GAV-Verhandlungen SBB / SBB Cargo
Mobilisierung zeigt Wirkung – SBB mässigt Ton
Die GAV-Konferenz vom 28. Juni nahm Kenntnis von der guten Nachricht, dass die SBB-Führung nun anscheinend zu Lösungen unter Wahrung der roten Linien des SEV bereit ist – offensichtlich beeindruckt von den starken Reaktionen ihres Personals. Die 118 Delegierten genehmigten eine vorgezogene Regelung von Arbeitszeitfragen, damit die SBB per Dezember entsprechend planen kann, sowie Lösungen für weitere Themen.
SEV-Vizepräsident Manuel Avallone, der bei den GAV-Verhandlungen der Verhandlungsgemeinschaft (VG) von SEV, VSLF, Transfair und KVöV vorsteht, konnte den Delegierten berichten, dass die SBB-Delegation an den letzten beiden Verhandlungstagen einen neuen Ton anschlug. Offensichtlich habe die rege Teilnahme des Personals an den Ballonaktionen vom 18.Juni und an den vorangegangenen Aktionen des SEV die SBB-Führung beeindruckt. Aber auch durch engagierte Stellungnahmen vieler Kolleg/innen im SBB-internen Forum und in den Medien sowie durch die vielen Beitritte zum SEV sei der SBB-Spitze anscheinend klar geworden, dass ihre extremen Forderungen beim Personal schlecht ankommen, und zwar nicht nur bei ein paar Gewerkschaftern. «Die SBB-Führung hat gemerkt, dass sie nicht an ihren Forderungen festhalten kann, ohne dass es Probleme geben könnte. Jedenfalls hatten wir in den letzten zwei Tagen erstmals das Gefühl, dass wir in einer sachlichen Diskussion zu einem akzeptablen Resultat kommen können», führt Avallone aus. Nun sei es an der GAV-Konferenz zu sagen, wie sie zu Lösungsansätzen steht, die bei den weiteren Verhandlungen bis im September zu einem Resultat führen könnten – worüber sie dann abschliessend zu befinden haben wird.
Engagement hat sich gelohnt
In seiner traditionellen Ansprache an die GAV-Delegierten sprach SEV-Präsident Giorgio Tuti allen ein grosses Kompliment aus für ihr Engagement bei den Aktionen und für ihre mutigen Stellungnahmen «gegen die unverschämten Forderungen der SBB-Führung. So war diese gezwungen, euch dazu Rede und Antwort zu stehen. All das musste sein, auch dass wir transparent informiert haben, was die Gegenseite von euch verlangen wollte – was dort einige ziemlich gestört hat. Darum sind jetzt echte Verhandlungen möglich geworden. Heute nun besteht eure Aufgabe darin zu beurteilen, ob die Richtungen stimmen, in die wir verhandeln wollen.»
Die positiven News von der Verhandlungsfront bewogen die Delegierten, zuerst über den Verhandlungsstand und mögliche Lösungen zu sprechen und erst dann über zwei Anträge, wovon der eine nichts weniger als die Sistierung der Verhandlungen verlangte, «bevor die SBB nicht ihren Pflichten in der Pensionskasse nachkommt». Der andere forderte, die Vereinbarung zur PK SBB abzulehnen, nachdem der Verwaltungsrat SBB nicht alle drei ausgehandelten Abfederungsmassnahmen bestätigen wollte, um bei den GAV-Verhandlungen Druck zu machen.
Lösungsansätze
Manuel Avallone betonte, dass die sechs roten Linien des SEV weiterhin gelten: 1. keine Schwächung des Kündigungsschutzes, wie von der SBB gefordert; 2. keine Aufhebung der Lohngarantien zum Lohnsystem Toco von 2011; 3. keine Aufhebung der siebten Ferienwoche für Mitarbeitende ab Alter 60; 4. keine Aufhebung der Garantie von 115 arbeitsfreien Tagen pro Jahr; 5. Treueprämie muss weiter auch in Zeit bezogen werden können; 6. keine Abschaffung der Regionalzulage.
