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Sprachkurse: Was wird bezahlt?
Sprachkenntnisse kann man immer brauchen, auch als Lokführer/in. Deshalb soll das Lokpersonal der BLS im Depot Basel (Cargo) einen Italienischkurs (Niveau A1) besuchen. Wir schreiben bewusst «soll», denn laut BLS sei der Kurs freiwillig, doch dürfen diejenigen ohne Italienischkenntnisse nicht mehr gegen Süden fahren und können somit ihren Job gar nicht mehr richtig ausüben. De facto ist der Sprachkurs also durchaus angeordnet.
Dennoch versteckt sich die BLS unter dem Deckmantel der Freiwilligkeit und will deshalb nur den Kurs, nicht aber die dafür benötigte Zeit bezahlen (mit Ausnahme der Prüfung). Der Leiter Lokpersonal des Depots hat auch bereits alle für den Kurs angemeldet. Fünf Kollegen, zwei davon SEV-Mitglieder, wollen aber nicht akzeptieren, dass sie diesen in ihrer Freizeit absolvieren müssen, und wenden sich ans SEV-Rechtsschutzteam.
Erste Verhandlung erfolglos
Für den SEV ist klar: Ordnet der Arbeitgeber den Besuch eines Sprachkurses an, so hat er sowohl die Kurskosten als auch die benötigte Zeit als Arbeitszeit zu bezahlen. Mit dem Anwalt Bruno Habegger, den der SEV den fünf Klägern zur Seite stellt, gehen die Betroffenen mit dem Arbeitgeber vor die Schlichtungsbehörde Bern-Mittelland. In den ersten Verhandlungen lässt sich die BLS jedoch nicht erweichen. Sie beharrt auf ihrem Standpunkt, dass der Italienischkurs in der Freizeit absolviert werden müsse.
In einer zweiten Verhandlung beruft sich Anwalt Habegger auf die Stellenbeschreibung vom 9. November 2016, der die «Sprachanforderung D/F/I TELC oder DELF Abschluss» voraussetzt. Habegger schliesst daraus, dass die Kurse angeordnet sind und diese, wie auch die daraus resultierenden Reisezeiten, während der Arbeitszeit durchgeführt werden müssen.
Ein Kompromiss muss her
Im März findet eine zweite Verhandlung vor der Schlichtungsbehörde statt. Der SEV-Anwalt Habegger argumentiert mit der oben genannten Stellenbeschreibung, und es gelingt ihm, einen Kompromiss zu verhandeln. Die Parteien unterzeichnen eine Vereinbarung mit einem Vergleich, der folgende Eckpunkte definiert:
Die Sprachprüfung inkl. daraus entstehende Wegzeiten gelten als Arbeitszeit (max. 3,5 Stunden).
Die Spracherhaltung auf Niveau A1 wird dem jährlichen Weiterbildungskonto als Zeitgutschrift angerechnet.
Die Präsenzzeiten für den Italienischkurs A1 werden im Ausmass von 50 Prozent dem Konto «diverse Zeitgutschriften» vergütet, ebenfalls in Form einer Zeitgutschrift, die nach Beendigung des Kurses erfolgt.
Die Arbeitgeberin gewährt den Mitarbeitenden den Wunsch, den Kurs an Arbeitstagen und möglichst direkt vor oder nach dem Dienst besuchen zu können.
Die Kläger erhalten eine Entschädigung von je 500 Franken.
Kein Präzedenzfall
Mit dieser Vereinbarung sind die Betroffenen und der SEV sehr zufrieden. Der einzige Wermutstropfen: Da es sich um einen Vergleich zwischen den Parteien und nicht um ein Urteil handelt, kann der Erfolg unserer fünf Lokführer nicht zu einem Präzedenzfall werden. Man darf also nicht davon ausgehen, dass künftig in ähnlichen Fällen der gleiche Erfolg erzielt werden kann.
Trotzdem bestätigt der Ausgang dieses Verfahrens die Grundhaltung des SEV: Die für angeordnete Sprachkurse aufgewendete Zeit hat als Arbeitszeit zu gelten. Dank dem SEV-Rechtsschutzteam und dessen Anwalt konnten die Basler BLS-Lokführer erreichen, dass ihnen zumindest die Hälfte der Unterrichtszeiten für den Italienischkurs als Arbeitszeit angerechnet wird und sie eine Entschädigung von je 500 Franken erhalten.
Rechtsschutzteam SEV