Wenn die Art des Arbeitsverhältnisses über Nacht von selbst ändert … Achtung: Falle!
Befristeter oder unbefristeter Vertrag?
Im vorliegenden Rechtsfall ist ein unbefristeter Arbeitsvertrag plötzlich stillschweigend in einen befristeten Vertrag umgewandelt worden.
Der Unterschied zwischen einem unbefristeten und einem befristeten Arbeitsvertrag sollte im Prinzip jedem bekannt sein. Letzterer läuft zu einem bestimmten Zeitpunkt aus, ohne dass gekündigt oder eine Kündigungsfrist eingehalten werden muss, und er sieht in der Regel keine Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Unfall vor. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis dagegen kann man nicht kündigen, ohne minimale, zwingende Regeln einzuhalten.
Dennoch gibt es bei der SBB gewisse Vorgesetzte, die manchmal versuchen, eine Vertragsart für die andere auszugeben in der Hoffnung, dass es der/die Mitarbeitende nicht merkt. So geschehen im folgenden, lehrreichen Fall:
Ein junger Mann, nennen wir ihn John, macht eine Zweitausbildung zum Zugbegleiter. Seine Qualifikationsberichte und sogar Dankesbezeugungen der Kundschaft sind des Lobes voll. Und doch ist nicht alles rosig, denn am Ende des Ausbildungsjahres fliegt John durch die Prüfung. Dies stellt die Fortsetzung seiner Karriere im Unternehmen infrage.
Doch einige Tage vor dem Auslaufen seines Ausbildungsvertrags erhält John einen unbefristeten Arbeitsvertrag zur Unterschrift und schickt diesen wohlsigniert zurück. Umso grösser ist seine Überraschung, als er zehn Tage später vom Unternehmen einen Brief erhält, in dem steht, dass mit ihm «Vertragsänderungen vereinbart» worden seien. Als Beilage entdeckt er einen befristeten Arbeitsvertrag …
Der SEV hilft
John tappt zum Glück nicht in die Falle, sondern wendet sich an den SEV, um zu seinem Recht zu kommen. Denn selbstverständlich sind zwischen ihm und dem Unternehmen keine solchen Vertragsänderungen vereinbart worden.
Als Erstes stellt das SEV-Rechtsschutzteam Johns Vorgesetzte zur Rede. Diese begnügen sich damit, zu behaupten, dass einzig der zweite, befristete Vertrag gültig sei. Zu ihrem Pech lässt sich aber ein korrekt aufgesetzter und unterzeichneter unbefristeter Vertrag nicht einfach so ausser Kraft setzen. Der SEV besteht da-rauf, dass sich das Unternehmen an die ordentliche Kündigungsfrist halten muss, wenn sie sich von John trennen will.
Nach mehreren Gesprächen in den Kulissen wird sich das Unternehmen mit John einig: das Arbeitsverhältnis wird im gegenseitigen Einvernehmen auf das Enddatum des befristeten Vertrags aufgelöst, und John erhält eine Abgangsentschädigung, die ihm die Neuorientierung erleichtert.
Für John hat es sich gelohnt, den SEV einzuschalten, und er hat gut daran getan.
Rechtsschutzteam SEV