Am weitesten fortgeschritten sind die Verhandlungen bei der Arbeitszeit. Der Bundesrat will die Revisionen des Arbeitszeitgesetzes (AZG) und der zugehörigen Verordnung (AZGV) per Ende Jahr in Kraft setzen. Daher machte die SBB Anpassungsbedarf auf den Fahrplanwechsel 2018/2019 bei der Arbeitsunterbrechung, bei der Distanz der Ruhesonntage und zur Überführung des Verwaltungspersonals vom AZG ins Arbeitsgesetz (ArG) geltend. Hier ist der SEV zu einem Entgegenkommen bereit, doch verlangt er dafür Gegenleistungen: Die SBB soll nicht nur Ruhesonntage, sondern ganze Wochenenden gewähren; vor Ferien soll man auf Wunsch seinen Dienst um 20 Uhr beenden können statt erst um 22 Uhr. Zudem soll die SBB auf ihre Forderungen nach einer Reduktion der garantierten arbeitsfreien Tage und nach Streichung der siebten Ferienwoche für Über-60-Jährige verzichten. Beide Seiten erklärten sich bereit, Vereinbarungen zu den erwähnten Punkten zu unterzeichnen, damit die SBB auf den Fahrplanwechsel entsprechend planen kann.
In der Diskussion gab es neben Verständnisfragen auch Kritik vor allem von Vertretern des Baupersonals, weil freie Sonntage (bzw. Wochenenden) für sie neu bis fünf Wochen auseinanderliegen dürfen statt vier wie bisher. Doch in der Abstimmung folgten die Delegierten grossmehrheitlich der Meinung von SEV-Arbeitszeitspezialist Martin Allemann, dass die Vereinbarung für das Personal insgesamt stimmig und vorteilhaft sei.
Anschliessend wurde über Lösungen und Spielräume für weitere Themen diskutiert und abgestimmt. Zum Schluss zeigte sich Manuel Avallone zuversichtlich, dass mit den genehmigten Lösungsansätzen ein Verhandlungsresultat möglich sein sollte, das die roten Linien des SEV respektiert und seinen Forderungen gerecht wird, vor allem jenen zum Lohnaufstieg und zur Digitalisierung.
Beschränktes Vertrauen in die SBB-Führung
Von den beiden Anträgen zur PK SBB wurde daher der eine zurückgezogen, und der andere verfehlte die nötige Zweidrittelmehrheit für seine Dringlichkeitserklärung. Doch als «Schüsse vor den Bug der SBB», wie sie einer der Antragsteller verstanden wissen wollte, erhielten sie kräftigen Applaus. Was zeigt, dass der Vertrauensbruch der SBB-Führung bei der PK noch nicht verdaut ist…
Fi
Nächste Verhandlungen am 9./10. August
Nach der GAV-SBB-Konferenz vom 28. Juni kam die Verhandlungsdelegation am 3. Juli für die letzte Verhandlungsrunde vor der Sommerpause zusammen. «Wir erkennen einen leichten Wandel seitens der SBB-Direktion. Die Delegation der Arbeitgeberseite hat sich auf eine Verhandlungslogik eingelassen, von der wir bisher nichts gespürt haben – die wir aber die ganze Zeit über verlangt haben», betont Manuel Avallone, Vizepräsident SEV und Leiter der Verhandlungsdelegation (SEV, Transfair, VSLF und KVöV).
«Die Mobilisierung in den letzten Monaten, besonders die Aktionen vom 18. Juni, trugen Früchte», so Avallone weiter. «Doch das heisst noch lange nicht, dass eine Einigung greifbar ist.
Es stehen weitere Verhandlungsrunden an, die nächsten sind am 9. und 10. August. Die letzte Runde am 6. und 7. September soll die Verhandlungen abschliessen. Nun wünschen wir allen eine schöne, wohlverdiente Sommerpause.
vbo/kt
Kommentare
Jaunâtre André 13/07/2018 11:11:58
vorerst Gratulation an die Verhandlungsdelegation die im Namen der MA diese Hartnäckigkeit an den Tag legten. Es ist an der Zeit das unsere Spitze wieder die Wertschätzung den MA zukommen lässt welche Sie verdienen.