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Wenn das Opfer zum Täter wird

Nach wie vor werden die Zugbegleiter und Zugbegleiterinnen leider häufig von Reisenden verbal oder gar tätlich angegriffen. Dies geschieht meist dann, wenn diese ohne oder mit ungültigem Fahrausweis angetroffen und zur Rede gestellt werden. Der SEV sorgt sich deshalb im Hinblick auf die von der SBB angekündigten massiven Zuschläge beim Kauf eines Billetts im Zug um die Sicherheit des Zugpersonals.

Reisende, die das Zugpersonal angreifen und deshalb der Polizei gemeldet werden, erstatten nicht selten Gegenanzeige.

Im September letzten Jahres will ein SBB-Zugbegleiter, nennen wir ihn Reto, von einem Kunden den Fahrausweis sehen. Es stellt sich heraus, dass dieser für die fragliche Strecke kein Billett besitzt. Als ihm Reto die Sachlage und das weitere Vorgehen erklärt, rastet der Kunde aus und greift den Zugbegleiter tätlich an. Trotz der Attacke gelingt es Reto, die Personalien bzw. die Abo-Nummer des renitenten Kunden sowie Name und Adresse eines Zeugen zu notieren. In der Folge muss Reto aber die Arbeit vorzeitig abbrechen und einen Arzt konsultieren. Glücklicherweise stellt sich die Verletzung als nicht sehr gravierend heraus, und es kommt zu keiner weiteren Arbeitsaussetzung. Rund einen Monat später bringt Reto bzw. die SBB den Vorfall zur Anzeige.

Täter bläst zum Gegenangriff

Im Januar dieses Jahres erlebt Reto eine Überraschung, wird er doch von der Polizei zu einer Einvernahme vorgeladen. Dies mit dem Hinweis, ein Kunde habe ihn wegen einer Tätlichkeit im September letzten Jahres angezeigt. Reto kontaktiert sofort das SEV-Rechtsschutzteam und bittet um Unterstützung.

Nach Eingang des Gesuchs für Berufsrechtsschutz teilt der SEV dem Kollegen einen SEV-Vertrauensanwalt zu. Dieser nimmt mit Reto sofort Kontakt auf, trifft ihn zu einer Besprechung und orientiert ihn sorgfältig und eingehend, wie er sich bei der polizeilichen Befragung zu verhalten hat. Die Befragung durch die Polizei erfolgt im Februar dieses Jahres und verläuft dank der guten Vorbereitung problemlos.

Misslungene Retourkutsche

Der Ball liegt nun beim Staatsanwalt. Dieser führt im März eine Konfrontationseinvernahme durch, in deren Folge der Kunde den Strafantrag gegen Reto zurückzieht. Im Mai erlässt die Staatsanwaltschaft die Einstellungsverfügung, jedoch ohne dem zu Unrecht beschuldigten Zugbegleiter eine Parteientschädigung zuzusprechen. Die für die Beratung und Unterstützung von Reto entstandenen Anwaltskosten von rund 1000 Franken bleiben somit am SEV hängen.

Die äussert positive Rückmeldung von Reto war für den SEV Entschädigung genug: «Von Ihnen erhielt ich die Unterstützung, die ich vom Rechtsdienst SBB erwartet hätte. Danke!»

Rechtsschutzteam SEV