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Projekt «PN 2.0»

SBB Cargo: Abbau endlich stoppen!

Bürojobs gibt es auch in der Fläche und sollten nicht gegen «produktive Jobs» ausgespielt werden: Es braucht beides. ©SBB.

Mit dem Projekt «PN 2.0» reorganisiert SBB Cargo die Produktion seit Ende 2020 neu. Wie in der Vergangenheit oft genug ausprobiert wollen neue Chefs mit neuen Strukturen und Stellenabbau schwarze Zahlen erreichen. Doch das Grundproblem bleibt die – unmögliche – Eigenwirtschaftlichkeit.

Ziel von PN 2.0 sei eine «effiziente und flexible Struktur», welche die Zusammenarbeit in der Produktion vereinfachen und das «Kundenerlebnis» verbessern soll, erklärte SBB Cargo dem Personal am 28. April im Newsletter zum Start der zweiten Projektphase. Bereits per 1. März war in der ersten Phase die neue Grobstruktur festgelegt worden: Einheiten wurden zusammengelegt, die Anzahl der Regionen von sechs auf drei reduziert und sechs Bereichsleiter nicht mehr gewählt: Sie haben gekündigt oder orientieren sich neu.

Die aktuell laufende zweite Phase betrifft die Struktur der verbliebenen drei Regionen und vier Bereiche bis zur Stufe Team, die Wahl der Teamleiter/innen und die Besetzung weiterer «Schlüsselstellen» per 1. Juli. In den Regionen gibt es neu je eine/n «Leiter/in Prozesse & Konzepte» und drei bis fünf «Senior Teamleiter/innen». Sie sollen die Zusammenarbeit zwischen der Zentrale in Olten und den Regionen verbessern und «die methodische Kompetenz in den Regionen stärken» im Hinblick auf die dort geplanten «vielen Veränderungen», wie es im Newsletter heisst.

Die Phase 3 soll dann die komplette Detailorganisation der Regionen und die Neubesetzung aller unteren Chargen bringen, wofür zurzeit neue Berufsbilder erarbeitet werden.

In der Phase 2 müssen sich etliche Kader neu bewerben und bei einem Stellenverlust neu orientieren. Dennoch hat die vom SEV angeführte Verhandlungsgemeinschaft (VG) der Gewerkschaften auf ein formelles Konsultationsverfahren verzichtet. «Es hätte Cargo nicht davon abgehalten», sagt SEV-Gewerkschaftssekretär Philipp Hadorn. Hingegen hat die VG im Gegenzug einen speziellen Begleitausschuss verlangt und erhalten, in dem Infos ausgetauscht und für Probleme Lösungen gemeinsam erarbeitet werden sollen. Und Cargo muss für die dritte Phase wieder eine formelle Konsultation anbieten.

Massiver Stellenabbau

«Ein Nachteil von PN 2.0 ist, dass es die zweite Organisationsveränderung innerhalb eines Jahres nach ‹TRAfit› ist», räumte die Leitung PN am 26. März selber ein. «Doch entgegen der Zusicherung der Leitung, dass sie etwas Ruhe und Konsolidierung ins Unternehmen bringen will nach all den Restrukturierungen der letzten Jahre, wird wieder eine tiefgreifende Reorganisation ausgelöst», kommentiert Philipp Hadorn. «Und dies, obwohl gewisse Reorganisationen noch nicht mal abgeschlossen sind, wie etwa der Stellenabbau im ‹Overhead› mit ‹Struko›».

«Auf den Kostendruck wegen der Covid-Krise reagiert SBB Cargo einmal mehr mit massivem Stellenabbau und ummäntelt diesen als ‹Effizienzsteigerung› und ‹Vereinfachung von Prozessen›. Für Effizienzsteigerungen und technologischen Fortschritt hat der SEV immer Verständnis gehabt unter der Bedingung, dass das Transportvolumen nicht sinkt, sondern steigt, und eine Verlagerung von der Strasse auf die Schiene erfolgt statt umgekehrt. Und dass alle Mitarbeitenden mitgenommen und auf die neuen, anspruchsvolleren Jobs mit einem breiteren Anforderungsspektrum vorbereitet werden.»

Weil der Güterverkehr generell wächst und damit auch SBB Cargo mehr transportieren sollte, müsste die Stellenzahl trotz mehr Effizienz nicht sinken, betont Philipp Hadorn. Doch Cargo will bis 2023 mehrere hundert Stellen abbauen! Überproportional betroffen ist der «Overhead», samt Bürojobs in der Fläche … «Bürojobs und ‹produktive Jobs› sollte man nicht gegeneinander ausspielen: Es braucht beides», sagt Hadorn.

Multifunktionalität als Chance für das Personal nutzen

SBB Cargo will die Mitarbeitenden künftig multifunktionaler einsetzen. «Job Enrichment heisst nicht nur Mehrbelastung, sondern interessante Arbeit und bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt», sagt Hadorn. «Doch bei der Erarbeitung der Berufsbilder und ihrer Bewertung für die Anforderungsniveaus will der SEV dabei sein.» Und die zu Prüfern Wagenladung (PWL) ausgebildeten Rangierer müssen die versprochenen Zulagen erhalten (siehe SEV-Zeitung 4/2021).

Markus Fischer
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Rayonkarte für Rangierlokpersonal verletzt

Weil SBB Cargo zunehmend Rangierlokpersonal über längere Strecken fahren liess und damit Lohndumping auf Kosten des Streckenlokpersonals drohte, wurde im Jahr 2013 sozialpartnerschaftlich eine Rayonkarte festgelegt. Auch wurde vereinbart, dem Rangierlokpersonal bei Einsätzen auf der Strecke eine doppelte Tagespauschale zu bezahlen. Seither hat SBB Cargo die Rayons einseitig angepasst und damit wohl die zweimal 19 Franken nicht immer bezahlt. Um die Ansprüche zu klären, bzw. die Entwicklung der Einsätze als Grundlage für die Nachzahlung, haben SBB Cargo und Gewerkschaften eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingesetzt.