Juni in Paris: Hundert-Jahr-Feier zur Unterzeichnung des Vertrags von Versailles; 24. bis 29. November am IAO-Sitz in Genf: Internationale Woche der sozialen Sicherheit unter dem Titel «100 Jahre soziale Sicherheit: auf dem Weg zum weltweiten Schutz».